ECSPR – Die Übergangsregelungen für Crowdfundingdienstleister

Seit dem 10. November 2021 gilt die Schwarmfinanzierungsverordnung ((EU) 2020/1503 – European Crowdfunding Service Provider Regulation – „ECSPR". Nun stellt sich in der Praxis die Frage, wie ein Übergang zwischen dem alten nationalen Crowdfunding-Regime zu den Regelungen der ECSPR bestmöglich vorgenommen werden kann.

In einer Serie von Beiträgen begleiteten wir die letzten Schritte bis zur Anwendung und berichteten über den Anwendungsbereich der ECSPR und das Erlaubniserfordernis für Schwarmfinanzierungsdienstleister; die laufenden Anforderungen an Schwarmfinanzierungsdienstleister und deren Verhaltenspflichten; die Behandlung von Krypto-Token unter der ECSPR; die bisher in Deutschland vorkommenden Strukturen von Crowdfundingplattformen unter der ECSPR; die geldwäscherechtlichen Pflichten eines Schwarmfinanzierungsdienstleisters und die Ausgestaltung des Anlagebasisinformationsblatts. In einer weiteren Serie werden wir die Übergangsfrist der ECSPR bis zum 10. November 2022 begleiten; der erste Beitrag hierzu behandelte die Veröffentlichung von Meldungen der nationalen Aufsichtsbehörden durch die ESMA.

Grundsätzliche Regelungen der ECSPR

Die ECSPR trifft grundsätzliche Regelungen zu ihrem In-Kraft-Treten und dem Zeitpunkt der Anwendbarkeit. Sie stellt einen Übergangszeitraum bereit, damit Schwarmfinanzierungsdienstleister sich auf die neuen Vorgaben einstellen und eine Erlaubnis beantragen können. Der Übergangszeitraum begann am 10. November 2021 und soll (zunächst) bis zum 10. November 2022 laufen. Schwarmfinanzierungsdienstleister müssen daher erst zum 10. November 2022 oder ab Erhalt der Zulassung unter der ECSPR die Anforderungen der ECSPR erfüllen. Dabei gilt der Zeitpunkt als entscheidend, der früher eintritt. Das bedeutet, das Schwarmfinanzierungsdienstleister zunächst weiterhin unter den bisher geltenden nationalen Regelungen Schwarmfinanzierungsdienstleistungen erbringen können. Die wesentlichen deutschen Vorschriften sind dabei im Kreditwesengesetz/Wertpapierinstitutsgesetz bzw. der Gewerbeordnung sowie im Vermögensanlagegesetz geregelt.

Die Europäische Kommission kann den Übergangszeitraum einmalig um 12 Monate verlängern.

Die Erlaubnispflicht im Übergang

Derzeit tätige Schwarmfinanzierungsdienstleister können nun ihre Erlaubnisanträge bei den nationalen Aufsichtsbehörden, in Deutschland der BaFin, einreichen. Erste Schwarmfinanzierungsdienstleister haben bereits Erlaubnisanträge gestellt. Es ist davon auszugehen, dass die Übergangsfrist bis zum 10. November 2022 ausreichen sollte, damit die BaFin die Anträge bearbeitet und die Erlaubnis gewährt. Die besondere Schwierigkeit liegt jedoch darin, dass die delegierten Rechtsakte der EU weiterhin nur als Entwürfe technischer Regulierungsstandards der ESMA bestehen und noch nicht offiziell von der Europäischen Kommission verabschiedet wurden.

Bis zur Erteilung der Zulassung (oder dem 10. November 2022) verbleibt es dabei, dass diese Schwarmfinanzierungsdienstleister (je nach Ausgestaltung ihrer Tätigkeit) eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz/Wertpapierinstitutsgesetz oder der Gewerbeordnung benötigen und aufrechterhalten müssen.
In den Q&As zur ECSPR der ESMA wird klargestellt, dass die Übergangsregelung nur für bisher tätige Schwarmfinanzierungsdienstleister gilt. Will jemand die Tätigkeit zum ersten Mal aufnehmen, muss er zuvor das Erlaubnisverfahren erfolgreich durchlaufen.

Prospektpflichten im Übergang

Für Schwarmfinanzierungsangebote werden derzeit unter deutschem Recht entweder Anlegerinformationen für Vermögensanlagen (d.h. Vermögensanlage-Informationsblätter (VIB) oder Vermögensanlagenprospekte) oder Wertpapiere (d.h. Wertpapier-Informationsblätter (WIB) oder Wertpapierprospekte) erstellt. Diese müssen die Anforderungen des Vermögensanlagegesetzes oder der EU-Prospektverordnung i.V.m. dem Wertpapierprospektgesetz erfüllen.

Unter der ECSPR müssen Schwarmfinanzierungsdienstleister potenziellen Anlegern für jedes Schwarmfinanzierungsangebot ein vom Projektträger erstelltes Anlagebasisinformationsblatts zur Verfügung stellen. Die ECSPR sowie die von der ESMA arbeiteten Entwürfe technischer Regulierungsstandards stellen gewisse Anforderungen an das Anlagebasisinformationsblatt. Diese weichen inhaltlich von den Anforderungen an Vermögensanlage-Informationsblätter (VIB), Vermögensanlagenprospekte, Wertpapier-Informationsblätter (WIB) und Wertpapierprospekte ab. Dies stellt Schwarmfinanzierungsdienstleister, die sich noch im Erlaubnisverfahren befinden, vor eine besondere Schwierigkeit. Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Erlaubnis erteilt wurde, erfüllt die Bereitstellung der bisherigen Anlegerinformationen (etwa des VIB) nicht die gesetzlichen Anforderungen. Laufende Angebote müssen unterbrochen werden und ein Anlagebasisinformationsblatt nach den Vorgaben der ECSPR veröffentlicht werden. Die Herausforderung wird dadurch erhöht, dass es sich nicht um einen fixen Termin handelt, ab dem die Anlagebasisinformationsblätter erforderlich sind, sondern dies an den individuellen Termin der Erlaubniserteilung durch die Aufsichtsbehörde anknüpft. Übergangsvorschriften und Regelungen zum Bestandschutz, wie es etwa beim Kleinanlegerschutzgesetz der Fall war, gibt es nicht.
Wir empfehlen Schwarmfinanzierungsdienstleistern daher, im Erlaubnisverfahren mit der BaFin dieses Problem zu besprechen und im Zweifel für ein Angebot zwei Anlegerinformationen vorzubereiten, eins unter der bisherigen Rechtslage und ein Anlagebasisinformationsblatt.

Sie haben Fragen zur Erlaubnis als Schwarmfinanzierungsdienstleister? 

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