Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz („BMJV“) hat am 23. Juni 2025 den Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2225 über Verbraucherkreditverträge veröffentlicht (der „Referentenentwurf“).
Der Referentenentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2225 über Verbraucherkreditverträge (die „Verbraucherkredit-RL-neu“). Die Verbraucherkredit-RL-neu ist bis zum 20. November 2025 in nationales Recht umzusetzen und ab dem 20. November 2026 von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (die „Mitgliedsstaaten“) anzuwenden.
Ziel der Verbraucherkredit-RL-neu ist es in erster Linie, zu einem hohen Verbraucherschutzniveau und zu einer Förderung des Binnenmarkts für Kredite zwischen Unternehmern und Verbrauchern beizutragen.
Die vorgeschlagenen Änderungen weiten den Verbraucherschutz erheblich aus. So werden bislang unregulierte Kreditformen erstmals in die Regelungen zu Verbraucherkrediten einbezogen. Das führt dazu, dass komplexe „Buy Now Pay Later“ („BNPL“) -Modelle mit institutioneller Beteiligung unter die Regelungen fallen.
Unter dem Begriff BNPL versteht man digitale Zahlungsmodelle, bei denen Erwerber Waren oder Dienstleistungen sofort erhalten, die Zahlung jedoch ganz oder teilweise zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Solche Angebote sind in der Praxis für den Verbraucher oft zins- und gebührenfrei und werden entweder vom Händler selbst oder durch Drittanbieter bereitgestellt.
Die Verbraucherkredit-RL-neu definiert BNPL als digitale Finanzinstrumente „bei denen der Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit gewährt, der ausschließlich dem Erwerb von Waren oder Dienstleistungen eines Anbieters dient, die es Verbrauchern ermöglichen, Käufe zu tätigen und diese im Laufe der Zeit abzuzahlen“.
BNPL-Modelle lassen sich grob in drei Typen unterteilen:
Derzeit gibt es in Deutschland keine spezifische Regulierung für BNPL. Allerdings kann die Bereitstellung von BNPL-Produkten unter andere bestehende Regulierungen fallen, wie etwa die Regulierung von Zahlungsdiensten, Factoring oder Kreditvergabe.
Die rechtliche Einordnung hängt von der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen BNPL-Modells ab.
Gewährt der Händler selbst einen kurzfristigen Zahlungsaufschub, etwa indem der Kaufpreis erst nach 30 Tagen fällig wird, handelt es sich um eine Stundung des Kaufpreises. Hierbei gewährt der Händler aufsichtsrechtlich kein Darlehen – betreibt also nicht das Kreditgeschäft, das eine BaFin-Erlaubnis erfordern würde. Je nach konkreter Ausgestaltung des Angebots können jedoch verbraucherschutzrechtliche Vorgaben zur Anwendung kommen – insbesondere Pflichten zur Information des Verbrauchers, zur Prüfung seiner Kreditwürdigkeit sowie weitere Vorgaben aus dem Verbraucherdarlehensvertragsrecht. Derzeit besteht eine gesetzliche Ausnahme von solchen Pflichten, wenn der Zahlungsaufschub weniger als drei Monate dauert und nur geringe Kosten verursacht oder unter 200 EUR liegt. Diese Ausnahmen werden nach dem derzeitigen Referentenentwurf, im Einklang mit der Verbraucherkredit-RL-neu, künftig entfallen.
Auch Dritte, die dem Händler BNPL-Leistungen ermöglichen („BNPL-Dienstleister“) können unter regulatorische Pflichten fallen. Wird dem Kunden durch den BNPL-Dienstleister etwa ein Kredit gewährt und der Händler unmittelbar aus dem Kreditbetrag bezahlt, ist es sehr wahrscheinlich, dass hierfür eine Erlaubnis für das Kreditgeschäft erforderlich ist. Gewährt hingegen der Händler die Stundung des Kaufpreises selbst und verkauft dem BNPL-Dienstleister anschließend die Zahlungsforderung, kann dies als Factoring qualifiziert werden. Factoring ist eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung, für deren Erbringung in Deutschland ebenfalls eine Erlaubnis erforderlich ist.
Der Referentenentwurf sieht eine umfassende Erweiterung des deutschen Verbraucherdarlehensrechts vor, um eine vollständige Harmonisierung mit der überarbeiteten Verbraucherkredit-RL-neu zu erreichen. Wesentlichen Neuerungen sind unter anderem:
Die Verbraucherkredit-RL-neu verpflichtet die Mitgliedstaaten grundsätzlich zu einer einheitlichen Umsetzung ohne nationale Abweichungen (Vollharmonisierung). Der Referentenentwurf trägt dem Rechnung. In einzelnen Bereichen lässt die Verbraucherkredit-RL-neu jedoch Gestaltungsspielräume zu. Von diesen Spielräumen macht der Referentenentwurf Gebrauch, um „Bürokratie und zu weitreichende Vorgaben” zu vermeiden – insbesondere in folgenden Punkten:
Mit dem Referentenentwurf ist ein entscheidender Schritt zur Umsetzung der neuen EU-Verbraucherkreditrichtlinie (Richtlinie (EU) 2023/2225) gemacht.
Der geplante Referentenentwurf zur Umsetzung der überarbeiteten Verbraucherkredit-RL-neu in Deutschland wird spürbare Auswirkungen auf den BNPL-Sektor haben. Für Verbraucher zielen die neuen Regelungen darauf ab, den Schutz vor Überschuldung deutlich zu stärken – insbesondere durch strengere Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung sowie durch verpflichtende Entlastungsmaßnahmen bei finanziellen Schwierigkeiten. BNPL-Produkte, die bislang häufig aufgrund ihres geringen Werts oder zinsfreien Charakters von der Regulierung ausgenommen waren, werden künftig klar in den Anwendungsbereich des Verbraucherdarlehensrechts fallen.
Der weitere Gesetzgebungsprozess wird sich noch über die kommenden Monate erstrecken. Stellungnahmen zu dem Referentenentwurf sind bis zum 18. Juli 2025 möglich.
Mit freundlicher Unterstützung von Anna Maria Volz, Wissenschaftliche Mitarbeiterin