Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat in einem Supervisory Briefing zum Einsatz von vertraglichen gebundenen Vermittlern (tied agent) durch Wertpapierfirmen veröffentlicht, um die weitere aufsichtliche Harmonisierung in der Europäischen Union zu fördern.
In dem Supervisory Briefing führt die ESMA ihre aufsichtlichen Erwartungen (i) an die Ernennung eines vertraglich gebundenen Vermittlers (vgV) durch ein Kredit- oder Wertpapierinstitut (Institut) sowie (ii) an Institute, die bei ihrer laufenden Tätigkeit auf vertraglich gebundene Vermittler zurückgreifen, aus.
Das Supervisory Briefing ist nicht bindend für die nationalen Aufsichtsbehörden.
Bei vertraglich gebundenen Vermittlern von Wertpapierinstituten handelt es sich um Unternehmen, die Anlagevermittlung, die Anlageberatung oder das Platzierungsgeschäft für Rechnung und unter der Haftung eines Kredit- oder Wertpapierinstituts erbringen. Diese Unternehmen benötigen keine eigene Erlaubnis, sondern schlüpfen sozusagen unter das „Haftungsdacht“ des Instituts. Dennoch muss die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Pflichten gewährleistet bleiben. Hierfür hat die ESMA ihre Erwartungen nun formuliert.
Zu den Erwartungen ESMA bei Ernennung eines vgVs gehört zum Beispiel, dass das Institut versteht, wie der vgV zur Strategie des Instituts beitragen wird, mit welchen Kunden der vgV zu tun haben wird und wie das Institut mit diesem Kunden umgeht. Im Rahmen des sog. On-Boardings muss das Institut die folgenden Punkte analysieren und bewerten:
Soweit der vgV befugt ist, Kundengelder oder Vermögenswerte zu halten, muss das Institut zudem untersuchen, ob
Weitere Anforderungen stellt die ESMA an den Vertrag zwischen dem Institut und dem vgV. Dieser soll enthalten:
• Angaben zur Eintragung in das Register der vertraglich gebundenen Vermittler (etwa bei der BaFin);
• eine Beschreibung der Tätigkeiten, die der vgV im Namen des Instituts ausüben wird;
• das Verbot, dass der vgV ebenfalls für andere Institute als vgV tätig wird;
• die Verpflichtung des vgV, Kunden seine Stellung als vgV offenzulegen und das Institut zu benennen. Es soll untersagt werden, dass der vgV Verweise, E-Mail-Konten oder Telefonnummern verwenden, die mit einem anderen Unternehmen als dem haftenden Institut, einem Drittland oder einem Unternehmen aus einem Drittland in Verbindung gebracht werden können. Dies ist der ESMA besonders dann wichtig, wenn es sich bei dem vgV um eine juristische Person handelt, deren Muttergesellschaft in einem Drittland sitzt oder der vgV eng mit einem Unternehmen in einem Drittland verbunden ist, das an der Herstellung oder dem Vertrieb von Finanzinstrumenten beteiligt ist;
• eine Erläuterung der Mechanismen, mit denen das Institut die Tätigkeiten des vgV überwachen wird (etwa regelmäßige Berichtspflichten, regelmäßige Treffen);
• die Vereinbarung, dass das Institut und seine Abschlussprüfer Zugang zu den Daten über die von dem vgV im Namen des Instituts ausgeübten Tätigkeiten sowie zu den betreffenden Geschäftsräumen hat, sofern dies für die Zwecke einer wirksamen Überwachung erforderlich ist; und
• die Verpflichtung des vgV, alle vertraulichen Informationen über das Institut und die Kunden geheim zu halten.
Die ESMA erwartet, dass Institute, die mit vgV arbeiten, in der laufenden Tätigkeit bestimmte Maßnahmen vornehmen und Standards einhalten. Hierzu gehören Maßnahmen der Überwachung der vgV.
Als erforderliche organisatorische Maßnahmen nennt die ESMA, dass:
Zudem fordert die ESMA, dass die nationalen Aufsichtsbehörden (etwa die BaFin) sich davon überzeugt, dass das Institut
Abschließend fordert die ESMA Handlungen bei der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem vgV.
Die Maßnahmen, die die ESMA fordert, sind an vielen Stellen nicht neu. Sie wiederholen oder konkretisieren Regelungen der MiFID II, die in der Praxis bereits Standard sind. Auffallend ist, dass die ESMA an verschiedenen Stellen die Zusammenarbeit mit Tochtergesellschaften von Unternehmen in Drittstaaten anspricht und deren Rolle als vertraglich gebundene Vermittler besonderen Regeln unterstellen will. Die ESMA sieht anscheinend eine Gefahr darin, dass der Zugang zum europäischen Finanzmarkt über vertraglich gebundene Vermittler erfolgt, die unter der Kontrolle von Drittstaatenunternehmen stehen. Den Instituten scheint sie insoweit ganz besonders ans Herz zu legen, solchen Umständen gerecht zu werden.