BaFin aktualisiert die MaComp

Die BaFin hat am 24. März 2021 das Rundschreiben zu den Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten für Wertpapierdienstleistungen (MaComp) aktualisiert. 

Dabei wurden im besonderen Teil (BT) 3 die sich aus § 63 Abs. 6 des Wertpapierhandelsgesetzes (im Nachfolgenden „WpHG“) und Art. 44 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 (im Nachfolgenden „DV“) ergebenden Anforderungen an redliche, eindeutige und nicht irreführende Kundeninformationen hinsichtlich der Angaben zu indikativen Orderwerten konkretisiert. Darüber hinaus wurden im Rahmen der besonderen Verhaltensregeln bei der Erbringung von Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung nach § 64 WpHG die Anforderungen an die Erklärung über die Geeignetheit der Anlageempfehlung (§ 64 Abs. 4 WpHG) näher erläutert.

1. Anforderungen an redliche, eindeutige und nicht irreführende Kundeninformationen (BT 3.3.1)

Mit ihrer Konkretisierung der Anforderungen an redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen nach § 63 Abs. 6 WpHG hat die BaFin auf den Umstand reagiert, dass die Verwendung von Online-Brokerage-Tools in letzter Zeit auf Seiten der Anleger vermehrt zu erheblichen Irreführungen und Verwirrungen geführt haben soll. So sollen die Wertpapierkaufaufträge von Anlegern teilweise mit einem erheblich höheren Betrag abgerechnet worden sein, als der bei Platzierung des Auftrags erwartete Kurswert vorhergesagt hätte.

Die Divergenz zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Anleger und des zustande gekommenen Kaufvertrags soll teilweise hoch gewesen sein. Ein solches Auseinanderfallen von erwartetem und tatsächlichem Kurswert kann vor allem dann auftreten, wenn die vom Online-Brokerage-Tool zur Berechnung des indikativen Orderwerts herangezogenen Preisinformationen nicht aktuell sind oder auf einer für die Geschäftsart unzutreffenden Grundlage beruhen. Zwar gelingt es den für die Preisermittlung zuständigen Börsenspezialisten häufig, betroffene Wertpapiere zu erkennen und die ordererteilenden Banken mit einem Hinweis auf den Kurswert zu kontaktieren. Dies zählt jedoch nicht zu den Aufgaben einer Börse und ist keine Garantie, derartige Konstellationen rechtzeitig zu entdecken und zu verhindern. 

Um diesbezüglich Abhilfe zu schaffen, hat die BaFin in ihrem aktualisierten Rundschreiben die Informationspflichten nach § 63 Abs. 6 WpHG um Angaben zu besagten indikativen Orderwerten erweitert. Besteht hiernach bei Verwendung von Online-Brokerage-Tools die Möglichkeit, dass der dem Kunden angezeigte indikative Orderwert vom späteren tatsächlichen Ausführungspreis erheblich abweicht, muss der Kunde hierauf in ausreichender und verständlicher Weise hingewiesen werden.

Dieser Hinweis muss einfach und allgemeinverständlich formuliert sein. Die BaFin schlägt hierbei beispielhaft die folgende Formulierung vor: „Bei dem angezeigten Preis kann es sich um einen umsatzlosen Preis (Price without turnover – PWT) handeln. Dieser entspricht nicht dem für den Kauf maßgeblichen Briefkurs, was bei Wertpapieren, die unter einem Euro notieren, dazu führen kann, dass der tatsächliche Ausführungspreis die Indikation des angezeigten Orderwerts um ein Vielfaches (z. T. mehrere 10.000 €) übersteigt.

Darüber hinaus soll zukünftig auch ein Hinweis auf die Möglichkeit der Limitierung eines Auftrags aufgenommen werden. Über eine Limitierung kann wirksam verhindert werden, dass die Order zu einem erheblich höheren Preis, als vom Kunden beabsichtigt, ausgeführt wird. Die BaFin schlägt bezüglich dieses Hinweises die folgende Formulierung vor: „Eine Ausführung zu einem erheblich höheren Preis als von Ihnen gewollt, können Sie durch die Limitierung Ihres Auftrags verhindern.“ Ein derartiger Hinweis ist aber nur erforderlich, wenn das entsprechende Wertpapierdienstleistungsunternehmen das Setzen eines Limits nicht ohnehin schon verpflichtend eingeführt hat. In diesen Fällen bedarf es keines Hinweises vor der konkreten Order. Es reicht, diesen Hinweis in die allgemeinen Kundeninformationen aufzunehmen. 

2. Anforderungen an den Inhalt der Geeignetheitserklärung nach § 64 Abs. 4 WpHG

Darüber hinaus hat die BaFin in seiner aktualisierten Fassung des Rundschreibens die Inhaltsanforderungen an die Geeignetheitserklärungen weiter konkretisiert. Nach § 64 Abs. 4 WpHG iVm Art. 54 Abs. 12 DV muss das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Erbringung der Anlageberatung Privatkunden vor Vertragsschluss eine Erklärung über die Geeignetheit der Empfehlung (Geeignetheitserklärung) zur Verfügung stellen. Im Rahmen der Geeignetheitserklärungen muss erläutert werden, inwieweit die erbrachte Beratung auf die Präferenzen, Vorstellungen und Ziele des Kunden abgestimmt wurde. 

Daraus schließt die BaFin, dass die Geeignetheitserklärung nicht nur die bloße, floskelartige Feststellung enthalten darf, dass ein Finanzinstrument geeignet ist. Vielmehr muss sie eine auf den konkreten Kunden bezogene Begründung enthalten, warum das Wertpapierdienstleistungsunternehmen unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände im konkreten Einzelfall die Geeignetheit annimmt - also inwiefern die Empfehlung auf die jeweiligen Kundenmerkmale abgestimmt wurde (materielle Empfehlungsbegründung). Dies erfordert einen qualitativen Abgleich der Eigenschaften des Finanzinstruments mit den Kundenmerkmalen. Daher müssen auch alle für die Geeignetheitsprüfung erforderlichen Kundenangaben in die Erklärung mitaufgenommen werden. 

Eine Besonderheit besteht insofern bei der Geeignetheitserklärung in Bezug auf Verkaufsempfehlungen. Hierbei ist es ausreichend, nur die Tatbestandsmerkmale zu erläutern, aufgrund derer der Verkauf des in Rede stehenden Finanzinstruments empfohlen wurde. Alle anderen, nicht relevanten Tatbestandsmerkmale müssen nicht in die Geeignetheitserklärung aufgenommen werden, da diese nicht zu der Verkaufsempfehlung geführt haben und somit auch keine Empfehlungsbegründung darstellen. 

Die BaFin macht auch noch einmal deutlich, dass die Anforderungen aus § 64 Abs. 4 WpHG auch bei einer Halteempfehlung gelten. Auch hier muss die Geeignetheitserklärung eine Begründung enthalten, warum das Produkt weiterhin für den Kunden geeignet ist. Diese erfordert aber anders als bei einer Kauf- oder Verkaufsempfehlung keine Dokumentation des qualitativen Abgleichs zwischen den Produktangaben und den Kundenangaben. Ein Eingehen auf die einzelnen Kundenmerkmale ist nicht notwendig, da diese regelmäßig bereits in der Geeignetheitserklärung der Kaufempfehlung dokumentiert wurden.
Die MaComp enthält hierbei zu allen drei Varianten (Kauf-, Verkaufs- und Halteempfehlung) eine Vielzahl an Negativ- und Positivbeispielen zu einzelnen Formulierungsmöglichkeiten, die als Vorlage für die Konzeption einer eigenen Geeignetheitserklärung dienen können.

Zusammenfassung

Die Informations- als auch Dokumentationspflichten, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen treffen, hat die BaFin weiter konkretisiert. Dies erleichtert den Unternehmen die Einhaltung der geltenden Regelungen. Insbesondere in Zukunft müssen Kunden bei Platzierung einer Order unter Verwendung von Online-Brokerage-Tools eindeutig darüber aufgeklärt werden, dass der tatsächliche Ausführungspreis die vorher angezeigte Indikation des angezeigten Orderwerts um ein Vielfaches übersteigen kann.

Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen detaillierte Angaben in die Geeignetheitserklärung aufnehmen, inwieweit ein Anlageprodukt mit den persönlichen Präferenzen und Möglichkeiten des Kunden übereinstimmt. Eine formel- und floskelhafte Formulierung ist hierbei unzulässig. Es bedarf vielmehr einer Wertung aller für die Anlageempfehlung relevanter Umstände, um den Anforderungen aus § 64 Abs. 4 WpHG zu entsprechen.


Mit freundlicher Unterstützung von Paul Gerlach (juristischer Mitarbeiter).

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