Berliner Kammergericht: Bitcoin sind keine Finanzinstrumente

Bereits Ende 2013 stellte die BaFin in einem Artikel zum Verbraucherschutz fest, Bitcoin seien sog. Rechnungseinheiten und damit Finanzinstrumente. Ihr Handel sei daher besonderen finanzregulatorischen Anforderungen unterworfen. Diese Auffassung, welche sie auch in ihrem Merkblatt „Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Sätze 1 bis 3 KWG (Aktien, Vermögensanlagen, Schuldtitel, sonstige Rechte, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen, Rechnungseinheiten und Emissionszertifikate)“ aufnahm, wurde in der juristischen Literatur häufig übernommen und nur vereinzelt angegriffen. Da Urteile in diesem Bereich selten sind, folgten alle Marktteilnehmer in der Praxis der BaFin Auffassung. Nun entschied das Kammergericht Berlin: Bitcoin sind keine Finanzinstrumente.

In einem Strafverfahren ging es um die Strafbarkeit des Bitcoinhandels über eine Online-Plattform. Der Betreiber einer Bitcoin-Handelsplattform war gem. §54 KWG angeklagt ohne Erlaubnis mit Finanzinstrumenten zu handeln. Nach einer Verurteilung vor dem Amtsgericht Berlin sprach zunächst das Landgericht Berlin den Angeklagten frei, da Bitcoin keine Finanzinstrumente seien. Diese Entscheidung bestätigte nunmehr das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 25. September 2018.

Das Kammergericht führt aus, dass Bitcoin nicht unter den Begriff der mit Devisen vergleichbaren Rechnungseinheiten falle. Rechnungseinheiten sollen eine einheitliche Einheit für die Vergleichbarkeit von Waren und Dienstleistungen in verschiedenen Ländern bezwecken. Dies sei bei Bitcoin aber nicht der Fall.
 
Das Gericht führt aus, dass dem Bitcoin ein eigener darstellbarer oder vergleichbarer Wert fehle. Besonders hoben die Richter die unvorhersehbare Wertbeständigkeit und die fehlende allgemeine Anerkennung hervor, die dazu führen, dass Waren oder Dienstleistungen durch ihn nicht verglichen werden könnten.
 
Zusätzlich bestätigt das Gericht, dass es sich bei Bitcoin auch nicht um E-Geld handele.

Daneben rügt das Gericht das Vorgehen der BaFin. Sie verkenne ihre Aufgabe, wenn sie rechtsgestaltend in Strafgesetze eingreife; ein Privileg, das dem demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess vorbehalten sei. Die BaFin überspanne mit der Einordnung von Bitcoin als Finanzinstrumente ihren Aufgabenbereich. Hier verkennt das Gericht jedoch wohl den Charakter der BaFin-Merkblätter. Diese sollen nicht rechtsgestaltend wirken und auch nicht den einzelnen Anwender binden. Sie machen nur die Auffassung und Verwaltungspraxis der BaFin beim Umgang mit Erlaubnisanträgen und Untersagungsverfügungen transparent und sind daher grundsätzlich zu begrüßen. Das Kammergericht stellt sich mit seiner BaFin-Kritik auch auf einen ganz anderen Standpunkt als das LG Köln, welches in seiner sog. Lieferheldentscheidung der Beurteilung durch die BaFin im Rahmen eines Erlaubnisantrags Vorrang vor der eigenen Zuständigkeit einräumte.

Die Folgen des Urteils für andere Currency Token müssen gut untersucht werden. Die Schlussfolgerung, alle Currency Token seien nun aus dem Anwendungsbereich der Finanzaufsicht entfallen und könnten straffrei gehandelt werden, wäre zu pauschal. Weiterhin sollte jeder Currency Token gründlich auf seine Eigenschaften hin untersucht werden. Allerdings bietet das Urteil des Kammergerichts hilfreiche Anhaltspunkte für den bislang nur schwer greifbaren Begriff der Rechnungseinheiten. Ob die BaFin nach diesem Urteil ihre Verwaltungspraxis bei Erlaubnisanträgen und Untersagungsverfügung, die im Übrigen von den Verwaltungsgerichten und nicht von den Strafgerichten überprüft werden, ändert, bleibt abzuwarten. An das Strafurteil und die Auslegung des Kammergerichts Berlin ist die BaFin insoweit wohl zunächst nicht gebunden.

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