Der Verordnungsentwurf MiCAR – und dessen Auswirkungen

Die Regulierung von Krypto-Vermögenswerten und damit verbundenen Dienstleistungen ist in der Europäischen Union noch immer nicht einheitlich geregelt und gleicht vielmehr einem Flickenteppich.

Zwar erfasst die 5. Geldwäscherichtlinie (AMLD5) unter dem Begriff „virtuelle Währung“ auch bestimmte Kryptowerte, jedoch beinhaltet sie keinen harmonisierten Ansatz. In Folge der Umsetzung der AMLD5 hat jeder Mitgliedsstaat sein eigenes Regelungsregime für Geschäfte in Zusammenhang mit „virtuelle Währung“ oder Kryptowerten geschaffen. Dieses Problem adressiert der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission „Märkte für Kryptowerte“ (Markets in Crypto-assets, kurz MiCAR). Es wird derzeit damit gerechnet, dass die MiCAR im Laufe des Jahres 2024 anwendbar wird.

Neue Gesetzgebung bringt immer eine gewisse Unsicherheit in den Markt. Es ist daher wichtig, sich bereits jetzt auf die Veränderungen der MiCAR einzustellen. Es stellen sich hierbei die Fragen, was mit bereits jetzt unter nationalem Recht zugelassenen Krypto-Geschäften passiert, sobald die MiCAR in Kraft tritt. Wie werden diese unter dem Verordnungsentwurf behandelt? Und erscheint es sinnvoll, noch eine Lizenz nach nationalem Recht zu erwerben, bevor die MiCAR in Kraft tritt?

Diesen Problemstellungen soll sich der nachfolgende Beitrag widmen.

MiCAR

Wie bereits berichtet, hat die Europäische Kommission im September 2020 den Entwurf für die Verordnung über Märkte für Kryptowerte veröffentlicht. Die MiCAR soll dem jetzigen Entwurf folgend für alle Personen gelten, die in der Europäischen Union Kryptowerte ausgeben oder Dienstleistungen mit Kryptowerten erbringen wollen. Die Definition der Kryptowerte aus der MiCAR ist dabei jedoch nicht deckungsgleich mit dem Begriff des Kreditwesengesetzes (KWG), so dass auch für den deutschen Markt mit Änderungen zu rechnen ist.

Der Entwurf der MiCAR lässt sich inhaltlich in drei Abschnitte unterteilen: Dem Genehmigungsverfahren für Emittenten von Krypto-Assets und den entsprechenden Verpflichtungen für die von der Verordnung umfassten Token Arten (wertreferenzierte Token, E-Geld Token und als Auffangtatbestand Krypto-Assets). Der zweite Abschnitt umfasst das Genehmigungsverfahren für Anbieter von Dienstleistungen mit Kryptowerten. Der dritte Abschnitt befasst sich mit den zuständigen Behörden und deren Tätigkeitsbereichen.

Mit der MiCAR soll ein einheitliches Regelwerk für die Europäische Union geschaffen werden. Dieses soll im Jahr 2022 in Kraft treten und nach einer 18-monatigen Übergangsfrist unmittelbare Anwendung in allen Mitgliedsstaaten finden. Das bedeutet, dass für 2024 ein harmonisiertes Regelwerk für Produkte und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten in der gesamten Europäischen Union zu erwarten ist.

Regelungsinhalt der MiCAR

Durch die MiCAR sollen, wie oben ausgeführt, Regelungen zur Zulassung und Beaufsichtigung von Anbietern von Kryptowerten und deren Emittenten eingeführt werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Emittenten von wertreferenzierten (asset-referenced) Token und E-Geld-Token. Die Verordnung soll den Betrieb, die Organisation und die Leitung von Emittenten von wertreferenzierten Token sowie E-Geld-Token und Dienstleistern im Bereich der Kryptowerte regeln. Auch die Erbringung von Krypto-Dienstleistungen soll reguliert werden. So dürfen ab 2024 nur juristische Personen diese Dienstleistungen erbringen, die in der EU niedergelassen sind und eine entsprechende Erlaubnis durch die zuständige Behörde erhalten haben.

Wichtiger Bestandteil der MiCAR ist somit das dort verankerte Zulassungsregime durch die jeweils zuständigen Behörden.

Aktueller Stand in Deutschland

Deutschland verfolgt unter der jetzigen nationalen Rechtslage einen im internationalen Vergleich strengen Ansatz zum Rest der Europäischen Union: Kryptowerte werden als Finanzinstrumente erfasst. Für die Erbringung von Kryptodienstleistungen wie der Vermittlung von Token ist eine MiFID-Lizenz erforderlich; für die Erbringung von Wallet-Dienstleistungen ist eine gesonderte Erlaubnis für die Kryptoverwahrung erforderlich. Die entsprechenden Regelungen der MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU) wurden in Deutschland im Kreditwesengesetz (KWG) und dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) umgesetzt. Die Zulassung erfolgt durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Dieser strenge Ansatz ist jedoch auch mit Vorteilen verbunden. Zum einen bietet Deutschland schon jetzt einen klaren Rechtsrahmen für das Krypto-Geschäft. Zum anderen profitieren Dienstleister mit MiFID-Lizenz von Übergangsvorschriften unter dem aktuellen MiCAR-Entwurf.

Grandfathering/Übergangsvorschriften der MiCAR

Institute mit einer MiFID-Lizenz haben die Möglichkeit, unter der MiCAR ihr Geschäft weiter auszuüben, ohne eine gesonderte Zulassung unter der MiCAR erwerben zu müssen. Auch für E-Geld Institute wird der Übergang zur MiCAR leichter als für neue Marktteilnehmer.

E-Geld-Institute

E-Geld Instituten wird ein Grandfathering-Verfahren zur Verfügung stehen, in dessen Rahmen ein vereinfachtes Verfahren zur Erlangung einer Zulassung angeboten wird und nicht das vollständige Zulassungsverfahren durchlaufen werden muss. Die Einzelheiten des vereinfachten Verfahrens sind im aktuellen MiCAR-Entwurf derzeit nicht festgelegt. Es soll aber auf solche Unterlagen im Rahmen des Erlaubnisverfahrens verzichtet werden, die bereits der zuständigen Behörde bekannt sind.

MiFID-Institute

Institute, die über eine Zulassung nach der MiFID II verfügen (etwa Wertpapierinstitute), unterliegen bei der Erbringung von Krypto-Dienstleistungen nicht den Bestimmungen über die Zulassung nach der MiCAR. Diese Institute können die Dienstleistungen, die sie bisher in Bezug auf Finanzinstrumente unter der MiFID II ausgeübt haben, ohne weitere Erlaubnispflicht auch in Bezug auf Kryptowerte erbringen.

Ausblick

Durch die Vorteile, von denen MiFID-Institute unter der MiCAR profitieren, bietet es sich für neue Marktteilnehmer an, bereits jetzt eine Erlaubnis als MiFID-Institut in Deutschland zu beantragen. Durch die Einführung der MiCAR werden diese Institute nicht den Unsicherheiten ausgesetzt, die eine neue Gesetzesimplementierung zwangsläufig mit sich bringt. Auch den bereits zugelassenen E-Geld Instituten winkt ein vereinfachtes Zulassungsverfahren, was mit Vorteilen verbunden ist. Denn gerade Anbietern von Kryptodienstleistungen aus unregulierten EU-Ländern drohen hohe Kosten, die aus dem Erwerb der Lizenzen und dem Aufbau einer geeigneten Struktur zur Erfüllung der Vorgaben der MiCAR resultieren können. Der bereits frühzeitige Aufbau einer solchen Infrastruktur unter einem bereits etablierten Rechtsrahmen bietet sich daher an. So können die Vorteile des derzeitigen deutschen Aufsichtsregime über Kryptowerte optimal genutzt werden, um bei der Umsetzung der MiCAR die Nase vorn‘ zu haben.

*Mit freundlicher Unterstützung unserer juristischen Mitarbeiterin Lea-Sophie Fehling

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