Mindestlohn steigt ab Oktober auf 12 Euro

Bundestag beschließt - Ein zentrales Versprechen der regierenden Parteien aus dem Bundestagswahlkampf und dem Koalitionsvertrag ist nun in die Realität umgesetzt worden. Der Bundestag hat am 3. Juni die Änderung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) beschlossen und damit eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Zeitstunde auf den Weg gebracht. Dieser soll ab dem 1. Oktober 2022 für alle berechtigten Arbeitnehmer gelten.

Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns 

Der gesetzliche Mindestlohn ist turnusmäßig zum 1. Juli 2022 von 9,82 Euro auf 10,45 Euro gestiegen. Nun wurde eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro ab Oktober beschlossen. Zugleich steigt auch die Grenze für Minijobs im Oktober von 450 auf 520 Euro. Der Gesetzentwurf geht von heute etwa 6,2 Millionen Arbeitnehmer:innen mit einem Stundenlohn unter 12 Euro aus. Frauen sowie Menschen in Ostdeutschland sollen überproportional von der Anhebung profitieren, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in der Debatte betonte. Für viele sei die Lohnerhöhung wohl der größte Lohnsprung in ihrem Leben. Darüber hinaus sei ein Mindestlohn von 12 Euro auch aus ökonomischer Sicht vorteilhaft. Denn damit werde die Kaufkraft gestärkt und ein wichtiger Impuls für die wirtschaftliche Erholung gegeben.

Positive und negative Reaktionen

Die Gesetzesänderung ging mit einer Reihe positiver und negativer Reaktionen einher. Mehrere Redner warnten in der Bundestagsdebatte davor, dass die gegenwärtige Preisexplosion viele Menschen existenziell bedrohe. Die Linken-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch sagte: "Eigentlich müssten es jetzt schon 13 Euro sein." Nötig sei ein weiteres Entlastungspaket. Heil verwies auf die Entlastungen für Menschen mit normalem und geringem Einkommen, die die Koalition auf den Weg bringe. Der Grünen-Sozialexperte Andreas Audretsch begrüßte die gesetzliche Änderung und betonte, dass Menschen in Vollzeit am Ende des Tages nicht von Armut bedroht sein dürften. Die Mindestlohnsteigerung erhöhe zudem die Kaufkraft. Der CDU-Sozialexperte Hermann Gröhe warf der Koalition chaotisches Stimmengewirr vor, wenn es darum gehe, die enormen Preissteigerungen einzudämmen. Wenn weitere Preissprünge zugelassen würden, nütze auch ein höherer Mindestlohn wenig.

Rolle der Mindestlohnkommission

Die Mindestlohnkommission war bei der jüngsten Entscheidung über die Erhöhung des Mindestlohns nicht beteiligt – ein Umstand, den der Arbeitgeberverband BDA kritisiert. Die Bundesregierung halte sich dem Verband nach nicht an die im Jahr 2015 vereinbarten Absprachen, als mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns die Mindestlohnkommission gegründet wurde. Der Verband lehnt ab, dass der Erhöhungsschritt nun einmalig an der Kommission aus Arbeitgeber:innen und Gewerkschaften vorbei erfolgen soll. Die Bundesregierung erwidert, dass dies ein einmaliger Vorgang sei. Zukünftige Anpassungen des Mindestlohns erfolgten weiterhin auf Grundlage von Beschlüssen der Mindestlohnkommission, erstmals wieder bis zum 30. Juni 2023 mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Im Zuge der Einführung des Mindestlohngesetzes im Jahr 2015 hat die Bundesregierung zur regelmäßigen Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns eine ständige unabhängige Mindestlohnkommission eingerichtet. Die Mindestlohnkommission evaluiert laufend die Auswirkungen des Mindestlohns auf den Schutz der Arbeitnehmer:innen, die Wettbewerbsbedingungen und die Beschäftigung in Bezug auf bestimmte Branchen und Regionen sowie die Produktivität und stellt ihre Erkenntnisse der Bundesregierung in einem Bericht alle zwei Jahre gemeinsam mit ihrem Beschluss zur Verfügung. Sie prüft im Rahmen einer Gesamtabwägung, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmer:innen beizutragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sowie Beschäftigung nicht zu gefährden.

Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes

Nach § 1 MiLoG hat jede/r Arbeitnehmer:in Anspruch auf die Zahlung eines Arbeitsentgeltes mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes durch den/die Arbeitgeber:in (auch in Privathaushalten). Zur Zahlung des Mindestlohnes sind grundsätzlich alle Arbeitgeber:innen mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet, soweit sie Arbeitnehmer:innen in Deutschland beschäftigen. Einige Personengruppen sind jedoch nach § 22 MiLoG vom persönlichen Anwendungsbereich des MiLoG ausgeschlossen. Hierzu gehören etwa Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten. Auch für Auszubildene, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, ehrenamtlich Tätige und bei Pflichtpraktika oder Praktika unter drei Monaten gilt der Mindestlohn nicht. Daneben gibt es in mehreren Branchen tarifliche Mindestlöhne, die über der gesetzlichen Lohnuntergrenze liegen.

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