Der gesetzliche Mindesturlaub und der Urlaubsabgeltungsanspruch, der mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht, sind auch selbst im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs unverzichtbar. Zudem ist ein Tatsachenvergleich unwirksam, wenn keine Unsicherheit über die tatsächlichen Voraussetzungen des Urlaubsanspruchs besteht.
Das BAG hat mit seiner Entscheidung vom 3. Juni 2025 (Az. 9 AZR 104/24) das Urteil des LAG Köln vom 11. April 2024 (Az. 7 Sa 516/23) bestätigt. Den Entscheidungen lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Ein Arbeitnehmer war von Januar 2019 bis Ende April 2023 als Betriebsleiter beschäftigt. Ab Januar 2023 war er ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt und konnte daher seinen Urlaub in diesem Jahr nicht in Anspruch nehmen. Im März 2023 einigte er sich mit seinem Arbeitgeber im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2023. Der Vergleich sah eine Abfindung von EUR 10.000 vor. In einer Klausel hieß es zudem: „Urlaubsansprüche sind in natura gewährt.“ Obwohl die Prozessbevollmächtigte des Arbeitnehmers im Vorfeld auf die Unzulässigkeit eines Verzichts auf den gesetzlichen Mindesturlaub hingewiesen hatte, stimmte sie – mit Verweis auf die geäußerten Bedenken - dem Vergleich zu. Kurz darauf forderte der Arbeitnehmer gerichtlich die Abgeltung der sieben noch offenen Urlaubstage aus dem Jahr 2023.
Das BAG stellte ebenso wie die Vorinstanzen klar, dass der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs damit jedoch nicht erloschen ist. Laut § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ist nicht genommener Urlaub abzugelten, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Ein davon abweichender Verzicht sei nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG unzulässig und somit nach § 134 BGB nichtig.
Das Gericht prüfte auch, ob es sich bei der umstrittenen Regelung um einen sog. Tatsachenvergleich handelte, auf welchen § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG nicht anzuwenden wäre. Ein solcher Vergleich liegt nur dann vor, wenn Unklarheiten über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs bestehen. Das BAG verneinte dies im Fall jedoch. Der seit Anfang 2023 durchgehend erkrankte Arbeitnehmer konnte keinen Urlaub nehmen. Insofern bestand keinerlei Zweifel über die tatsächlichen Voraussetzungen des Urlaubsanspruchs. Ein Tatsachenvergleich – der eine Ausnahme vom gesetzlichen Verzichtsverbot erlaubt – war somit nicht gegeben.
Nach dem BAG darf der bezahlte Mindesturlaub nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses, ist weder eine Abgeltung noch ein Verzicht zulässig.
Auch der Einwand des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer habe sich widersprüchlich verhalten, blieb ohne Erfolg. Zwar hatte dieser dem Vergleich zugestimmt, dennoch durfte er sich auf die Unwirksamkeit der Regelung berufen. Auf den Bestand einer offensichtlich rechtswidrigen Regelung darf kein Arbeitgeber vertrauen.
Arbeitgeber dürfen den gesetzlichen Mindesturlaub nicht ausschließen oder umgehen. Allgemein empfiehlt sich für die Regelung von verbleibenden Mindesturlaubsansprüchen in einem Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag bzw. gerichtlichem Vergleich:
Soll jedoch weder eine Freistellung erfolgen noch Urlaub gewährt werden, besteht nur in engen Grenzen Raum für einen Tatsachenvergleich. Die konkrete Sachverhaltskonstellation muss dies zulassen. D.h. es muss eine Ungewissheit über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Urlaubsanspruchs bestehend, die durch gegenseitiges Nachgeben ausgeräumt werden soll. Das ist jedenfalls nicht der Fall, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit keinen Urlaub nehmen konnte und kann (s.o.). Außerdem ist hinsichtlich einer etwaigen Kombination von Anrechnung und Tatsachenvergleich geboten. Diese stehen in einem Alternativverhältnis – eine Verknüpfung der beiden Varianten wäre wohl widersprüchlich.