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Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen hat entschieden, dass Lieferdienste den angestellten Kurieren für ihre Tätigkeit Fahrrad und Smartphone zur Verfügung stellen müssen.
LAG Hessen, Urteil v. 19.03.2021, Aktenzeichen 14 Sa 306/20
Zwischen Essenslieferdiensten herrscht ein großer Konkurrenzkampf, der nicht selten zu Lasten der angestellten Fahrradkuriere ausgetragen wird. Dies äußert sich unter anderem durch schlechte Arbeitsbedingungen, weswegen die Lieferdienste immer häufiger in der Kritik stehen.
Kläger musste Arbeitsmittel auf eigene Kosten stellen
Der vom LAG am 12. März 2021 entschiedene Rechtsstreit (Az. 14 Sa 306/20) betraf eine arbeitsvertragliche Regelung, wonach der Kläger dazu verpflichtet war, für die Kurierfahrten Fahrrad sowie Smartphone eigens zu stellen, ohne dafür vom Arbeitgeber finanziell entschädigt zu werden. Die arbeitsvertragliche Tätigkeit des klagenden Fahrradkuriers bestand darin, das bestellte Essen von den Restaurants abzuholen und an die Kunden zu liefern.
Die Auftragsabwicklung fand dabei per Smartphone statt. Ein jederzeit verkehrstaugliches Rad für den Transport sowie ein Smartphone inklusive des erforderlichen Datenvolumens hatte der Kläger dafür aufzubringen. Der finanzielle Ausgleich hierfür beschränkte sich auf eine Absprache, wonach für jede geleistete Arbeitsstunde ein Guthaben von EUR 0,25 bei Vertragspartnern des Arbeitgebers für Reparaturen gutgeschrieben wurde.
Fahrrad und Smartphone inkl. Datennutzungsvertrag sind vom Arbeitgeber zu stellen
Das Arbeitsgericht Frankfurt hatte die Klage in erster Instanz noch abgewiesen (Urteil vom 29. Januar 2020, Az. 2 Ca 5722/19). Das LAG hingegen gab dem Kläger darin Recht, dass es ihn unangemessen benachteilige, wenn er die erforderlichen Arbeitsmittel auf eigene Kosten zur Verfügung stellen müsse. Eine entsprechende vertragliche Regelung sei daher unwirksam. Das Gesetz sehe vor, dass Arbeitgeber die erforderlichen Betriebs- und Arbeitsmittel selbst zu stellen und deren Kosten zu tragen haben. Ebenso falle es in die Risikosphäre des Arbeitgebers, wenn Betriebsmittel nicht einsatzfähig sind oder werden. Sein Arbeitgeber müsse ihm daher Fahrrad sowie Smartphone inklusive des erforderlichen Datenvolumens bereitstellen.
Zudem vertrat das LAG die Auffassung, dass Arbeitnehmern ein einklagbarer Anspruch auf Verschaffung der erforderlichen Arbeitsmittel gegen den Arbeitgeber zustehe. Dies sei zwingend verknüpft mit dem Recht des Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Beschäftigung. Insofern können Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht auf Geltendmachung von Annahmeverzugslohn wegen der nicht angenommenen Arbeitsleistung verweisen, sondern sind primär dazu verpflichtet, die Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen, sodass die Arbeitsleistung erbracht werden kann. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.