Als Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner in unserem Münchner Büro berate ich gemeinsam mit meinem Team nationale und internationale Mandanten auf dem gesamten Gebiet des Individual- und Kollektivarbeitsrechts, häufig grenzüberschreitend.
Mit dem Ende der „Bundesnotbremse“ am 30. Juni 2021 endet auch die Homeoffice-Pflicht für Arbeitgeber.
Sie müssen ihren Arbeitnehmern ab Juli im Normalfall kein Homeoffice mehr anbieten. Arbeitgeber sollten nun Lösungen finden und die Rückkehr zum betrieblichen Arbeitsplatz regeln. Dabei sollten auch zukünftige – ggf. auch negative – Veränderungen des Infektionsgeschehens bedacht werden.
Keine Verlängerung der vorübergehenden Homeoffice-Pflicht
Arbeitgeber mussten Arbeitnehmern aufgrund der Bundesnotbremse (gem. § 28b Abs. 7 IfSG) zwischen April und Juni 2021 grundsätzlich Homeoffice anbieten, und die Arbeitnehmer mussten dieses Angebot auch annehmen. Dadurch konnten viele Arbeitnehmer von zu Hause arbeiten. Im Frühjahr waren dies vorübergehend rund 32 % aller Beschäftigten. Höchstens dringende betriebliche Gründe konnten die Arbeit aus dem Homeoffice verhindern. Diese Regelung ist am 30. Juni 2021 ausgelaufen. Eine Verlängerung der Homeoffice-Pflicht wurde nicht beschlossen.
Verlängerung und Anpassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung
Das Infektionsgeschehen hat sich die letzten Wochen kontinuierlich entspannt und verweilt derzeit auf einem niedrigen Niveau. Allerdings gibt es im Ausland z. T. schon wieder recht hohe Infektionszahlen. Die Regelungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung wurden über den 30. Juni 2021 verlängert und teilweise angepasst. Arbeitgeber bleiben verpflichtet, ihren Arbeitnehmern mindestens zweimal pro Woche einen Corona Selbst- oder Schnelltest zur Verfügung zu stellen.
Geimpfte und genesene Arbeitnehmer sind hiervon ausgenommen. Die Arbeitnehmer sind jedoch nach wie vor nicht verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen. Es müssen weiterhin betriebliche Hygienepläne erstellt und bei Bedarf medizinische Schutzmasken zur Verfügung gestellt werden. Auch zukünftig sind die allgemeinen Infektionsschutzmaßnahmen („AHA“-Regeln) zu beachten. Die Vorgabe einer Mindestfläche von 10 m² pro Person in mehrfach belegten Büroräumen entfällt. Grundsätzlich gilt: betriebsbedingte Kontakte sind weiter auf ein Minimum zu reduzieren.
(Schrittweise) Rückkehr an den betrieblichen Arbeitsplatz
Aufgrund der weiter bestehenden Schutzregelungen werden de facto nicht alle Arbeitnehmer ab Juli wieder ins Büro kommen. Das ist dort nicht möglich, wo die verbleibenden Regeln zum Infektionsschutz nicht eingehalten werden können. Grundsätzlich können die Mitarbeiter auf eigenen Wunsch wieder in den Betrieb zurückkehren. Das gilt zumindest dann, wenn keine entgegenstehende Vereinbarung über die Arbeit im Homeoffice (individual – oder kollektivvertraglich) besteht. Gibt es keine solche Vereinbarung, kann der Arbeitgeber unter Einhaltung der übrigen Maßnahmen ein Erscheinen am Arbeitsplatz auch einseitig anordnen. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall keinen Anspruch darauf, weiterhin im Homeoffice zu arbeiten.
Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen kann sich ein Anspruch auf Ausübung der Tätigkeit im Homeoffice ergeben, z.B. wenn ein erhöhtes Risiko einer Ansteckung besteht – etwa, weil der betriebliche Infektionsschutz nicht ausreichend sichergestellt werden kann – und/oder der Arbeitnehmer selbst ein hohes Risiko hat, schwer zu erkranken. Das niedrige Infektionsgeschehen spricht aktuell jedoch dagegen. Abzuwarten bleibt, welchen Einfluss die Verbreitung der Delta-Variante zukünftig darauf haben wird.
Keine Impfflicht und kein Auskunftsanspruch über Impfstatus/Genesung
Wie kann der Arbeitgeber nun eine Rückkehr zum betrieblichen Arbeitsplatz „sicher“ regeln, um das Infektionsrisiko beim Zusammentreffen vieler Arbeitnehmer möglichst gering zu halten? Eine Anordnung zur Corona-Impfung durch den Arbeitgeber ist in den meisten Fällen unwirksam. Bislang gibt es keine gesetzliche Verpflichtung, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen, und eine Impfpflicht ist auch nicht geplant. Möglich wäre dies aber, wie man am Beispiel der verpflichtenden Masern-Impfung etwa in Kitas sehen kann. Durch die fehlende gesetzliche Verpflichtung ist es schwer, als Arbeitgeber selbst eine solche einzuführen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bereits durch die Einführung der Impfpriorisierung in der CoronaImpfV den Schutz von gefährdeten Personengruppen sicherstellen wollte. Rechtsprechung zu dieser Thematik gibt es bislang nicht.
Grundsätzlich dürfte es auch schwierig sein, eine Impfpflicht durch eine Betriebsvereinbarung zu begründen. Das mag im Einzelfall anders zu bewerten sein, wenn die Arbeitnehmer einer Berufsgruppe angehören, durch die sie in engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen stehen, z.B. in Pflegeberufen oder bei medizinischem Personal. Aber auch dann ist eine Abwägung der gegenläufigen Grundrechte notwendig. Insbesondere dort, wo kein unmittelbarer Kontakt zu Patienten besteht - beispielsweise bei Verwaltungspersonal – dürfte eine Plicht nicht verhältnismäßig sein.
Ebenso wenig soll der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern Auskunft über ihren Impfstatus oder eine Genesung verlangen können. Ausgenommen sind die bereits angesprochenen medizinischen Berufe und wenige weitere. Ein Anspruch auf Auskunft ist in solchen Fällen schon von Gesetzes wegen gem. §§ 23a, 23 Abs. 3 IfSG erlaubt. Darüber hinaus stehen einem Auskunftsanspruch in den übrigen Fällen vor allem datenschutzrechtliche Belange entgegen. Gesundheitsdaten sind besonders geschützt und eine Datenverarbeitung nur unter strengen Voraussetzungen möglich, die regelmäßig nicht gegeben sind. Hinzu kommt, dass insbesondere durch Corona-Tests Schutzmaßnahmen ergriffen werden können, die einen weniger intensiven Eingriff darstellen.
Der Arbeitgeber kann aber sog. Impfanreize schaffen, wie z.B. im Unternehmen Corona-Impfungen durch den Betriebsarzt anbieten. Demgegenüber ist es rechtlich schwer haltbar, eine sog. Impfprämie auszuloben. Problematisch ist dies vor allem im Hinblick auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot.
Sinnvolle Gestaltungsmöglichkeit: Interne Richtlinie zur Rückkehr aus dem Homeoffice
Für Arbeitgeber empfiehlt sich, die Rückkehr der Arbeitnehmer aus dem Homeoffice zu regeln, insbesondere wenn bislang keine vertragliche Vereinbarung zum Homeoffice bestand. Dafür bietet sich eine interne Richtlinie bzw. Policy an. Diese sollte sich an der Corona-Arbeitsschutzverordnung orientieren. Zu regeln sind dabei etwa die Raumbelegung, die Reduzierung von Kontakten, wenn nötig eine Einteilung in Gruppen im Sinne eines Wechselmodells sowie die Festlegung bzw. Modifizierung eines betrieblichen Hygienekonzepts.
Auch sollte das Testkonzept geregelt werden und – vor allem im Hinblick auf die erhöhten Reiseaktivitäten in den Sommermonaten – eine Regelung zur Quarantäne – und Testpflicht.