Crowdworker sind keine Arbeitnehmer! Das LAG München und die Arbeitswelt 4.0

In seiner Entscheidung vom 04.12.2019 hat das LAG München entschieden, dass Crowdworker keine Arbeitnehmer sind. Jedenfalls dann nicht, wenn diese, wie in dem vorgelegten Fall die Möglichkeit haben, Aufträge abzulehnen und es insoweit an der notwendigen Weisungsgebundenheit fehlt.

Hintergrund des Verfahrens 

Crowdworking ist ein relativ neues Phänomen in der Arbeitswelt. So unterschiedlich die Tätigkeiten sind, die von der „Crowd“ erledigt werden, so steht dahinter letztlich doch immer das gleiche Prinzip. Unternehmen beauftragen einen Plattformbetreiber mit verschiedensten Kleinstaufträgen. Der Plattformvertreiber vergibt diese Aufträge wiederum an „seine“ Crowd, d.h. die auf seiner Plattform angemeldeten Nutzer. Die Nutzer bekommen über ihr Smartphone Aufträge in einem bestimmten Radius ihres aktuellen Standortes angezeigt. Sofern sie diese annehmen, müssen sie die Aufträge innerhalb eines gewissen zeitlichen Rahmens ausführen, um die entsprechende Entlohnung zu erhalten. So laden sie beispielsweise Bilder von der Warenauslage in Supermärkten hoch, liefern Daten aus ihrer Umgebung für Navigationssysteme oder prüfen für Tankstellenbetreiber die Preise der Konkurrenz. Da die Aufträge oftmals mit wenigen Klicks erledigt werden können, hat sich hierfür auch der Begriff des „Click Working“ herausgebildet.
 
Im streitgegenständlichen Verfahren hatte die aus den Niederlanden stammende Plattform Roamler, deren deutscher Sitz in München liegt, einem ihrer Nutzer nach vorherigen Unstimmigkeiten den Zugang zu ihrer Plattform gesperrt. Hiergegen wendete sich der Nutzer mit der Begründung, dass zwischen ihm und Roamler ein Arbeitsverhältnis entstanden sei und, da die erfolgte Sperre nicht die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung erfülle, dieses Arbeitsverhältnis auch noch bestehe.

Crowdworkern fehlt die persönliche Abhängigkeit

Maßgebliches Kriterium für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis besteht, und damit für eine Abgrenzung zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen, ist die sog. persönliche Abhängigkeit. Diese manifestiert sich maßgeblich dadurch, dass der Arbeitgeber Zeit, Ort und Inhalt der Dienstleistung bestimmt.
 
Das LAG München, wie zuvor auch das ArbG München, sah diese persönliche Abhängigkeit in der Beziehung zwischen Plattformbetreiber und Nutzer indes als nicht erfüllt an, da es an einer Verpflichtung des Crowdworkers fehle, die ausgeschriebenen Aufträge anzunehmen. Die persönliche Abhängigkeit folge insbesondere nicht daraus, dass der Kläger einen erheblichen Teil seines monatlichen Einkommens durch die Tätigkeit für Roamler erzielte. Denn eine solch wirtschaftliche Abhängigkeit, reiche nach der geltenden Gesetzeslage gerade nicht für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses aus.
  

Alles geklärt?

Das LAG-Urteil stellt einen ersten Meilenstein in der rechtlichen Einordnung von Crowdworkern und einer rechtssicheren Ausgestaltung der Verträge dar. Gleichwohl ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, hat das LAG die Revision zugelassen.

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