Urlaubsanspruch und Ruhezeiten

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möchten ihren Urlaub in aller Regel so effizient wie möglich planen. Dabei wird die Feiertags- und Feriensituation im Land oft schon zu Beginn des Jahres durchleuchtet, um möglichst viel Urlaub mit möglichst wenigen Urlaubstagen zu generieren (vgl. dazu unseren Newsletter-Beitrag „Brückentage und Urlaubsflut“ aus Mai 2018). Noch interessanter wird die Situation, wenn zusätzlich zu gewöhnlichen Feiertagen und Ferien arbeitsbedingt noch verpflichtende Ruhezeiten mit in die Überlegungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Urlaubsplanung einbezogen werden.

Sachverhalt
So befasste sich das Bundesarbeitsgericht in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (BAG v. 23.05.2018 – 5 AZR 303/17) mit einer Purserette (leitende Flugbegleiterin). Diese muss – tarifvertraglich vereinbart – innerhalb einer 24-Stunden-Periode eine Ruhezeit von mindestens zehn Stunden einhalten, die sich in aller Regel an einen längeren oder mehrere kürzere Flüge anschließt. Der Einsatz der Purserette wird von deren Arbeitgeberin in sog. „Umläufen“, das heißt in Flügen über ein oder mehrere Tage, geplant. Diese Umläufe werden zumeist verhältnismäßig kurzfristig geplant, sind aber jedenfalls bei der typischen Urlaubsplanung kaum absehbar. In dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Problem war insbesondere streitig, wie zu verfahren ist, wenn sich der bereits genehmigte Erholungsurlaub direkt an einen Umlauf anschließt und damit zumindest am ersten Urlaubstag mit der vorgeschriebenen Ruhezeit zusammenfällt. Die Purserette klagte letztlich auf Feststellung, dass ihre Arbeitgeberin in bereits genehmigten Urlaub fallende Ruhezeiten nicht mit dem Urlaub verrechnen dürfe. Dies sei sowohl mit dem geltenden Manteltarifvertrag als auch mit Unionsrecht nicht vereinbar. Insbesondere müsse sie während der Ruhezeit noch weitere dienstliche Vorschriften einhalten, die während des Erholungsurlaubs nicht gelten würden.

Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht wies diese Argumentation, ebenso wie die Instanzgerichte, zurück. Das Bundesarbeitsgericht argumentierte, dass die Zweckrichtung von Erholungsurlaub und Ruhezeit sehr ähnlich sei. Ferner dürfe ein Arbeitnehmer auch im Urlaub keine Erwerbstätigkeit ausüben, da dies dem Erholungszweck des Urlaubs widerspräche. Zudem träfe den Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses stets, das heißt sowohl während des normalen Feierabends oder Wochenendes als auch während des Erholungsurlaubs und innerhalb von vorgeschriebenen Ruhezeiten, die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, das außerdienstliche Verhalten so einzurichten, dass die ordnungsgemäße Ausübung der Tätigkeit nicht unmöglich gemacht wird. Darüber hinausgehende dienstliche Pflichten der Klägerin während der Ruhezeit konnten im Verfahrenszug nicht festgestellt werden. Ferner sei ein Zusammenfallen des Urlaubs mit einer vorgeschriebenen Ruhezeit auch mit nationalem Recht und Unionsrecht vereinbar. So werde Ruhezeit für Kabinenmitglieder etwa als fortlaufender, ununterbrochener und festgelegter Zeitraum im Anschluss an den Dienst oder vor dem Dienst, in dem das Besatzungsmitglied frei von Dienst, Bereitschaft und Reserve ist, definiert (vgl. Anhang 3 zu VO Nr. 3922/91 des Rates  vom 16.12.1991 (EWG)). Weitere Ansprüche an die Ruhezeit seien nicht ersichtlich. Ferner ergäben sich aus der RL 2003/88/EG und der Rechtsprechung des EuGH ausweislich des Bundesarbeitsgerichts keine Anhaltspunkte für ein Exklusivitätsverhältnis zwischen Erholungsurlaub und Ruhezeit.

Fazit
In dem Fall bestanden somit keine Besonderheiten für den Arbeitgeber, mit Blick auf die Urlaubsplanung und vorgeschriebene Ruhezeiten. Das Bundesarbeitsgericht betonte in seiner Entscheidung jedoch gleichzeitig, dass Urlaub nicht durch Ruhezeiten gemindert werden dürfe, wenn zusätzliche Vorschriften während der Ruhezeit zu beachten seien oder wenn sich dies aus sonstigen Umständen ergebe.

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