Sachverhalt

Mit dem bei einer Steuerberatungsgesellschaft tätigen Kläger wurde im Vorfeld der Streitigkeiten im Wege eines Aufhebungsvertrags die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Man einigte sich auf eine mehrmonatige Auslauffrist.

Der Arbeitgeber bemerkte noch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses, dass der Kläger seinen Status bei dem sozialen Netzwerk ,,XING‘‘ bereits von „Angestellter“ auf „Freiberufler“ geändert hatte. Der Arbeitgeber sah hierin einen Hinweis auf eine konkurrierende Tätigkeit und ging davon aus, der Arbeitnehmer verfolge das Ziel, seinem derzeitigen Arbeitgeber Kunden abzuwerben. Wegen der überwiegend berufsbezogenen Nutzung des Netzwerks sei ebenfalls davon auszugehen, dass der Kläger noch während seines Anstellungsverhältnisses aktiv freiberuflich Konkurrenz zur Kanzlei betreibe.

Aus diesen Gründen sprach der Arbeitgeber die fristlose Kündigung aus, gegen die sich der Arbeitnehmer mit seiner Klage wendet.

Entscheidung

Sowohl das Arbeitsgericht Köln, als auch das Landesarbeitsgericht Köln haben die außerordentliche Kündigung für unwirksam erklärt. Das Landesarbeitsgericht führte als Begründung an, dass die Änderung des beruflichen Status im sozialen Netzwerk ,,XING‘‘ keinen ausreichenden Grund für die fristlose Kündigung darstelle.

Das Landesarbeitsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass Arbeitnehmer zwar während des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich keine konkurrierenden Tätigkeiten ausführen dürfen, doch seien bloße Vorbereitungshandlungen für künftig geplante Tätigkeiten zulässig. Die Grenze zwischen der erlaubten Vorbereitungshandlung und der Konkurrenztätigkeit gilt demnach dann als überschritten, wenn jedenfalls Neben- bzw. Rücknahmepflichten aus §§ 241 II, 242 BGB in Verbindung mit den Regelungen im Arbeitsvertrag verletzt werden.

Das Arbeitsgericht Köln gibt jedoch zu bedenken, dass eine abweichende Beurteilung jedenfalls dann geboten sei, wenn über die Statusänderung hinaus mit der eigenen Tätigkeit geworben und somit erkennbar das Ziel verfolgt werde, Bestandskunden zu einem späteren Zeitpunkt übernehmen zu wollen. Allein die Änderung des beruflichen Status im Netzwerk ,,XING‘‘ führe demzufolge nicht zu einer konkurrenzfähigen Tätigkeit, so das Landesarbeitsgericht Köln. Gegen das Vorliegen eines zur Kündigung im Sinne des § 626 I BGB berechtigenden wichtigen Grundes sprach im vorliegenden Fall zudem, dass der Kläger in dem besagten sozialen Netzwerke im Übrigen keine Angaben dahingehend veröffentlicht habe, dass er Mandanten suche und somit gerade nicht für eine eigenständige Tätigkeit geworben habe. Berücksichtigung fand zudem der Umstand, dass der Kläger den Namen des Arbeitgebers auf seinem Profil unter der Rubrik ,,Aktuelle Tätigkeiten‘‘ angegeben hat. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Anhaltspunkte für die Praxis

Maßgebliches Kriterium zur Beurteilung der Frage, inwieweit es sich um einen zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Grund handelt, ist, ob ein außenstehender Nutzer des Netzwerks die Statusänderung so verstehen darf, dass der Arbeitnehmer mit dieser erklären möchte, nicht mehr für seinen vormaligen Arbeitgeber tätig zu sein, sondern – wie im hiesigen Fall –  nunmehr unabhängig als Freiberufler agiert.

Fazit

Die Nutzung sozialer Netzwerke und die damit einhergehende Frage, in welchem Umgang private und berufliche Angaben der Arbeitnehmer zulässig sind, gewinnen in der Praxis zunehmend an Gewicht. Ob der Arbeitnehmer die Grenze des Zulässigen überschreitet und aus der reinen Vorbereitung für die zukünftige Tätigkeit letztendlich eine Konkurrenztätigkeit wird, ist nur im Einzelfall festzustellen.

Immer häufiger finden arbeitsrechtliche Streitigkeiten ihren Ursprung in der Betätigung der Arbeitnehmer in sozialen Netzwerken. Daher ist es empfehlenswert, den Umfang der zulässigen Nutzung sozialer Medien bereits im Voraus vertraglich zu regeln.

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