Brexit: Informationen für Kunden britischer Finanzinstitute in Deutschland

Im Brexit-Streit ist kein klares Ergebnis ist erkennbar, ein sog. No-Deal Brexit aber sehr wahrscheinlich. Was bedeutet das für Kunden britischer Finanzinstitute in Deutschland, den Europäischen Pass und ist die deutsche Bankenaufsicht vorbereitet?

Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union, Brexit, ist nach einer ersten Fristverlängerung nun für den 12. April 2019 vorgesehen. Weitere Verschiebungen des Austrittsdatums bis zum 30. Juni 2019 oder auch darüber hinaus sind möglich und nicht völlig unwahrscheinlich. Nach vollzogenem Brexit jedoch, wird sich für britische und europäische Finanzinstitute und Aufsichtsbehörden einiges ändern. Viele britische Finanzinstitute nutzten bisher den sogenannten Europäischen Pass als Zugang zum europäischen Binnenmarkt. Im Ursprünglich verhandelten Austrittsabkommen war innerhalb der Übergangsfrist bis Ende 2020 auch der Europäische Pass weiterhin gültig. So würde ausreichend Zeit für notwendige Umstrukturierungen gewährleistet, um auch nach dem Brexit den Zugang zum europäischen Finanzmarkt zu behalten und die bestehenden Standorte erhalten zu können. 

Während sich die britische Regierung noch mit dem House of Commons über das tatsächliche Austrittszenario streitet, wird ein sogenannter No-Deal Brexit – ein Austritt ohne jegliches Abkommen – immer wahrscheinlicher. Ohne Abkommen würde auch der Europäische Pass seine Gültigkeit verlieren und damit die britischen Finanzinstitute ihre Lizenz für Deutschland und andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Das hat entsprechende Konsequenzen für die Kunden dieser Institute.

Maßnahmen bei Scheitern des Abkommens

In Deutschland wurden mit dem Brexit-Steuerbegleitgesetz bereits Maßnahmen für den Fall verabschiedet, dass es zum No-Deal-Brexit kommt. Dadurch erfolgen Änderungen im Kreditwesengesetz (KWG) sowie Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Diese Änderungen ermächtigen die BaFin, eine dem Austrittsabkommen ähnliche Übergangsfrist anzuordnen. Die Frist kann nur dann in bestimmten Bereichen angeordnet werden, wenn sie zur Vermeidung von Nachteilen für die Funktionsfähigkeit oder die Stabilität der Finanz- bzw. Zahlungsverkehrsmärkte notwendig ist. Der bisher genutzte Europäische Pass wäre dann zumindest noch auf Geschäfte, die in engen Zusammenhang mit bestehenden Verträgen stehen, anwendbar. Für Kunden britischer Finanzinstitute würde sich im Hinblick auf bestehende Verträge und deren Durchführung und sogar Ersetzung durch neue Geschäfte dann nichts ändern, wenn die BaFin ein solches Vorgehen anordnet. Die BaFin äußerte sich kürzlich dazu und gab an, dass sie diese Ermächtigungen nutzen werde und dort, wo es nötig wäre, entsprechende Maßnahmen erlassen würde. Natürlich ersetzten die Maßnahmen keinen Europäischen Pass für andere Länder, sondern betreffen einzig Transaktionen innerhalb Deutschlands.

Investmentfonds aus dem Vereinigten Königreich dürften ebenfalls weiter in Deutschland vermarket werden, so die BaFin. Dazu müsste in jedem Fall ein Anzeigeverfahren für die Vermarktung von Fonds aus Drittländern gem. §§ 320, 329 oder 330 KAGB bei der BaFin abgeschlossen werden. Entsprechende Anträge können bereits jetzt bei der BaFin eingereicht werden. Und auch hier ist die Reichweite auf Deutschland beschränkt.

Die BaFin erklärte sich außerdem bereit auf bilateraler Ebene mit der britischen Financial Conduct Authority (FCA) zusammen zu arbeiten. Hierzu wurde im Februar bereits ein Memorandum of Understanding (MoUs) – eine Vereinbarung als formale Grundlage für die Kooperation zwischen internationalen Behörden – verhandelt, welches u.a. den künftigen Austausch von wichtigen Marktdaten regelt.

Informationsangebote für Kunden

Die britische FCA veröffentlichte Informationen und Handlungsempfehlungen für britische Finanzinstitute für den Fall eines No-Deal-Brexit. Britische Banken sollen Vorbereitungen treffen, um in so einem Fall den Zugang zum europäischen Markt zu behalten und ihre Kunden darüber zu informieren, ob und in welcher Form sie ihre Geschäfte fortführen werden. Viele britische Finanzinstitute veröffentlichten bereits Informationen zum Brexit und über ihr weiteres Vorgehen für ihre deutschen Kunden.

Die BaFin veröffentlichte FAQs zum Brexit für Verbraucher und FAQs für Banken und Finanzdienstleistungsinstitute. Diese richten sich zwar nicht an Kunden, jedoch lassen sich damit viele Fragen, die in diesem Zusammenhang auftauchen, beantworten.

Der Bundesverband deutscher Banken unterhält ein Dossier, welches Zitate, Stellungnahmen, Interviews und Blogeinträge des Bankenverbandes zum Thema Brexit zusammenfasst.

Der britische Bankenverband UK Finance stellt auf seiner Website ein Informationsportal zum Thema Brexit zur Verfügung. Darüber sind tagesaktuell Artikel, Wirkungsanalysen, Berichte sowie Stellungnahmen zu Konsultationspapieren der FCA abrufbar.

Der Europäische Bankenverband EBF hat eine Übersicht aller europäischen Agenturen und Institutionen, europäischer Wirtschafts- und Verbraucherverbände sowie einiger nationaler Bankenverbände  zusammengestellt, die Informationen zum Brexit veröffentlicht haben.

Die Ratifizierung eines Umfänglichen Austrittsabkommens zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich ist aus finanzieller und wirtschaftlicher Sicht sicherlich die beste aller Brexitoptionen. Bei jedem möglichen Austrittsszenario kann mit der richtigen Beratung eine Lösung gefunden werden, die die Auswirkungen für Kunden britischer Finanzinstitute so gering wie möglich hält und (vorübergehend) abmildert. Dabei ist es allerdings wichtig zu verstehen, dass alle nationalen Übergangsregelungen eben genau solche sind und keine gesamteuropäische Regelung ersetzen. Alle Anträge, Anzeigen usw. müssen dem nationalen Recht der jeweiligen EU Mitgliedsstaaten entsprechen, in dem das jeweilige Geschäft angesiedelt ist. Es gibt keine unüberwindbaren Hürden und der Finanzsektor ist so umfassend wie möglich vorbereitet.    

 

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