Die Schweiz kämpft um Platz eins der Kryptowelt

Kryptowährungen und blockchainbasierte Kryptoanwendungen sind das heiße Thema auf den globalen Finanzmärkten. So ist der Kryptosektor auch in der Schweiz als Garant von hunderten Angestellten und einer sowohl stetigen als auch steilen Wachstumsrate ein Innovationstreiber. Initial Coin Offerings (ICO) und Initial Token Sales (ITS) sind so für Start-Ups zu einer beliebten Methode geworden, frisches Kapital einzusammeln. Doch obwohl die lokalen Behörden und Regulierer sich um ein investitionsfreundliches Klima bemühen, bleibt doch ein großes Hindernis bestehen; Weder in der Schweiz, noch in Deutschland oder dem Rest Europas trauen sich die Banken, Konten für Krypto-Start-Ups, geschweige denn für deren Erlöse zu eröffnen. Unter den Schweizer Banken gehörten dabei bisher noch manche zu den Vorreitern in diesem Bereich. Zwei Geldhäuser, darunter die Züricher Kantonalbank (ZKB), schließen nun jedoch ihre Tore und die Start-Ups müssen sich nach anderen Banken außerhalb der Schweiz umsehen.

1. Die Ausgangslage

Das Schweizer Kanton Zug, auch als „ Crypto Valley“ bekannt, beheimatet bereits eine Vielzahl von Anbietern virtueller Währungen; 200-300 kamen allein in den letzten Jahren dazu. Der Gedanke liegt nahe, dass in einem Land mit über 250 Banken mehr als eine Handvoll sich für das Geschäftsmodell öffnen. Doch in der Angst vor Betrug und fehlender Transparenz werden in vielen Ländern präventive Anstrengungen unternommen. Während bspw. in den USA der Regulierer, SEC, entsprechend tätig wird, sind es in der Schweiz jedoch die Banken, die vorsichtiger werden. Sie drängen gar die Regulierer mehr zu unternehmen und fordern Klarheit darüber, welche Regelungen zur Anwendung kommen sollen, bevor sie dem Kryptomarkt mit ihren Dienstleistungen zur Seite stehen. Die ZKB, ehemals eine der Banken, die die Schweizer Rolle als Kryptohub vorantrieben, ging 2017 so weit, bestehende Konten von solchen Anbietern zu kündigen.

2. Was genau machen die Banken?

Die größte Sorge, so meinen Insider, ist der niedrige Standard oder die generelle Abwesenheit von AML-Checks während eines ICO/ITS, sodass die Banken bei Fehlverhalten befürchten, selbst in die Haftung genommen zu werden ohne Einfluss durch eigene Compliancestrukturen. So bleibt als letzte sichere Möglichkeit aus Sicht der Banken oft nur sich zu verschließen. Heute gibt es nur noch wenige Banken, ggf. gar nur zwei, die sich dem Geschäftsmodell Kryptowährung öffnen und ihren Service und eine Kontoeröffnung an strikte KYC/AML Auflagen knüpfen. Der Rest hat langsam, aber stetig die offiziellen Verbindungen in den Sektor abgebrochen. Das Beispiel der ZKB zeigt, dass bestehende Konten nicht unbedingt sicher sind. Und wird ein Unternehmen gebeten, seine Einlagerungen zu einem anderen Institut zu bewegen, werden diese bis zur Eröffnung einer neuen Kontobeziehung unter Umständen eingefroren. Da Bitcoin, Ether, Ripple und andere virtuelle Währungen nicht von der breiten Masse auf dem Markt als Währung akzeptiert werden, sind die Unternehmen für diesen Zeitpunkt praktisch aus dem Wirtschaftskreislauf ausgeschlossen. In dieser Zeit können keine Rechnungen, Mitarbeiter oder neues Equipment bezahlt werden. So haben sich bereits mehrere Unternehmen gegen ein ICO in der Schweiz entschieden.

3. Wohin zieht es die Unternehmen?

Viele Unternehmen verlassen die Schweiz zugunsten von Überseerivalen wie den Cayman Inseln, Gibraltar, den Britischen Jungferninseln oder dem wohl beliebtesten Ziel Liechtenstein. Hier scheinen die Banken eine offenere Kultur zu pflegen und bieten weiterhin ein umfangreiches Paket an Dienstleistungen für die Kryptobranche, inklusive der Führung von Konten und Zahlungsmitteläquivalent. Die Attraktivität dieser Banken könnte auch einen Sog aus anderen großen Volkswirtschaften zur Folge haben, wenn auch die letzten Banken in der Schweiz dem Trend folgen. Malta könnte auch als Profiteur aus der Sache hervorgehen. Der Inselstaat befindet sich zurzeit im Prozess, ein umfangreiches Regelwerk für den Kryptomarkt zu beschließen. Kürzlich stattgefundene Gespräche zwischen dem Schweizer Finanzministerium, der Schweizerischen Nationalbank, dem Finanzmarktregulierer FINMA, der Schweizerischen Bankiervereinigung und weiteren Sektorinsidern nahmen sich der Steigerung der Attraktivität des Schweizer Finanzstandortes für den Kryptomarkt bereits an.

4. Was tut der Regulierer?

Der Gesetzgeber, Regulierer und Aufsichtsbehörden stehen ICO und ITS seit Beginn mit einiger Skepsis gegenüber, wodurch schlussendlich auch einige Marktteilnehmer, darunter nicht nur Banken, vorsichtiger wurden. Das Potential neuer Technologien im Kopf, haben in der Schweiz nun ausgerechnet Behörden dieser Skepsis den Kampf angesagt. Man arbeitet an neuen, umfassenden und klaren Regelwerken zum Blockchain und virtuellen Währungen inklusive Maßnahmen gegen Betrug und andere Arten von Finanzkriminalität. Man verspricht sich genügend Spielraum für Banken, sich im Kryptosektor wohlzufühlen und ihre Dienstleistungen auch auf diesem Markt anzubieten. Das Ziel ist die Rückeroberung des Status als das Zentrum der Kryptowirtschaft von den Britischen Jungferninseln und Gibraltar, die 2017 das Feld anführten und die Schweiz auf den sechsten Platz verwiesen. Bis der Entwurf des Finanzministeriums voraussichtlich zum Jahresende beschlossen ist, hat die FINMA separate Richtlinien zur Geldwäscheprävention und ICO/ITS Regulierung herausgegeben.

5. …und Deutschland?

Deutschland war in den letzten Monaten nicht unter den Top Standorten des Kryptomarktes. Ähnlich wie in der Schweiz und anderen großen Volkswirtschaften haben Kryptostart-Ups enorme Probleme ein Konto zu eröffnen oder den Tokenhandel (über eine Bank) abzuwickeln. Die BaFin gibt zwar langsam aber kontinuierlich Erklärungen und Leitlinien zur Regulierung von Token heraus. Eine umfangreiche Mitteilung, die Banken zur Öffnung hin zu virtuellen Währungen und zum Kryptomarkt ermutigen könnte bleibt sie jedoch schuldig. Um schließlich vom enormen technischen und wirtschaftlichen Potenzial der Branche zu profitieren, nicht von anderen abgehängt zu werden und zur Sicherung eines eigenen Platzes in diesem unbestreitbaren Zukunftssektor, gibt es noch einiges zu tun.

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