Anteile verkaufen, Geschäftsführer bleiben?

Arbeitslohn oder Veräußerungserlös im Fall der Veräußerung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter-Geschäftsführer?

Urteil des FG Köln vom 04. Dezember 2024, 12 K 1271/23 (Rev. eingelegt, BFH IX R 1/25)

  1. Die Abgrenzung zwischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünften aus der Veräußerung von Anteilen aus Kapitalgesellschaften ist unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen.
  2. Soweit der Veräußerungserlös rechtlich und tatsächlich an die weitere Ausübung der Geschäftsführertätigkeit geknüpft ist, liegt Arbeitslohn vor.

Gerade bei Veräußerungen von Start-ups oder Familienunternehmen in der Rechtsform der GmbH, soll oftmals der vormalige Gesellschafter-Geschäftsführer für einen gewissen Zeitraum weiterhin geschäftsleitend tätig sein, sodass insbesondere Know-how und Kundenkontakte erhalten und übergeleitet werden können. Soweit Kaufpreis-Bestandteile sich auf diese zukünftige Geschäftsführertätigkeit oder z.B. im Rahmen eines Earn-out auf zukünftige operative Ergebnisse beziehen, stellt sich die Frage, ob insoweit voll steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt oder ob auch dieser Teil des Kaufpreises als Veräußerungsgewinn nur zu 60 % besteuert wird (Teileinkünfteverfahren).

Das FG Köln hatte über diese Frage in einem Fall zu befinden, in dem der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Geschäftsführertätigkeit nach der Veräußerung fortführten sollte und dies im Kaufvertrag verankert war.

1. Worüber musste das FG entscheiden?

Der Kläger war zu 50 % an der A GmbH beteiligt. Zudem war er auch Geschäftsführer der Gesellschaft. Er verkaufte seine Anteile an der A GmbH zusammen mit seinem Mitgesellschafter an die D.

Der Kaufvertrag enthielt unter anderem die Regelung, dass ein Teil des Kaufpreises für die vom Kläger fortgeführte Geschäftsführertätigkeit, welche für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ausgeübt werden sollte, bestimmt ist. Zugleich wurde der Kläger durch den Kaufvertrag verpflichtet, bei verschuldeter vorzeitiger Beendigung der Geschäftsführertätigkeit den Kaufpreis anteilig zurückzuerstatten. 

Der Kläger berücksichtigte in seiner Einkommensteuererklärung den im Kaufpreis enthaltenen Betrag für die Fortsetzung der Geschäftsführung als Teil des Veräußerungspreises im Rahmen der Ermittlung des Gewinns i. S. v. § 17 EStG.

Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass der Teil des Kaufpreises, der für die Geschäftsführertätigkeit bestimmt ist, die Gegenleistung für die Fortführung der Geschäftsführung darstelle und demnach gem. § 19 i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG als Arbeitslohn zu versteuern sei.

2. Zu welcher rechtlichen Einschätzung kam das FG?

Die Abgrenzung zwischen den in Betracht kommenden Einkunftsarten ist mitunter schwierig, weil zwischen § 17 und § 19 EStG keine gesetzlich normierte Subsidiarität besteht, d.h. keine Einkunftsart nachrangig ist. Für die Differenzierung ist deshalb nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil v. 4.10.2016 – IX R 43/15, BFHE 255, 442 m. w. N.) der konkrete Veranlassungszusammenhang maßgeblich: es ist zu prüfen, ob die Einnahme „für“ eine Beschäftigung i. S. v. § 19 EStG gewährt wird oder für die Veräußerung einer Beteiligung i. S. d. § 17 EStG.

Das FG Köln hielt den streitgegenständlichen Kaufpreisbestandteil durch die Geschäftsführung veranlasst und daher für Arbeitslohn. Seine rechtliche Einordnung begründet es damit, dass der Anteil des Kaufpreises unter der Bedingung stand, dass die Tätigkeit als Geschäftsführer für eine Mindestdauer von fünf Jahren fortgeführt wird. Diese Bedingung wurde zudem durch die anteilige Rückzahlung bei Unterschreitung der Mindestdauer abgesichert. Demzufolge sei das Fortbestehen des Geschäftsführerverhältnisses notwendige Voraussetzung für die Vorteilsgewährung gewesen und eindeutig hierdurch veranlasst. Diese Verknüpfung werde nicht durch die Anteilsübertragung verdrängt.

3. Auswirkungen auf die Gestaltungspraxis bei Anteilskäufen

Die Bedeutung des Urteils des FG Köln für die Gestaltungspraxis bei Anteilskäufen im Bereich von Private-Equity sowie Venture Capital oder auch im Mittelstand ist unverkennbar. Gerade bei Transaktionen in diesen Bereichen arbeiten die Gesellschafter häufig auch als Geschäftsführer oder in einem anderen Anstellungsverhältnis in der von ihnen gegründeten Gesellschaft.

Die im Urteilsfall vorliegenden vertraglichen Vereinbarungen enthielten eine eindeutige Verknüpfung zwischen Fortführung der Geschäftsführertätigkeit und einem Teil des Kaufpreises. Deswegen ist nicht unbedingt zu erwarten, dass der Bundesfinanzhof im Rahmen der anhängigen Revision anders entscheiden wird.

In der Gestaltungspraxis wird sich weiterhin die Frage stellen, inwieweit man Kaufpreisbestandteile mit zukünftigen Tätigkeiten verknüpfen kann, ohne hierdurch steuerlich die Qualifizierung als Arbeitslohn zu verursachen. Hier gibt das FG Köln zumindest hilfreiche Anhaltspunkte. 

Bereits verwirklichte vergleichbare Sachverhalte sollten ggf., unter Berufung auf das anhängige Revisionsverfahren, durch einen Einspruch offengehalten werden.

Unabhängig davon, ob Sie auf Käufer- oder Verkäuferseite stehen – wir stehen Ihnen jederzeit mit unserer rechtlichen Expertise beratend zur Seite. Sprechen Sie uns gerne an!

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Die vorstehenden Ausführungen dienen nur der Information und ersetzen keine Rechts- oder Steuerberatung.

Bei der Erstellung des Artikels hat unser Rechtsreferendar Christian Müller mitgewirkt.

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