Tokenisierung von Nachhaltigkeits-Aspekten und CO2/Treibhausgas-Emissionen

Eines der wichtigsten Ziele der Politik im Zusammenhang mit dem Klimawandel ist die Verringerung der Treibhausgase ("THG") in unserer Atmosphäre. In diesem Zusammenhang werden die Unternehmen dazu angehalten, klimafreundlicher zu produzieren. Auch die Bevölkerung ist sehr daran interessiert, grüne Projekte zu unterstützen. In der Vergangenheit war dies entweder nur mit großem Aufwand oder durch Spenden möglich. Gerade Spenden für nachhaltige Projekte zur Reduzierung von Treibhausgasen standen jedoch neben einer Vielzahl von Projekten und spielten daher keine große Rolle.

Mit der zunehmenden Entwicklung der technischen Möglichkeiten steigt jedoch das Potenzial, sich aktiv an grünen oder nachhaltigen Projekten zu beteiligen. Dies gilt auch im Hinblick auf die prominente Blockchain- und Token-Technologie.

Grüne/nachhaltige Token

Basierend auf der Blockchain-Technologie werden derzeit verschiedene Möglichkeiten entwickelt, um z.B. den CO2-Fußabdruck des Tokeninhabers oder andere nachhaltige/grüne Aspekte zu verfolgen. Denkbar ist etwa ein Basismodell, bei dem Unternehmen ihre Nachhaltigkeits-Referenzen in die Blockchain aufnehmen und dadurch offenzulegen. Da eine der Hauptfunktionen der Blockchain darin besteht, dass sie öffentlich zugänglich ist, kann jeder auf die Informationen des entsprechenden Unternehmens zugreifen. Dadurch lassen sich Nachhaltigkeits-Referenzen des Tokeninhabers nachverfolgen und bewerten (z.B. um eine Investition zu planen).

Neben den zuvor erwähnten Offenlegungen von Informationen auf der Blockchain kann sich der Token auch unmittelbar auf nachhaltige/grüne Projekte beziehen. "Token" (technisch ähnlich wie Bitcoin, Ether oder Tether) sind digitale Repräsentationen von etwas, das typischerweise auf der Grundlage eines Blockchain-Protokolls übertragen werden kann. Dieses Etwas kann sich auf eine unendliche Vielzahl von Aspekten beziehen, die im Token kodiert werden können ("Tokenisierung"). Unterschieden wird hierbei unter anderem in zwei Grundtypen von Token: Fungible Token und nicht-fungible Token. Fungible Token können mit einer Banknote verglichen werden - es ist nicht wichtig, welche Banknote jemand genau besitzt, sondern vielmehr, dass überhaupt eine Banknote im Besitz ist. Nicht fungible Token können mit einem Gemälde verglichen werden - in diesem Fall ist es sehr wichtig, dass jemand das spezifische Gemälde besitzt und nicht nur eine Kopie. Letztere werden aufgrund dieser Differenzierung auch als nicht-fungible Token ("NFT") bezeichnet.

Eine der verschiedenen Möglichkeiten, nachhaltige Aspekte in Token zu integrieren, könnte darin bestehen, dass sich der Tokeninhaber verpflichtet für jeden Token oder NFT eine bestimmte Menge an CO2-Emissionen zu reduzieren. Da die Blockchain-Technologie öffentlich zugänglich ist, könnte jeder überprüfen, wie viele Token oder NFTs die jeweiligen Tokeninhaber besitzen, und somit beurteilen, wie viele CO2-Emissionen die jeweiligen Tokeninhaber reduziert haben (bzw. sich zur Reduzierung verpflichtet haben).

Solche Verpflichtungen müssen nicht nur auf Industrien bezogen sein, sondern können auch bei Privatpersonen zur Anwendung gelangen. Token könnten beispielsweise auch das Versprechen beinhalten, einen Baum zu pflanzen, sobald eine bestimmte Anzahl von Token an einen Teilnehmer auf der Blockchain übertragen wird. Der Anreiz an einem solchen System teilzunehmen, lässt sich erhöhen, wenn der zur Baum-Pflanzung verpflichtende Token ein zusätzliches, einmaliges feature enthält, welches Anreize für die Tokeninhaber schafft. Dies könnte etwa in Form eines NFTs in einem Video-/Online-Spiel geschehen, um den Anreiz zum Sammeln von NFTs (online im Spiel) zu erhöhen und dadurch zusätzlich auch einen tatsächlichen grünen Effekt auszulösen (Verpflichtung zum Pflanzen eines Baums).

Doch auch zur Informations-Zusammentragung von nachhaltigen Aspekten kann die Blockchain-Technologie bemüht werden. So könnte etwa die Menge der CO2-Emissionen in einer Lieferkette ermittelt werden: Jeder Token würde sich auf die CO2-Emissionen eines Teils des Produkts beziehen, so dass sich die Zuordnung der CO2-Emissionen zu den jeweiligen Produktionsschritten in einer Lieferkette leicht nachvollziehen lässt und somit Schlüsselpositionen für die Verringerung der CO2-Emissionen in dieser Lieferkette festgelegt werden können. Außerdem bietet es einen Gesamtüberblick über die CO2-Emissionen eines Produkts.

Tokenisierung von CO2/Treibhausgas-Emissionszertifikaten

Weitaus komplexer ist der Anwendungsbereich im Hinblick auf die Tokenisierung von CO2/Treibhausgas-Emissionszertifikaten.

Das Kyoto-Protokoll aus dem Jahr 2005 verpflichtet die teilnehmenden Länder zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Die Menge an Treibhausgasen, die im Rahmen bestimmter Aktivitäten emittiert werden darf, sollte durch CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikate abgebildet werden. Der Handel mit CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikaten wurde eingeführt, um Unternehmen einen Anreiz zu geben, klimafreundlicher zu werden. Wenn es ihnen beispielsweise gelingt, ihre THG-Emissionen zu reduzieren und sie daher keine CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikate benötigen, können sie diese CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikate an ein anderes Unternehmen verkaufen, das ansonsten seine THG-Grenzwerte überschreiten würde.

Mechanismus der CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikate

Für jede ausgestoßene Tonne Treibhausgas ist ein so genanntes CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikat erforderlich, das dem Unternehmen erlaubt, eine bestimmte Menge eines Treibhausgases in einem bestimmten Zeitraum auszustoßen. Obwohl nur eine begrenzte Anzahl von CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikaten auf dem Markt zur Verfügung steht, gibt es keine Höchstzahl pro Teilnehmer am CO2-Emissionszertifikatehandel ("Teilnehmer").

Mechanismus CO2 Emissionszertifikate 

Sollte ein Teilnehmer also absehen, dass die CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikate, die er beziehen kann, nicht ausreichen, um die von ihm emittierten Treibhausgasmengen zu decken, kann er seine CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikate durch den Kauf zusätzlicher CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikate aufstocken.

CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikat-NFTs auf der Blockchain

CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikate werden online gezogen/ausgestellt. Diese grundsätzliche Tendenz zur Digitalisierung vereinfacht die Umsetzung im Blockchain-/Token-Universum. Lediglich der Bezug von CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikaten muss über offizielle nationale Plattformen erfolgen, während der Handel dem Markt überlassen wird.

Der Handel von Bezugsrechten auf CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikate über die Verwendung von NFTs ist in seiner Entwicklung neu. Die Daten der NFTs enthalten in der Regel einen Verweis auf eine eindeutige Quelle außerhalb der Blockchain, die die NFT nicht fälschbar macht. Ein solcher Verweis könnte als spezifisches Bezugsrecht für ein CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikat gestaltet sein. Durch die Verwendung, der in einer NFT enthaltenen Daten, wird ein Teilnehmer in die Lage versetzt, ein bestimmtes CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikat auf einer offiziellen Plattform zu zeichnen (sogenannte Tokenisierung von CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikaten).

In diesem Zusammenhang können die NFTs den Zugang zu zukünftig zu schaffenden CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikaten digital vermitteln, die durch den Bezug (die Zeichnung) des CO2-Emissionszertifikats über die Eintragung in das Emissionshandelsregister (oder ein vergleichbares amtliches Register) dem jeweiligen Inhaber (Teilnehmer) des NFTs zugeordnet werden.

Dies ermöglicht nicht nur einen einfachen Handel mit CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikaten, sondern auch den Nachweis der Existenz von CO2/Treibhausgas -Zertifikaten durch den aktuellen oder früheren Inhaber des NFTs. Da die NFT auch anzeigt, wann ein Teilnehmer ein CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikat in Anspruch genommen (gezeichnet) hat, können diese Informationen von jedem Nutzer der Blockchain eingesehen werden. Somit kann jeder die bisherigen Ausgaben des Inhabers der NFT sowie die Menge, die ein Teilnehmer tatsächlich an CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikaten abgerufen (gezeichnet) hat, überprüfen.

Die Blockchain-Technologie und ihr eigener Treibhausgasausstoß

Die Tokenisierung grüner und nachhaltiger Projekte oder die Zeichnung von CO2/Treibhausgas -Emissionszertifikaten scheint ein einfacher Weg zu sein, sich an grünen oder nachhaltigen Projekten zu beteiligen sowie grüne oder nachhaltige Informationen aufzuspüren und zu veröffentlichen. In der Vergangenheit wurde jedoch der enorme Stromverbrauch der Bitcoin-Blockchain kritisiert, der dem Klimaschutzgedanken zuwiderlaufen würde.

Die Bitcoin-Blockchain basierte auf einer Technologie, die eine große Menge an Computerleistung erforderte, um die auf der Bitcoin-Blockchain durchgeführten Transaktionen zu validieren. Daher wurden oft viele Computer zusammengeschaltet, um das Bitcoin-Netzwerk zu betreiben. Es bestand ein großes Interesse daran, diese Anstrengungen zu unternehmen, da der Preis von Bitcoin erheblich gestiegen ist und die Betreiber als Belohnung für die Validierung von Transaktionen in die Bitcoin-Ausschüttungen einbezogen wurden. Man mag sich an Bilder von Lagerhäusern voller Computer erinnern. Der Gesamtstromverbrauch der Bitcoin-Blockchain wird oft mit dem eines kleinen Landes verglichen.

Im Bewusstsein des enormen Stromverbrauchs wandten sich die Blockchain-Unternehmer von Bitcoin-ähnlichen Validierungsmechanismen ab und entwickelten alternative Mechanismen. Der Stromverbrauch von Bitcoin-ähnlichen Blockchains war auch der Grund für eine der größten Blockchains (Ethereum), ihre Technologie auf einen neuen Validierungsmechanismus umzustellen. Ethereum gibt auf seiner Website bekannt, dass dadurch der jährliche Stromverbrauch um mehr als 99,988 % gesenkt und der CO2-Fußabdruck von Ethereum um ca. 99,992 % verringert werden soll (von 11.016.000 auf 870 Tonnen CO2). Derzeit baut die große Mehrheit der Blockchain-Projekte ihre Validierungstechnologie auf neuen alternativen Mechanismen auf, die im Vergleich zur Bitcoin-Blockchain deutlich weniger Energie benötigen.

Verfasst von Johannes Wirtz, Timo Foerster und Laura Volland

Insights

Mehr

Hohe Hürden für Kündigungen von langzeiterkrankten Arbeitnehmer:innen

Apr 29 2024

Mehr lesen

Entstehung und Abgeltung von Urlaubsansprüchen – Urlaubsanspruch bei Doppelarbeitsverhältnisse

Apr 29 2024

Mehr lesen

Variable Vergütung – Schadensersatz bei zu später Zielvorgabe

Apr 29 2024

Mehr lesen