Rechenzentren & Abwärme: Ein Überblick über die gesetzlichen Vorgaben zur Abwärmenutzung

Rechenzentren verbrauchen viel Strom, EU-weit knapp 3 % des gesamten Strombedarfs, und dieser Anteil dürfte sich noch weiter erhöhen. Mit der geänderten Energieeffizienzrichtlinie wird nun unter anderem auch die Energieeffizienz von Rechenzentren in den Fokus gerückt. Im Rahmen der Beurteilung und Verbesserung ihrer Energieeffizienz steht insbesondere auch die Abwärme und deren Nutzung im Vordergrund. Denn die IT-Infrastruktur in Rechenzentren produziert viel Abwärme. Bislang wird diese Abwärme im Wesentlichen unverändert an die Umwelt abgegeben. Das soll sich nun ändern.

Das Abwärmepotenzial soll genutzt werden – idealerweise auf dem eigenen Betriebsgelände, durch Einleitung in das lokale Wärmenetz oder die Nutzung zur Beheizung benachbarter Gebäude. Mit der Überwachung und Verbesserung der Energieeffizienz geht dabei nicht nur bürokratischer Aufwand einher, sondern vor allem auch die Suche nach passenden Abnehmern. Und dies gestaltet sich bislang noch nicht so leicht. 

Wir geben im Folgenden einen Überblick über die wesentlichen gesetzlichen Regelungen, insbesondere für Rechenzentren und im Hinblick auf die Nutzung von Abwärme.

Gesetzliche Grundlagen

Deutschland hat bereits Ende November 2023 das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verabschiedet. Während dieses für die meisten Unternehmen eher unspezifische Vorgaben enthält, deren Umsetzung und Überwachung näherer Ausgestaltung bedarf, werden für Rechenzentren spezifische Vorgaben zur Energieeffizienz und wiederverwendeter Energie gemacht.

Auf europäischer Ebene ist die Energieeffizienzrichtlinie 2023/1791 von Bedeutung. Diese wurde zuletzt im September 2023 geändert. Zudem hat die Europäische Kommission am 14.03.2024 eine delegierte Verordnung über die erste Phase der Einrichtung eines gemeinsamen Bewertungssystems der Union für Rechenzentren (C(2024) 1639) verabschiedet. Diese befindet sich noch in der 2-monatigen Prüfungsphase beim Rat der europäischen Union und dem Europäischen Parlament.

Einen Überblick über die Neuerungen finden Sie auch hier.

Wer ist verpflichtet?

Deutschland hat europaweit die höchste Anzahl an Rechenzentren, weltweit belegen wir hinter den USA und China Platz 3. Laut BMWK gibt es in Deutschland mehr als 3.000 Rechenzentren, davon 90 mit einer Leistung > 50 MW (so genannte „Hyperscale“-Rechenzentren).

Unter die Pflichten des EnEfG fallen jedoch nicht alle Rechenzentren, sondern nur Rechenzentren mit einer nicht redundanten Nennanschlussleistung ab 300 kW. Damit sind laut BMWK etwa 1.000 Rechenzentren in Deutschland vom Anwendungsbereich des EnEfG und damit auch den Abwärmevorgaben erfasst.

Vorgaben zur Abwärmenutzung

Die Energieeffizienzvorgaben für Rechenzentren unterscheiden sich in Vorgaben für die Energieverbrauchseffektivität sowie Vorgaben für den Anteil an wiederverwendeter Energie. 
Für Rechenzentren, die vor dem 01.07.2026 in Betrieb gehen oder gingen besteht keine Vorgabe für den Anteil an wiederverwendeter Energie, also keine Vorgaben zur Abwärmenutzung. 
Rechenzentren, die nach dem 01.07.2026 in Betrieb gehen, müssen einen Energieverbrauchseffektivitätswert von maximal 1,2 erreichen und die folgenden Vorgaben für die Abwärmenutzung erfüllen (§ 11 Abs. 2 EnEfG): 

  • Inbetriebnahme ab 01.07.2026: 10%
  • Inbetriebnahme ab 01.07.2027: 15%
  • Inbetriebnahme ab 01.07.2028: 20%

Die Vorgaben sind spätestens zwei Jahre nach der Inbetriebnahme im Jahresdurchschnitt dauerhaft zu erreichen (§ 11 Abs. 2 S. 2 EnEfG).

Für die Vorgaben zur Abwärmenutzung gibt es die folgenden Ausnahmen bzw. Fristverlängerungen (§ 11 Abs. 3 S. 1 EnEfG):

  • Der Anteil an wiederverwendeter Abwärme entspricht nach Inbetriebnahme durch nachträgliche Ereignisse und ohne Verschulden des Betreibers nicht mehr den Anforderungen.
  • Eine Vereinbarung zur Abwärmenutzung mit einer benachbarten Gemeinde oder einem Wärmenetzbetreiber mit einer konkreten Absicht zur Erfüllung der Vorgaben zur Abwärmenutzung innerhalb von 10 Jahren liegt vor.
  • Der Betreiber des lokalen Wärmenetzes hat ein Angebot zur Abwärmenutzung nicht innerhalb von sechs Monaten angenommen, obwohl der Rechenzentrumsbetreiber die notwendige Infrastruktur bereithält.

Unterbreitet ein Rechenzentrumsbetreiber einem Wärmenetzbetreiber ein Angebot zur Abwärmenutzung, muss der Wärmenetzbetreiber über die Kapazitäten des Wärmenetzes informieren (§ 11 Abs. 3 S. 2 EnEfG).

Darüber hinaus enthält das EnEfG auch für sonstige Unternehmen Vorgaben zur Wärmenutzung, die für Rechenzentren, soweit keine spezielleren Vorgaben greifen, auch anwendbar sind (§ 16 Abs. 4 EnEfG). § 16 Abs. 1 S. 1 EnEfG verpflichtet Unternehmen, die entstehende Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden und die anfallende Abwärme auf den Anteil der technisch unvermeidbaren Abwärme zu reduzieren, soweit dies möglich und zumutbar ist. Soweit Abwärme nicht vermieden werden kann, wie dies bei Rechenzentren der Fall ist, muss die anfallende Abwärme durch Maßnahmen und Techniken zur Energieeinsparung durch Abwärmenutzung wiederverwendet werden, soweit dies möglich und zumutbar ist (§ 16 Abs. 2 S. 1 EnEfG). Dabei sollen ausdrücklich auch Nutzungsmöglichkeiten der Abwärme auf dem Betriebsgelände sowie bei externen Dritten einbezogen werden (§ 16 Abs. 2 S. 2 EnEfG). Da Rechenzentrumsbetreiber auf dem eigenen Betriebsgelände in der Regel keine oder nur eine sehr geringe Nutzungsmöglichkeit für Abwärme haben, spielt die Nutzung durch externe Dritte eine übergeordnete Rolle.

Um Daten zur Abwärmenutzung zu erhalten und Angebot und Nachfrage zu verknüpfen, wurde durch die Bundesstelle für Energieeffizienz eine Abwärme-Plattform eingerichtet. Bis zum 31.03. eines jeden Jahres müssen auch Rechenzentrumsbetreiber die folgenden Daten für das vorangegangene Kalenderjahr mitteilen (§ 17 Abs. 1, Abs. 2 EnEfG):

  • Name des Unternehmens,
  • Adresse des Standortes oder der Standorte, an dem die Abwärme anfällt,
  • die jährliche Wärmemenge und maximale thermische Leistung,
  • die zeitliche Verfügbarkeit in Form von Leistungsprofilen im Jahresverlauf,
  • die vorhandenen Möglichkeiten zur Regelung von Temperatur, Druck und Einspeisung,
  • das durchschnittliche Temperaturniveau in Grad Celsius.

Dabei wurde die erste Mitteilungsfrist am 01.01.2024 (§ 20 Abs. 4 EnEfG) aufgrund des erst kurz zuvor inkraftgetretenen EnEfG vom BMWK bis zum 01.01.2025 ausgesetzt. Damit sind erstmals zum 01.01.2025 die Daten zu übermitteln und so dann jährlich zum 31.03.

Unabhängig von der Datenübermittlung für die Abwärme-Plattform, regelt § 17 Abs. 1 EnEfG, dass Unternehmen auf Anfrage von Betreibern von Wärmenetzen oder Fernwärmeversorgungsunternehmen und sonstigen potenziellen wärmeabnehmenden Unternehmen verpflichtet sind, Daten zu anfallender Abwärme bereitzustellen.

Energieeffizienzregister

Zusätzlich zur Abwärme-Plattform wurde bzw. wird sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene ein zentrales Rechenzentrums-Register eingeführt. Diese dienen zur Beurteilung der Energieeffizienz von Rechenzentren. Für die Zwecke dieses Registers müssen Rechenzentrumsbetreiber bestimmte Daten übermitteln. Welche Daten dies sind, ist in Anlage 3 des EnEfG bzw. in der Delegierten Verordnung über die erste Phase der Einrichtung eines gemeinsamen Bewertungssystems der Union für Rechenzentren (C(2024) 1639) gelistet.

In Deutschland ging das Energieeffizienzregister für Rechenzentren (Rechenzentrumsregister) im April 2024 an den Start. Betreiber von Rechenzentren mit einer nicht redundanten Nennanschlussleistung von 300 kW oder höher müssen sich registrieren und jährlich bis zum 31.03. bestimmte Daten zu Energieverbrauch und Energieeffizienz des vorangegangenen Jahres veröffentlichen (§ 13 Abs. 1 EnEfG). Für 2024 wurde diese Frist geändert. So müssen Betreiber von Rechenzentren mit einer redundanten Nennanschlussleistung von 500 kW oder höher die Daten bis zum 15.08.2024 übermitteln. Für kleinere Rechenzentren mit Nennanschlussleistung zwischen 300 kW und 500 kW gilt die Frist 01.07.2025. Zuständig für die Führung und Auswertung des Registers ist die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) des BAFA.

Auf europäischer Ebene wird die Europäische Datenbank über Rechenzentren eingeführt. Hier müssen die Betreiber erstmals zum 15.09.2024 und so dann zum 15.05. jährlich ihre Daten übermitteln. Unter den Anwendungsbereich fallen jedoch nur Rechenzentren mit einem Strombedarf für die installierte Informationstechnologie von mindestens 500 kW (Richtlinie 2023/1791, Art. 12 (1)). Jedoch wird in Deutschland die Datenübertragung zentral durch das BAFA vorgenommen, so dass Rechenzentrumsbetreiber ihre Daten nicht doppelt eingeben müssen.

Fazit: Herausforderungen bei der Abwärmenutzung

Während die Effizienzziele für Rechenzentren grundsätzlich begrüßenswert sind, werden die Energieeffizienzvorgaben bzw. deren Umsetzbarkeit in Branchenkreisen teils kritisch gesehen. Abgesehen vom ohnehin schon hohen Strompreis in Deutschland, muss nun auch der Ort für neue Rechenzentren so gewählt werden, dass möglichst passende Abwärmenutzer in der Nähe sind.

Denn es ist oft schon problematisch, für die bestehenden Rechenzentren bzw. die Erweiterung eines Rechenzentrums-Campus passende Abwärmeabnehmer zu finden. Während sich die Einspeisung in ein geeignetes Fernwärmenetz bei Vorhandensein anbieten mag, ist dieses lokal nicht überall darstellbar bzw. bedarf hoher Investitionen. Auch abnahmebereite Nachbarn sind nicht immer vor Ort.

So ist es zwar grundsätzlich eine gute Idee, die Abwärme von Rechenzentren nicht ungenutzt in die Umwelt abzugeben, sondern für das lokale Wärmenetz zu nutzen, doch wird sich zeigen, wie viele Betreiber die Vorgaben einhalten können oder sich auf die vorhandenen Ausnahmen berufen müssen. Die Abwärme-Plattform, wenn auch mit administrativem Aufwand verbunden, sollte bei der Umsetzung der Vorgaben und dem Finden geeigneter Abnehmer helfen.

 

Wenn Sie Fragen zu den Energieeffizienz- bzw. Abwärmevorgaben oder Mitteilungspflichten haben, kontaktieren Sie uns gerne.

 

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