Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung - Ein Überblick

„Wir haben heute das modernste Einwanderungsrecht der Welt beschlossen." Dies teilte Bundesministerin Nancy Faeser jüngst mit. Erklärtes Ziel des Gesetzes ist es, die Einwanderung von qualifizierten Personen zu erleichtern und so Unternehmen in Deutschland in den Herausforderungen des Fachkräftemangels zu unterstützen. 

Moderner – schneller – digitaler –familienfreundlicher

Die Einwanderung von Fachkräften basiert zukünftig auf einem Drei-Säulen-Modell.

Die erste Säule bildet als „Fachkräftesäule“ das zentrale Element der Fachkräfteeinwanderung. Eine der wesentlichsten Änderungen besteht darin, dass es fortan jeder Person, die über einen in Deutschland anerkannten Abschluss verfügt, ermöglicht wird jede Beschäftigung (in nicht reglementierten Berufen) auszuüben. Ein Zusammenhang zwischen dem Abschluss und dem Beruf ist somit nicht mehr erforderlich. Das Gesetz enthält ferner die Herabsetzung der erforderlichen Voraufenthaltsdauer für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für Inhaber einer Blauen Karte EU, sowie für Fachkräfte und deren Familienangehörige, und gestaltet die Einwanderung dadurch attraktiver.

Neben der Fachkräftesäule steht die „Erfahrungssäule“. Auch der Berufserfahrung wird fortan mehr Bedeutung beigemessen. Künftig kann eine Arbeitskraft mit zweijähriger Berufserfahrung und einem im Land des Erwerbs staatlich anerkannten Berufs- oder Hochschulabschluss einreisen, vorausgesetzt sie weist einen Arbeitsvertrag mit ausreichend hohem Gehalt nach. Eine Anerkennung des Abschlusses in Deutschland ist dann nicht mehr notwendig. Dies hat den enormen Vorteil der (Zeit-)Ersparnis von bürokratischen Vorgängen, die mit dem Anerkennungsverfahren zusammenhingen. Eine Anerkennung bleibt hingegen notwendig, wenn die geforderte Gehaltsschwelle nicht erreicht wird. Um den Arbeitsantritt dennoch zeitnah gewährleisten zu können, wird die Möglichkeit einer sog. Anerkennungspartnerschaft eingeführt. Dabei handelt es sich um einen neuen Aufenthaltstitel zur Beschäftigung mit begleitender beruflicher Anerkennung. Kennzeichnend für die Anerkennungspartnerschaft ist, dass die Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation erst vor Ort in Deutschland angestrebt werden muss. Sie verpflichtet den Ausländer sowie den Arbeitgeber nach Einreise oder nach Erteilung des Aufenthaltstitels, das Anerkennungsverfahren einzuleiten und aktiv zu betreiben. 

Als neuer Aufenthaltstitel wird ferner die sog. Chancenkarte und damit eine „Potenzialsäule“ eingeführt. Diese ermöglicht die Einreise und den Aufenthalt zur Arbeitssuche, basierend auf einem Punktesystem. Auswahlkriterien sind u.a. Qualifikation, Sprachkenntnisse und Berufserfahrung. Die Chancenkarte bietet die Möglichkeit der Probearbeit oder der Nebenbeschäftigung.

Neuerung rund um die Blaue Karte EU

Umfassende Änderungen sind auch rund um die Blaue Karte EU vorgenommen worden. Beispielsweise sieht das Gesetz die Absenkung der bestehenden Gehaltsschwelle auf 50 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung vor. Damit läge die Mindestgehaltsschwelle bei der diesjährigen Beitragsbemessungsgrenze bei nur noch 43.800 Euro pro Jahr. Darüber hinaus wurde eine Erhöhung der Anzahl für Engpassberufe vorgenommen. Ferner werden Arbeitgeberwechsel fortan erleichtert und der Familiennachzug vereinfacht. Eingeführt wurden auch Regelungen für die Ausübung von kurz- und langfristiger Intra-EU-Mobilität in der Bundesrepublik Deutschland für Inhaber einer Blauen Karte EU, die ein anderer Mitgliedstaat der EU ausgestellt hat.

Weitere Neuerungen

Auch für die Bildungsmigration sieht das Gesetz weitere Neuerungen vor. So wird Studierenden eine erweiterte Möglichkeit zur Nebenbeschäftigung während des Studienaufenthaltes eingeräumt. Ferner wird durch das Wegfallen von Zweckwechselverboten der Wechsel zwischen Aufenthalten zu Bildungs- und Erwerbszwecken vereinfacht.

Durch die Billigung auch des Bundesrates am 7. Juli 2023 kann das Gesetz nun an den Bundespräsidenten weitergeleitet, von ihm unterzeichnet und im Anschluss im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Dabei werden einzelne Regelungen voraussichtlich bereits diesen Herbst in Kraft treten.

Dies ist ein weiterer, großer Schritt dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel zu begegnen. 

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