ESG und Unternehmenskauf

Neben vielen anderen Bereichen spielen ESG-Themen auch bei Unternehmenstransaktionen eine zunehmend wichtige Rolle. ESG ist vermehrt ein Treiber von Transaktionen, wenn es für Unternehmen darum geht, das eigene ESG-Profil zu verbessern und zu schärfen. Dies gilt insbesondere für Finanzinvestoren, die eine nachhaltige Investmentstrategie verfolgen. Aber auch wenn die Schärfung des ESG-Profils nicht das Motiv für die Transaktion ist, legen Käufer zunehmend Wert darauf, Zielunternehmen auch im Hinblick auf mögliche ESG-Risiken im Rahmen der Due Diligence genauer zu durchleuchten.

Relevanz von ESG in M&A Transaktionen

Die steigende Relevanz von ESG-Themen in M&A Transaktionen hat verschiedene Gründe:

  • Investoren, insbesondere aus dem Bereich Private Equity, schreiben sich vermehrt auf die Fahne, in nachhaltige Unternehmen zu investieren.
  • Potenzielle Käufer wollen wissen, ob und welche Compliancerisiken sie sich im Hinblick auf gesetzliche Pflichten beispielsweise aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz einkaufen könnten.
  • Banken fragen im Rahmen der Transaktionenfinanzierung regelmäßig die Nachhaltigkeitsbemühungen des Zielunternehmens ab, um ihren eigenen gesetzlichen Pflichten nachzukommen. Kreditkonten können (wie bspw. bei sog. ESG linked loans oder Sustainability linked loans) an die Erreichung entsprechender Ziele geknüpft sein.
  • Nicht zuletzt kann es sich heute unter Reputationsgesichtspunkten kein Unternehmen mehr leisten, das Thema Nachhaltigkeit zu vernachlässigen und sich zusätzliche Risiken in die Gruppe bzw. das Portfolio zu holen.

Die Relevanz von ESG-Kriterien bei Unternehmenskäufen zeigt auch eine Studie von KPMG. Bei dieser wurden rund 200 Praktiker befragt, darunter strategische Investoren, Finanzinvestoren und Kreditgeber in den USA und Europa, dem Nahen Osten und Afrika, wie sich ESG auf ihre M&A-Transaktionen auswirkt. Knapp mehr als die Hälfte der Befragten (53%) gab an, dass Red Flags in Bezug auf ESG-Faktoren den Abbruch einer Transaktion zur Folge gehabt hätten. Die Umfrage zeigte auch, dass mehr als 60% der Investoren einen Aufschlag für ein Unternehmen zahlen würden, das einen hohen ESG-Standard aufweist.

Wie werden ESG-Themen im Rahmen einer Legal Due Diligence geprüft?

Die konkrete Prüfung von ESG-Aspekten im M&A-Prozess ist noch nicht standardisiert. Ohnehin wurden auch bisher viele ESG-relevante Themen im Rahmen der Legal Due Diligence geprüft, zum Beispiel in den Bereichen Compliance oder Umwelt. Hinzu kommen neue gesetzliche Anforderungen etwa aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder der EU Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD).

Neu ist, dass in Due Diligence Reports nunmehr häufig im Zusammenhang zu ESG-Themen berichtet und ein Gesamtbild des Zielunternehmens festgehalten wird. In diesem Abschnitt des Reports finden sich nicht nur Hinweise auf eventuelle Missstände und daraus folgende Risiken. Vielmehr gibt der Report Hinweise und Anregungen dazu, wie der ESG-Standard des Zielunternehmens nach Abschluss der Transaktionen durch gezielte Maßnahmen gesteigert werden kann.

Themenbereiche im Spotlight

In einer ESG-fokussierten Legal Due Diligence finden sich typischerweise die folgenden Themen:

  • Environmental: Emissionen, Abfallmanagement, Umgang mit gefährlichen Substanzen.
  • Social: Produktsicherheit, Arbeitsschutz, Arbeitsbedingungen, Lieferkettensorgfaltspflichten, Code of Conduct sowie Richtlinien des Zielunternehmens in Bezug auf Diversität, Chancengleichheit und Antidiskriminierung.
  • Governance: Managementstruktur und Vergütung, Datenschutz, Risikomanagement, Cybersecurity, Korruptionsprävention und Reportingstandards.

Berücksichtigung von ESG-Themen im Unternehmenskaufvertrag

Sofern sich ein identifiziertes ESG-Risiko (beispielsweise wegen zweifelsfrei notwendiger Beseitigung von Umweltschäden) finanziell bewerten lässt, kommt ein Abzug vom Kaufpreis in Betracht. Sofern im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ungewiss ist, ob und in welcher Höhe sich ein ESG-Risiko realisiert, kann der Käufer eine spezifische Freistellung fordern. Diese bewirkt, dass das Risiko wirtschaftlich beim Verkäufer verbleibt.

Sollte es um ESG-Themen gehen, die sich faktisch oder gestalterisch beheben lassen, kann der Käufer dies zur Bedingung für den Vertragsabschluss oder dessen Vollzug machen. Das kann etwa die Implementierung von ESG-relevanten Richtlinien im Zielunternehmen betreffen.

Ausblick

Die Bedeutung von ESG-Themen im Rahmen der Legal Due Diligence bei Unternehmenskäufen wird in den kommenden Jahren weiter deutlich zunehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund des European Green Deals rückt die EU die Nachhaltigkeit und den Klimawandel in den Fokus. Für Deutschland wird beispielsweise geschätzt, dass sich der Anwendungsbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD von aktuell rund 500 Unternehmen auf rund 15.000 Unternehmen ausweitet. Entsprechend häufiger wird die Einhaltung der Vorschriften in der Legal Due Diligence zu prüfen sein.

Wer künftig ein Unternehmen veräußern möchte, sollte das dieses möglichst frühzeitig im Hinblick auf ESG-Standards und kurzfristige Verbesserungspotentiale untersuchen. Eine Anhebung des ESG-Standards kann sich auf den Verkaufsprozess nachhaltig positiv auswirken, indem etwa ein breiterer Kreis von Interessenten in Frage kommt und diese bereit sind, einen attraktiveren Kaufpreis zu bezahlen. Entsprechend sollte auch in den Verkaufsmaterialien (Informationsmemorandum, ggf. Vendor Due Diligence Report) Wert daraufgelegt werden, die positiven ESG-Aspekte des Zielunternehmens hervorzuheben.

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