Das LNG-Beschleunigungsgesetz: Die wichtigsten Regelungen

In nur 10 Tagen hat das Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNG-Beschleunigungsgesetz) das Gesetzgebungsverfahren fast vollständig durchlaufen.

Am 10.05.2022 wurde der Gesetzesentwurf veröffentlicht (BT-Drs. 20/1742), am 12.05.2022 und 19.05.2022 im Bundestag beraten und mit wenigen Änderungen beschlossen (BR-Drs. 221/22). Unmittelbar im Anschluss stimmte auch der Bundesrat am 20.05.2022 zu. Beabsichtigt ist ein Inkrafttreten schon zum 01.06.2022.

Ziel des Gesetzes ist, die deutschen LNG-Terminals so schnell wie möglich zu bauen, um die Abhängigkeit von russischem Gas vermindern zu können. Ganz so schnell wie das Gesetzgebungsverfahren wird es wohl nicht gehen, aber zumindest stellt das LNG-Beschleunigungsgesetz den Beteiligten einige Möglichkeiten zur Verfügung, um den Genehmigungsprozess abzukürzen.

Wir stellen nachfolgend die wesentlichen Regelungen des LNG-Beschleunigungsgesetzes dar. Gerne können Sie uns bei individuellen Fragen zu Bedeutung, Ausmaß und Anwendung des LNG-Beschleunigungsgesetzes kontaktieren.

1. Anwendungsbereich

Das LNG-Beschleunigungsgesetz gilt gemäß § 2 für die Zulassung von:

  • stationären schwimmenden Anlagen zur Einfuhr, Entladung, Lagerung und Wiederverdampfung verflüssigten Erdgases,
  • stationären landgebundenen Anlagen zur Einfuhr, Entladung, Lagerung und Wiederverdampfung verflüssigten Erdgases,
  • Leitungen, die der Anbindung von Anlagen nach Nummer 1 oder Nummer 2 an die Gasversorgungsnetze dienen (LNG-Anbindungsleitungen),
  • Gewässerausbauten und Gewässerbenutzungen, die für Errichtung und Betrieb der Anlagen nach Nummer 1 oder Nummer 2 erforderlich sind, und
  • Dampf- oder Warmwasserpipelines, die für den Betrieb der Anlagen nach Nummer 1 oder Nummer 2 erforderlich sind.

Es gilt zudem nur für die in der Anlage genannten Vorhaben, also die geplanten LNG-Terminals in Brunsbüttel, Wilhelmshaven, Stade/Bützfleth, Hamburg/Moorburg, Rostock/Hafen und Lubmin (§ 2 Abs. 2).

2. Besonderes Interesse

In § 3 wird festgelegt, dass die umfassten Vorhaben für die sichere Gasversorgung Deutschlands besonders dringlich sind, die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der Bedarf zur Gewährleistung der Versorgung der Allgemeinheit mit Gas festgestellt wird und die schnellstmögliche Durchführung aus Gründen des überragenden öffentlichen Interesses und im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist.

Diese Festlegungen sind wichtig, um die Abwägungsentscheidungen der Genehmigungsbehörden und Gerichten zugunsten der LNG-Terminals zu vereinfachen.

3. Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 4 regelt Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung, die für alle oben bezeichneten Vorhaben mit Ausnahme der stationären landgebundenen Anlagen zur Einfuhr, Entladung, Lagerung und Wiederverdampfung verflüssigten Erdgases gelten.

Die Zulassungsbehörden dürfen das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) nicht anwenden, wenn die beschleunigte Zulassung des Vorhabens geeignet ist, „einen relevanten Beitrag zu leisten, um eine Krise der Gasversorgung zu bewältigen oder abzuwenden“. Das bedeutet, dass die Behörde von der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und der damit verbundenen Beteiligung der Öffentlichkeit abzusehen hat. Gemäß § 4 Abs. 4 sind der Öffentlichkeit vor Erteilung der Zulassung der Entwurf und die Begründung der Entscheidung, die wesentlichen Antragsunterlagen und die Gründe für die unterlassene Anwendung des UVPG für die Dauer von vier Tagen mittels Auslegung und Veröffentlichung auf der Internetseite zugänglich zu machen.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz hat die Europäische Kommission vor der Erteilung der Zulassungsentscheidung über die Gründe von der unterlassenen Anwendung des UVPG zu unterrichten und ihr die der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Informationen zu übermitteln (§ 4 Abs. 5).

4. Maßgaben für die Anwendung bestimmter Gesetze

4.1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und Industriekläranlagen Zulassungs- und Überwachungsverordnung

Die Anwendung des BImSchG wird in § 5 für die stationären schwimmenden Anlagen zur Einfuhr, Entladung, Lagerung und Wiederverdampfung verflüssigten Erdgases im Wesentlichen in Bezug auf die Auslegungs- und Einwendungsfristen des § 10 Abs. 3 BImSchG modifiziert, die erheblich verkürzt werden (Auslegungs- und Einwendungsfrist jeweils 1 Woche). Die Behörde kann einen Erörterungstermin durchführen, soweit sie diesen für erforderlich und zweckmäßig hält. Dieselben Modifikationen gelten auch im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 4 der Industriekläranlagen-Zulassungs- und Überwachungsverordnung (§ 5 Abs. 3).

Wesentlich ist die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 4, wonach die BImSchG-Genehmigung für die stationären schwimmenden und landgebundenen Anlagen zur Einfuhr, Entladung, Lagerung und Wiederverdampfung verflüssigten Erdgases bis zum 31.12.2043 zu befristen ist. Für einen anschließenden Weiterbetrieb kann die Genehmigung nur erteilt werden, wenn die Anlage mit klimaneutralem Wasserstoff und Derivaten hiervon betrieben wird. Eine solche Anschlussgenehmigung ist bis zum 01.01.2035 zu beantragen (§ 5 Abs. 2).

4.2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

Die Anwendung des BNatschG wird für alle Vorhaben außer den stationären landgebundenen Anlagen zur Einfuhr, Entladung, Lagerung und Wiederverdampfung verflüssigten Erdgases insofern modifiziert, als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Sinne des § 15 Abs. 2 BNatSchG bis zu zwei Jahre nach Erteilung der Zulassungsentscheidung erfolgen kann und mit der Umsetzung der Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Festsetzung zu beginnen ist (§ 6).

4.3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

Ähnlich wie das BImSchG wird auch die Anwendung des WHG in § 7 für alle Vorhaben außer den stationären landgebundenen Anlagen zur Einfuhr, Entladung, Lagerung und Wiederverdampfung verflüssigten Erdgases vor allem im Hinblick auf die Auslegungs- und Einwendungsfristen modifiziert (Auslegungs- und Einwendungsfrist jeweils 1 Woche). Ein Erörterungstermin kann durchgeführt werden, wenn die zuständige Behörde diesen für erforderlich hält.

Weiterhin wird in § 7 Nr. 4 festgelegt, dass die Entnahme und Wiedereinleitung von Wasser zum Zwecke der Regasifizierung in der Regel keine schädlichen, auch durch den Erlass einzuhaltender Nebenbestimmungen nicht vermeidbaren oder nicht ausgleichbaren Gewässerveränderungen zu erwarten sind.

4.4 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)

§ 8 modifiziert die Anwendung des EnWG insofern, als abweichend von § 43a EnWG die Auslegungs- und Einwendungsfrist jeweils 1 Woche beträgt und ein Erörterungstermin stattfinden kann, wenn die Behörde ihn für erforderlich hält.

Es wird festgelegt, dass Kampfmittelräumungen, archäologische Untersuchungen und Bergungen als Vorarbeiten im Sinne des § 44b gelten, der Vorhabenträger bereits nach Ablauf der Einwendungsfrist verlangen kann, dass das Verfahren zur vorzeitigen Besitzeinweisung durchgeführt wird und für den vorzeitigen Baubeginn bestimmte Voraussetzungen des § 44c nicht vorliegen müssen (Voraussetzungen bzgl. Reversibilität der Maßnahmen und des Vorliegens privater Rechte) (§ 8 Abs. 1 Nr. 2-4).

5. Vergabe- und Nachprüfungsverfahren

Beschleunigt werden nicht nur die Genehmigungsverfahren, sondern auch die Vergabe- und Nachprüfungsverfahren. § 9 Abs. 1 enthält dazu zahlreiche Regelungen, insbesondere die Modifikation einiger Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der Vergabeverordnung. § 9 Abs. 2 führt zur Beschleunigung in Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer und § 9 Abs. 3 enthält Maßgaben für die sofortige Beschwerde.

Unterhalb der Schwellenwerte des § 106 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist keine öffentliche Ausschreibung, keine beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb und kein sonstiger Teilnahmewettbewerb erforderlich (§ 9 Abs. 4).

6. Verfahrensanordnungen

Mit den weiteren Verfahrensanordnungen in § 10 wird geregelt, dass für ortsübliche und öffentliche Bekanntmachungen § 2 des Planungssicherstellungsgesetzes (PlanSiG) ohne Anwendung der darin enthaltenen Frist gilt. Das bedeutet, dass der Anschlag an einer Amtstafel oder die Auslegung zur Einsichtnahme durch Bekanntmachung im Internet ersetzt werden kann. Zudem ist bei einer unverzichtbaren Auslegung von Unterlagen oder Entscheidungen § 3 des PlanSiG ohne die darin enthaltene Frist anwendbar, das heißt die Auslegung kann durch Veröffentlichung im Internet ersetzt werden. Schließlich kann ein etwaig erforderlicher Erörterungstermin oder eine mündliche Verhandlung nach Maßgabe des § 5 PlanSiG durch eine Online-Konsultation ersetzt werden.

7. Rechtsbehelfe / Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

In § 11 wird geregelt, dass Rechtsbehelfe gegen Zulassungsentscheidungen für die von diesem Gesetz umfassten Vorhaben keine aufschiebende Wirkung haben.

Das Bundesverwaltungsgericht ist erst- und letztinstanzlich für Streitigkeiten zuständig (§ 12). Dies gilt auch für Zulassungen des vorzeitigen Baubeginns und Anzeigeverfahren sowie Genehmigungen nach dem BImSchG für Anlagen, die für den Betrieb von von diesem Gesetz umfassten Vorhaben notwendig sind.

8. Übergangsregelungen / Inkrafttreten / Außerkrafttreten

§ 13 enthält Regelungen zu vor dem Inkrafttreten des Gesetzes schon begonnenen Genehmigungsverfahren und der Anwendbarkeit der Beschleunigungsmöglichkeiten im laufenden Genehmigungsverfahren.

Nachdem das Gesetz am 20.05.2022 den Bundesrat passierte, wird ein Inkrafttreten schon zum 01.06.2022 anvisiert.

Gemäß § 14 tritt der Großteil der Vorschriften (§§ 1-10 mit Ausnahme von § 5 Abs. 2 und § 9 Abs. 2, 3 und 5) am 30.06.2025 außer Kraft. § 13 tritt am 30.06.2027 außer Kraft.

Speziell zum Thema der Umstellung der LNG-Terminals auf Wasserstoff, sehen Sie bitte unseren separaten Beitrag hier.

Sehen Sie zum Thema Versorgungssicherheit und dem nationalen Notfallplan Gas auch unseren Beitrag hier und zum Thema Gasspeicher hier.

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