Der neue Entwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit

Unabhängig von der Corona-ArbSchV, die am 27.01.2021 in Kraft getreten ist und bis zum 31.03.2021 zeitweise den Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitnehmern mit Bürotätigkeiten das Arbeiten aus dem Homeoffice anzubieten, liegt seit dem 14.01.2021 ein inzwischen zweiter Referentenentwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit vor.

Hauptunterschied zum ersten Entwurf aus Oktober 2020 ist, dass der Neuentwurf keinen Anspruch der Arbeitnehmer auf mobile Arbeit mehr vorsieht.

Was ist mobile Arbeit?

Nach dem Referentenentwurf sollen die Regelungen zur mobilen Arbeit künftig in den §§ 111 ff. der GewO zu finden sein. Dort soll sich auch eine Definition des mobilen Arbeitens finden: Demnach arbeitet ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin mobil, wenn er oder sie die geschuldete Arbeitsleistung unter Verwendung von Informationstechnologie außerhalb der Betriebsstätte von einem Ort oder von mehreren Orten seiner oder ihrer Wahl oder von einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort oder von mit dem Arbeitgeber vereinbarten Orten erbringt.

Die Begründung geht dabei davon aus, dass auch die Vereinbarung eines Telearbeitsplatzes im Sinne von § 2 Abs.7 ArbStättV eine zulässige Vereinbarung im Rahmen der mobilen Arbeit sein kann. Damit wäre im Verständnis des Entwurfs die Telearbeit ein Unterfall der mobilen Arbeit. Dies entspricht nicht dem bisher oft anzutreffenden Verständnis, wonach sich mobile Arbeit gerade dadurch auszeichnet, dass sie weder an das Büro, noch an einen festen häuslichen Arbeitsplatz gebunden ist.

Mit der Formulierung, dass mobile Arbeit „unter Verwendung von Informationstechnologie“ erfolge, soll nach dem Entwurf deutlich gemacht sein, dass Tätigkeiten, die berufsbedingte Mobilität voraussetzen und nicht unter Verwendung von Informationstechnologie ausgeübt werden können (z.B. Fahrdienste) nicht unter den Begriff der mobilen Arbeit fallen sollen.

Regelung nur für regelmäßige Mobilarbeit

Ausdrücklich soll mit dem Entwurf des Gesetzes zur mobilen Arbeit nur solche mobile Arbeit geregelt werden, die „regelmäßig“ stattfindet. Wobei unter regelmäßig etwa mehrmals in der Woche oder mehrmals im Monat bedeuten soll. Ausdrücklich nicht gelten soll das Gesetz für anlassbezogene mobile Arbeit. Hierunter versteht der Entwurf jede Form unregelmäßiger, oder auch kurzfristiger Mobilarbeit. Damit bleibt ein praktisch weiter Teilbereich der mobilen Arbeit letztlich ungeregelt.

Erörterungsrecht mit Zustimmungsfiktion

neue Entwurf sieht keinen Anspruch auf Homeoffice, aber eine Pflicht zur Erörterung vor, wenn der Mitarbeiter mitteilt, mobil arbeiten zu wollen. Wobei, zumindest nach dem Wortlaut nicht Voraussetzung des Wunsches ist, dass die Tätigkeit dazu überhaupt geeignet ist.

Der Arbeitnehmer teilt dem Arbeitgeber dazu seinen Wunsch nach mobiler Arbeit mit, sowie Beginn, Dauer, Umfang und Verteilung der mobilen Arbeit sowie die gewünschte Art der mobilen Arbeit (an einem oder mehreren Orten). Der Arbeitgeber hat dies dann einzelfallbezogen mit dem Ziel einer Vereinbarung innerhalb von zwei Monaten mit dem Arbeitnehmer zu erörtern. Dabei ist die Vereinbarung nicht an die zuvor geäußerten Wünsche gebunden. Wie genau diese Erörterung zu erfolgen hat, ob mündlich oder schriftlich, regelt der Entwurf nicht.

Kommt es nicht zu einer Vereinbarung, hat der Arbeitgeber seine ablehnende Entscheidung sowie deren Gründe spätestens zwei Monate nach Geltendmachung des Wunsches in Textform mitzuteilen. Die Gründe aus denen eine Ablehnung erfolgen darf, sind nicht näher benannt. Nach der Entwurfsbegründung dürfen sie lediglich nicht sachfremd oder willkürlich sein. Auch wie detailliert die Begründung gegenüber dem Arbeitnehmer ausfallen muss, bleibt offen.

Kommt der Arbeitgeber seiner Erörterungspflicht nicht nach oder genügt seine Ablehnung nicht den Anforderungen, regelt der neue § 111 Abs. 3 S. 2 eine gesetzliche Fiktion. Es gilt dann die vom Arbeitnehmer gewünschte mobile Arbeit für längstens sechs Monate als vereinbart. Was passieren soll, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers für das mobile Arbeiten von vorneherein ungeeignet war, beantwortet der Entwurf nicht. Hat der Arbeitgeber den Wunsch form- und fristgerecht abgelehnt, kann der Arbeitnehmer frühestens vier Monate nach Zugang der ablehnenden Entscheidung des Arbeitgebers erneut einen Wunsch nach mobiler Arbeit mitteilen.

Ende der mobilen Arbeit

Kommt die mobile Arbeit zustande und beträgt ihre Dauer mehr als sechs Monate, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer, soweit nichts anderes vereinbart ist, durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil die Beendigung der mobilen Arbeit mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats seit dem Beginn der mobilen Arbeit in Textform erklären. Vorbehaltlich anderslautender kollektiver Regelungen können die Arbeitsvertragsparteien die Vereinbarung über mobile Arbeit allerdings jederzeit einvernehmlich beenden.

Tarifliche und betriebliche Regelungen

Die Tarif- und auch Betriebsparteien können von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen treffen. Lediglich die Fiktionsregelung und teilweise die Regelung zum Arbeitsschutz sind davon ausgenommen.

Entsprechend soll auch durch das neue Betriebsrätestärkungsgesetz § 87 Abs. 1 BetrVG um eine Ziffer 14 mit einem neuen Mitbestimmungsrecht „Ausgestaltung von mobiler Arbeit“ ergänzt werden. Nach dem Wunsch des Referentenentwurfs umfasst das Mitbestimmungsrecht sowohl regelmäßige als auch anlassbezogene mobile Arbeit und geht insoweit über den Regelungsgehalt des Gesetzes zur mobilen Arbeit hinaus.

Das Mitbestimmungsrecht betrifft die inhaltliche Ausgestaltung der mobilen Arbeit. Dazu gehören zum Beispiel Regelungen über den zeitlichen Umfang mobiler Arbeit, über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit oder über den Ort, von welchem aus mobil gearbeitet werden kann und darf. Es können Regelungen zu konkreten Anwesenheitspflichten in der Betriebsstätte des Arbeitgebers, zur Erreichbarkeit, zum Umgang mit Arbeitsmitteln der mobilen Arbeit und über einzuhaltende Sicherheitsaspekte getroffen werden.

Arbeitsschutz

Die Regelungen des Arbeitsschutzes sollen nach dem Entwurf unberührt bleiben. Insbesondere hat der Arbeitgeber die bei mobiler Arbeit auftretenden Gefährdungen zu beurteilen, Arbeitsschutzmaßnahmen festzulegen und dies zu dokumentieren. Zu den Arbeitsschutzmaßnahmen gehört insbesondere eine Unterweisung im Hinblick auf die erforderlichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen.

Zeiterfassung

Nach dem Vorschlag sollen in einem neuen § 112 GewO Regelungen zur Arbeitszeiterfassung enthalten sein. Demnach soll die gesamte Arbeitszeit der regelmäßig mobil arbeitenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen täglich vollständig erfasst werden. Dies bedeutet, dass die Arbeitszeiten für mobil arbeitende Mitarbeiter mit Beginn, Dauer und Ende erfasst werden müssen. Damit geht der Entwurf über die derzeit geltenden Regelungen zur Dokumentation nach dem ArbZG hinaus.

Versicherungsschutz

Das Gesetz sieht außerdem eine Regelung zur Angleichung des Versicherungsschutzes vor. Schon nach geltendem Recht besteht bei mobiler Arbeit grundsätzlich der gesetzliche Unfallversicherungsschutz. Der Versicherungsschutz erstreckt sich neben der eigentlichen versicherten Tätigkeit auch auf sogenannte Betriebswege, zum Beispiel den Weg zum Drucker in einem anderen Raum. Dies gilt sowohl auf der Unternehmensstätte als auch bei mobiler Arbeit.

Unterschiede und damit Lücken im Versicherungsschutz gibt es dagegen bei Wegen z.B. im eigenen Haushalt zum Holen eines Getränks oder zum Essen. Diese Wege sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bisher zwar auf der Unternehmensstätte, aber nicht im Homeoffice versichert. Dies soll mit dem Gesetz angeglichen werden.

Einschätzung

Ob ein Gesetz auf Grundlage des Referentenentwurfs den gewünschten Effekt hat und zu mehr Flexibilität für Arbeitnehmer führt, ist fraglich. Denn letztlich lässt sich Flexibilität nicht verordnen und monatelange Verfahren sind vieles, aber nicht flexibel.

Vielleicht haben die Entwurfsverfasser dies auch erkannt und deshalb den Bereich der kurzfristigen und anlassbezogenen mobilen Arbeit gar nicht regeln wollen. Weshalb dann aber die regelmäßige mobile Arbeit in ein so enges Regelungskorsett gepresst wird, kann man sich fragen.

Praxistipp

Für Arbeitgeber bedeutet das Gesetz, dass hier zunächst die zuständigen Ansprechpartner für dieses Thema sensibilisiert werden sollten, denn wenn das Gesetz verabschiedet wird und in Kraft tritt, sollten diese in der Lage sein, einzuschätzen, wie ein solcher Antrag auf Homeoffice aussehen kann und wissen, dass dieser fristgebundenes Handeln erfordert. Außerdem sollte erwogen werden, mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur mobilen Arbeit zu verhandeln.

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