Arbeiten zur Karnevalszeit ist besonders belastend

Sachverhalt

Zwischen den Parteien herrschte Streit über den Inhalt eines Arbeitszeugnisses. Die Klägerin war von März 2013 bis August 2017 bei der Beklagten als Kellnerin beschäftigt. Dabei hat sie zumindest im Jahr 2017 den Freitag und Samstag nach Weiberfastnacht gearbeitet. In ihrem anschließend ausgestellten Arbeitszeugnis hat der Zusatz, sie habe „während der Karnevalszeit“ gearbeitet, keine Erwähnung gefunden. Die beklagte Arbeitgeberin stellte sich quer - diese beiden Tage seien nach ihrer Auffassung nach nicht von der „Karnevalszeit“ umfasst. Das wollte die Kellnerin nicht auf sich sitzen lassen und bat das Kölner Arbeitsgericht um Hilfe.

Entscheidungsgründe und Einordnung

Und wie erwartet, hatten die Kölner Arbeitsrichter eine genaue Vorstellung parat, wie „Karnevalszeit“ zu definieren sei. Denn auch wenn „die Karnevalszeit“ kein gesetzlich definierter Begriff sei, bestehe jedoch im Rheinland und insbesondere im Kölner Raum gerichtsbekannt kein Zweifel an dessen Auslegung. „Karnevalszeit“ umfasse danach die gesamte Hochzeit zwischen Weiberfastnacht (Donnerstag) bis Aschermittwoch. 
Das Arbeitsgericht billigte der Klägerin zu, dass der Zusatz, sie habe „zur Karnevalszeit“ gearbeitet, explizite Erwähnung in ihrem Arbeitszeugnis finden müsse (Urteil vom 11.01.2019, Az.: 19 Ca 3743/18). Grundsätzlich muss ein ordnungsgemäßes qualifiziertes Arbeitszeugnis neben der Dauer und Art des Arbeitsverhältnisses auch Angaben bezüglich der Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers enthalten. Und weil das Arbeiten während der Karnevalszeit im Kölner Stadtbereich gerichtsbekannt insbesondere für eine Kellnerin eine besondere „Knochenarbeit“ darstelle, habe diese auch einen Anspruch darauf, dass diese Leistung in ihrem Zeugnis ausdrücklich benannt werde.

Dass das Kölner Gericht mit dem Beschluss eine sehr weite Auslegung des Begriffs der „Karnevalszeit“ vertritt, dürfte nicht überraschend sein. Vermehrt schon haben sich die Kölner Richter als Spezialisten mit karnevalsbezogenen Rechtsfragen bewiesen.

So entschied das OLG Köln (Beschluss vom 16.06.2011, Az.: 5 U 61/11), dass ein Stoß mit der Hüfte während eines Karnevalszuges zum üblichen Umgang miteinander gehöre, weil bei einem Karnevalsumzug große Menschenmassen zusammenkommen und in einer ausgelassenen Stimmung getanzt und sich bewegt wird. Anlass des Rechtsstreits waren Schadensersatzansprüche einer Klägerin, die behauptete, die Beklagte habe sie während eines Karnevalsumzuges im Lauf durch einen Stoß zu Fall gebracht. Die Klage war erfolglos.

In einem Beschluss vom 10.02.2012 (Az.: 13 L 139/12) stellte das VG Köln fest, dass einzelne Karnevalsveranstaltungen trotz befürchteter Lärmbelästigungen als der „Traditionspflege im Rheinland“ und damit einem öffentlichen Bedürfnis dienend einzuordnen sind. Die Antragstellerin wollte gegen eine Genehmigung des Bürgermeisters vorgehen, eine Karnevalsveranstaltung trotz befürchteter Lärmbelästigung zur Nachtzeit durchführen zu lassen. Auch die Verwaltungsrichter entschieden „karnevalsfreundlich“ und lehnten den Antrag ab.

Der Entscheidung des Arbeitsgerichts ist nicht entnehmen, dass jede Beschäftigung während der Karnevalszeit als besondere Belastung wahrgenommen werden könnte. In dem Zusammenhang besteht insofern weiterhin Auslegungsspielraum. In diesem Sinne: HELAU!

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