Teurer als solo? Warum der Bundesfinanzhof Spar-Menüs unter die Lupe nimmt

Geschrieben von

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Michael Brüggemann

Counsel
Deutschland

Von Frankfurt aus berate ich nationale und internationale Mandanten in Bezug auf das deutsche Steuerrecht

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Thomas Schmidt

Associate
Deutschland

Als Associate in unserem Frankfurter Steuerrechts-Team berate ich nationale und internationale Mandanten im deutschen und internationalen Steuerrecht.

(Besprechung der BFH-Urteile vom 22.01.2025, XI R 19/23; sowie der Parallelentscheidung vom 22.01.2025, XI R 22/22)

Ein bestimmtes (Spar-)Menü kostet bei den gängigen, bekannten Fast-Food-Ketten für einen Verbraucher immer gleich. Die Höhe des Gewinns, den das Fast-Food-Restaurant mit dem Verkauf von an sich gleichwertigen (Spar-)Menüs erzielt, kann sich aus steuerlichen Gründen spürbar unterscheiden.

Der Unterschied ergibt sich aus der Höhe der anfallenden Umsatzsteuer, die das Fast-Food-Restaurant nach dem Verkauf an das Finanzamt abführen muss. Diese kann variieren und führt durch den feststehenden Endverbrauchspreis zu einer finalen Belastung für das Fast-Food-Restaurant.

In einer ersten Weichenstellung ist danach zu fragen, ob es sich bei dem Verkauf des (Spar‑)Menüs um eine ggf. ermäßigt besteuerte Lieferung oder eine nicht ermäßigt besteuerte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistung handelt. Wird dem Gast bei dem Verzehr vor Ort eine Räumlichkeit mit Tischen und Stühlen sowie einer Toilette bereitgestellt, wird man regelmäßig zu einer Restaurant- und Verpflegungsdienstleistung kommen, sodass der Regelsteuersatz von derzeit 19 % anfällt.

Hinweis: Im Koalitionsvertrag ist für Speisen in der Gastronomie zum 1. Januar 2026 eine Umsatzsteuerreduzierung auf 7 % vorgesehen; damit soll die zeitweise mit dem Corona-Steuerhilfegesetz vom 19. Juni 2020 eingeführte Sonderregelung dauerhaft etabliert werden.

Anders als beim Verzehr vor Ort stellt eine Take-Away-Bestellung eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung dar, da es grundsätzlich an relevanten Dienstleistungselementen fehlt. Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei einer solchen Lieferung aber nicht um eine einheitliche, sondern mindestens um zwei selbständige umsatzsteuerrechtliche Lieferungen, und zwar die des Getränks und der Speise(n). Diese Unterscheidung wirft Probleme auf, da im Ergebnis sowohl ermäßigt besteuerte Speisen als auch nicht ermäßigt besteuerte Getränke (oder sogar andere Gegenstände, wie z.B. Spielzeug für Kinder) geliefert werden.

Die Frage, welche die Praxis seit geraumer Zeit beschäftigt, ist: Wie ist das einheitliche Entgelt für (Spar-)Menüs auf die unterschiedlichen umsatzsteuerlichen Lieferungen aufzuteilen?

I. Auffassung der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung äußert sich zu dieser Frage in A 10.1 Abs. 11 UStAE. Dort heißt es unter anderem:

Bietet der Unternehmer die im Rahmen des Gesamtverkaufspreises erbrachten Leistungen auch einzeln an, ist der Gesamtverkaufspreis grundsätzlich nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise [d.h. zzgl. USt] aufzuteilen. Daneben sind auch andere Aufteilungsmethoden wie das Verhältnis des Wareneinsatzes zulässig, sofern diese gleich einfach sind und zu sachgerechten Ergebnissen führen. Die Aufteilung nach den betrieblichen Kosten ist keine gleich einfache Aufteilungsmethode und danach nicht zulässig.

Im Gegensatz zum Wareneinsatz umfassen die betrieblichen Kosten auch diejenigen für die hausinterne Aufbereitung der Speisen und Getränke. Hier fehlt es an einem eindeutigen Zuordnungsmaßstab, weshalb es in der Theorie für die Zuordnung bereits unterschiedliche Ansätze gibt. Dies dürfte ein Hauptgrund für die Ablehnung der Finanzverwaltung sein.

II. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (XI R 19/23 und XI R 22/22)

Im Verfahren mit dem Aktenzeichen XI R 19/23 hatte der Bundesfinanzhof (nachfolgend der „BFH“) darüber zu entscheiden, ob die vom Kläger verwandte Food-and-Paper-Methode („F&P-Methode“) zur Aufteilung des Gesamtverkaufspreises für ein Spar-Menü genutzt werden durfte. 

Bei der F&P-Methode werden die für die Produkte benötigten Waren zuzüglich des unmittelbar mit den Waren verbundenen Verpackungsmaterials addiert und in ein Verhältnis zueinander gesetzt. Dieses Verhältnis wird zur Aufteilung des Gesamtverkaufspreises genutzt. Folglich handelt es sich um eine Aufteilungsmethode nach dem Verhältnis des Wareneinsatzes.

Interessanterweise gingen die Umsatzsteuer-Referatsleiter nach einem nicht veröffentlichten BMF-Schreiben vom 01.12.2017, das dem bekennenden Senat vorlag, noch davon aus, dass die F&P-Methode eine anzuerkennende Aufteilungsmethode nach dem Verhältnis des Wareneinsatzes sei, da der Wareneinsatz durch exakt festgelegte Rezepturen ganz konkret einzelnen Produkten zugeordnet werden könne. Erst während der Betriebsprüfung bei der Klägerin im Jahr 2018 wurde eine interne Anweisung erteilt, dass aus Sicht der Finanzverwaltung die Aufteilung beim Verkauf von Sparmenüs außer Haus im Verhältnis der Einzelverkaufspreise zu erfolgen habe.

Dem trat der BFH entgegen und stellte in den Entscheidungsgründen fest, dass die erforderliche Aufteilung nicht immer nach (gegebenenfalls fiktiven) Einzelverkaufspreisen erfolgen müsse. Ausnahmen hiervon seien möglich. Notwendige Voraussetzung hierfür sei aber jedenfalls, dass die angewendete Methode zumindest ebenso sachgerecht ist wie die grundsätzlich vorrangig vorzunehmende Aufteilung nach Einzelverkaufspreisen.

Die F&P-Methode sei aber nicht ebenso sachgerecht, weil sie teilweise dazu führe, dass in einem Menü der Preis eines Lebensmittels mit einem hohen Wareneinsatz (zum Beispiel eines Burgers) deutlich über dem Einzelverkaufspreis dieses Lebensmittels liege.

Beispiel:

Einzelverkaufspreise

F&P-Methode

Burger

8,99 EUR

Burger

10,00 EUR

Pommes Frites

2,79 EUR

Pommes Frites

1,50 EUR

Getränk

3,99 EUR

Getränk

1,49 EUR

Gesamtpreis:

15,77 EUR

Preis des Spar-Menüs

12,99 EUR

 

Gegen ein sachgerechtes Ergebnis spräche zudem, dass bei Veränderung der Einkaufspreise für den Wareneinkauf eine sofortige Berücksichtigung dieser Änderung bei der F&P-Methode erfolge, obwohl die Neuware in der Regel erst eine Woche später in den Filialen zum Verkauf komme.

Zumindest ersteren Begründungsansatz des BFH versuchte der Kläger in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen XI R 22/22 zu begegnen, indem in manchen Fällen eine Kappung auf den Einzelverkaufspreis erfolgte, wobei für alle Speisen und alle Getränke die Einzelverkaufspreise addiert wurden. Auch diese modifizierte F&P-Methode lehnte der BFH als nicht sachgerecht ab. Die Notwendigkeit einer Kappung selbst spräche schon gegen einen sachgerechten Aufteilungsmaßstab.

Damit sollten Steuerpflichtige, die sich für die Aufteilung des Gesamtverkaufspreis nach dem Verhältnis des Wareneinsatzes entschieden haben, ihre Wahl überprüfen.

III. Was bedeutet das für die Praxis?

Die beiden Entscheidungen zeigen, dass bei Menü-Angeboten in der Systemgastronomie weiterhin Vorsicht bei der Preisaufteilung geboten ist, wenn von der Aufteilung nach den Einzelverkaufspreisen abgewichen wird oder werden soll. Die alternative Methode muss sich an wirtschaftlich nachvollziehbaren Maßstäben orientieren. Methoden, die zu unsachgerechten Ergebnissen führen, können auch nicht durch Kappungsgrenzen korrigiert werden. Nach den neuen Urteilen vom 22. Januar 2025 dürften abweichende Aufteilungsmaßstäbe wieder verstärkt in den Fokus von Betriebsprüfern geraten.

Die neue Rechtsprechung ist nicht nur von Systemgastronomen zu beachten, sondern betrifft unter Umständen auch Imbissbuden, Bäckereien, Caterer und viele mehr.

Unabhängig hiervon bedeutet es für Unternehmen, dass sie bei der Aufteilung von Menü-Angeboten sorgfältig dokumentieren sollten, wie sie zu ihrer Preisgestaltung gekommen sind und aus welchem Grund sie diese als sachgerecht angesehen wird. Diese Dokumentation ist entscheidend, um bei einer Betriebsprüfung erfolgreich abschließen zu können. 

Haben Sie Fragen zur Aufteilung von Menü-Angeboten in ihrem Unternehmen? Sprechen Sie uns gerne an.

***

Die vorstehenden Ausführungen dienen nur der Information und ersetzen keine Rechts- oder Steuerberatung.

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