Bundeskabinett beschließt Entlastungen beim Lieferkettengesetz

Geschrieben von

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Dr. Matthias Spilker, LL.M.

Partner, Co-Head of the Automotive & Mobility Group
Deutschland

Der Schwerpunkt meiner Beratung liegt auf gerichtlichen (Litigation, Arbitration) und außergerichtlichen Rechtstreitigkeiten und komplexen Wirtschaftsverträgen, beides mit einem Fokus auf Mandanten aus den Sektoren Automotive & Mobility sowie Energie. Besonders spezialisiert bin ich auf Lieferkettenstreitigkeiten. Ich bin Co-Leiter der Internationalen Automotive & Mobility Group von Bird & Bird und Partner in der Dispute Resolution und der Commercial Group der Kanzlei. Zudem bin ich Co-Leiter der deutschen ESG-Group.

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Daniel Achtelik

Associate
Deutschland

Als Rechtsanwalt unserer Praxisgruppen Commercial, Dispute Resolution und Compliance in Düsseldorf sowie Mitglied der Automotive Sektorgruppe und der deutschen ESG-Gruppe berate ich nationale und internationale Unternehmen in einer Vielzahl wirtschaftsrechtlicher Angelegenheiten, streitigen Verfahren und Compliance-Fragen im Bereich ESG.

Berichtspflicht entfällt – Sanktionen werden beschränkt

Am 3. September 2025 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) verabschiedet. Im Mittelpunkt der vorgeschlagenen Reform stehen die Abschaffung der Berichtspflicht und die Verschlankung der Sanktionsmechanismen. 

Hintergrund der Reform

Das LkSG ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Es verpflichtet aktuell Unternehmen ab 1.000 Arbeitnehmern im Inland, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Zudem ist auf EU-Ebene am 25. Juli 2024 die auch als EU-Lieferkettenrichtlinie bekannte Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) in Kraft getreten. Die CSDDD legt betroffenen Unternehmen gegenüber dem LkSG verschärfte Sorgfaltspflichten auf, um weltweit Menschenrechte und die Umwelt entlang der gesamten Lieferkette zu schützen. Am 26. Februar 2025 hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für ein Omnibus-Paket („Omnibus I“) veröffentlicht, der u.a. zahlreiche Lockerungen der CSDDD vorsieht.1  Durch die im Zuge von Omnibus I am 17. April 2025 in Kraft getretene „Stop-the-clock-Richtlinie" (Richtlinie (EU) 2025/794) wurde die Umsetzung der CSDDD in nationales Recht um ein Jahr bis zum 26. Juli 2027 verlängert. 

Die Gesetzesinitiative der Bundesregierung zielt nun darauf ab, bürokratische Lasten in der Übergangsphase bis zur nationalen Umsetzung der CSDDD zu begrenzen und gleichzeitig die praktische Handhabbarkeit des LkSG zu verbessern.

Kernpunkte der Gesetzesänderung

  1. Abschaffung der Berichtspflicht
    Der Regierungsentwurf sieht vor, dass die Berichtspflicht über die Einhaltung der Sorgfaltspflichten (§ 10 Abs. 2-4 LkSG) und damit verbundene Pflichten (§§ 12, 13 LkSG) rückwirkend zum 1. Januar 2023 ersatzlos entfallen. Bislang hatte das BAFA die Berichtspflicht wiederholt lediglich faktisch ausgesetzt, zuletzt bis zum 31. Dezember 2025.
  2. Reduzierung der Bußgeldtatbestände
    Ferner soll der Bußgeldtatbestand (§ 24 LkSG) verschlankt werden. Zukünftig sollen nur noch schwerwiegende Verstöße gegen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten sanktioniert werden. Bußgelder zu befürchten haben demnach nur Unternehmen, die in Bezug auf ein menschenrechtliches Risiko Präventions- oder Abhilfemaßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig ergreifen oder ein Abhilfekonzept nicht oder nicht rechtzeitig erstellen bzw. umsetzen sowie kein Beschwerdeverfahren einrichten. Ausreichend ist nach wie vor ein einfach fahrlässiger Verstoß. Zumindest nach dem LkSG sollen für Verstöße gegen umweltbezogene Sorgfaltspflichten aber keine Bußgelder mehr fällig werden.

Welche Auswirkungen hat die vorgeschlagene Reform auf die Praxis?

Das Fundament des LkSG bleibt unberührt. Die im LkSG geregelten Sorgfaltspflichten für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern im Inland gelten fort. Dies umfasst die Einrichtung von Risikomanagementsystemen, die Durchführung jährlicher und anlassbezogener Risikoanalysen im eigenen Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern, die Implementierung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung zur Menschenrechtsstrategie. Die betroffenen Unternehmen werden die Erfüllung der Sorgfaltspflichten trotz Abschaffung der Berichtspflicht weiterhin dokumentieren müssen (§ 10 Abs. 1 LkSG). Für Unternehmen, die der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) unterfallen, wirkt sich die Abschaffung der Berichtspflicht im LkSG von vornherein nicht aus.

Ausblick: CSDDD bringt neue Herausforderungen

Die vorgeschlagene Reform führt lediglich zu einem partiellen Bürokratieabbau. Eine deutliche Entlastung oder gar Abschaffung des LkSG – wie noch im Koalitionsvertrag anvisiert – stellt die Gesetzesnovelle nicht dar. Nach aktuellem Stand muss Deutschland die CSDDD bis zum 26. Juli 2027 in nationales Recht umsetzen. Die Streichung der Berichtspflicht dürfte daher nur temporärer Natur sein. Denn ab dem Anwendungsbeginn des neuen Gesetzes sind Unternehmen wieder verpflichtet, einen Bericht abzugeben, der allerdings in den CSRD-Nachhaltigkeitsbericht integriert werden kann. 

Vor diesem Hintergrund sollten sich Unternehmen trotz Omnibus I auf strengere Sorgfaltspflichten und einen erweiterten Risikokatalog einstellen. Darüber hinaus dürfte es ratsam sein, die laufenden politischen Diskussionen und Gesetzgebungsverfahren, insbesondere Omnibus I, aufmerksam zu verfolgen.

 

1Siehe dazu ausführlich: https://www.twobirds.com/de/insights/2025/germany/omnibus-simplification-verffentlicht--eindmmung-des-anwendungsbereichs-und-der-prfungsanforderungen.
 

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