News zu Open-House Verträgen

Geschrieben von

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Dr. Alexander Csaki

Partner
Deutschland

Als Partner der Praxisgruppe Öffentliches Wirtschaftsrecht berate ich hauptsächlich Mandaten im Gesundheitssektor, im Bereich Verkehr sowie Sicherheit- und Verteidigung, wobei vergabe-, sozial-, regulierungs- und europarechtliche Fragestellungen die tägliche Praxis bestimmen.

clara schmitz Module
Clara Schmitz, LL.M.

Associate
Deutschland

Als Associate in unserer Praxisgruppe Öffentliches Wirtschaftsrecht in München berate ich sowohl Unternehmen als auch die öffentliche Hand in den Bereichen des Öffentlichen Wirtschafts- und Vergaberechts.

Open-House Verfahren sind weiter auf dem Vormarsch. Auch die aktuelle Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt beschäftigte sich anknüpfend an die Beschaffung von Arzneimittelrabattverträgen und unter Berücksichtigung der europäischen und deutschen Rechtsprechung mit den möglichen Ausgestaltungen von Open-House Verfahren.

 

Open-House Verfahren

Bei Open-House Verfahren handelt es sich nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung um eine Beschaffungsart außerhalb des Vergaberechts. Denn anders als bei einem wettbewerblichen Verfahren, trifft der öffentliche Auftraggeber bei einem Open-House Verfahren keine Auswahlentscheidung zwischen den interessierten Unternehmen. Vielmehr kann jedes Unternehmen dem Verfahren beitreten, das die festgelegten Zulassungsvoraussetzungen erfüllt. Ein Beitritt ist zudem, anders als bei einem wettbewerblichen Verfahren, auch grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt während der Vertragslaufzeit möglich. Grundvoraussetzung eines Open-House Verfahrens ist aber, dass der öffentliche Auftraggeber die Bedingungen im Vorhinein für alle Unternehmen gleich festsetzt, sodass jedes Unternehmen dem Vertrag zu gleichen Bedingungen beitreten kann.

Die erste EuGH-Entscheidung zu Open-House erging im Jahr 2016 zu einer Beschaffung von Arzneimittelrabattverträgen der gesetzlichen Krankenkasse. Dabei legte der EuGH erstmalig fest, dass es sich mangels Auswahlentscheidung gerade nicht um ein den vergaberechtlichen Regeln unterliegendes Verfahren handelt. Freilich sind dennoch die allgemeinen Grundsätze der Gleichbehandlung, Transparenz und Nichtdiskriminierung bei der Beschaffung in Form eines Open-House Verfahrens zu beachten.

Auch außerhalb des Vergaberechts eine willkommene Alternative

Seit der ersten Entscheidung im Jahr 2016 sind weitere Entscheidungen gefolgt, auf europäischer Ebene außerhalb der Beschaffung von Arzneimittelrabattverträgen. Dennoch wird das Open-House Verfahren erst seit kurzem vermehrt auch in Deutschland außerhalb des Arzneimittelbereichs angewendet.

Das Open-House Verfahren bietet für öffentliche Auftraggeber einige Vorteile, insbesondere die erhöhte Anzahl an Rahmenvertragspartnern oder aber auch die Flexibilität bei den Abrufen. Insbesondere dann, wenn sich Qualität und Preis der verschiedenen interessierten Unternehmen nur geringfügig unterscheiden, ist das Open-House Verfahren dadurch eine sehr willkommene Alternative. Dies ist zum Beispiel bei Vermessungs- und/oder Prüfleistungen der Fall, da sich hier Preis und Qualität aus Richtlinien ergeben. Aber auch in weiteren Bereichen, wie der Beschaffung von Büchern, Hotelleistungen, etc. kann ein Open-House Verfahren viele Vorteile bieten.

Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt

Das LSG Sachsen-Anhalt hat sich insbesondere zu zwei wichtigen Fragen des Open-House Verfahrens bei der Beschaffung von Arzneimittelrabattverträgen verhalten. Zum einen wurde dargelegt, dass die Vorgabe des § 130a Abs. 8 Satz 5 SGB V – die Unberührtheit des Preismoratoriums und des Generikarabattes – auch bei einem Vertragsschluss ohne Wettbewerb im Open-House Verfahren gelte. Eine Geltung des § 130a Abs. 8 SGB V lediglich für wettbewerbliche Verfahren ließe sich dem § 130a SGB V nicht entnehmen. Vielmehr eröffnet der ausdrückliche Wortlaut keinen Interpretationsspielraum für eine Beschränkung auf eine bestimmte Beschaffungsart des Arzneimittelrabattvertrages, auch wenn die Unternehmen die Preise in einem Open-House Verfahren anders als bei wettbewerblichen Verfahren nicht selbst kalkulieren können.

Zum anderen verstoße eine Rabattvorgabe in Form einer festen Prozentzahl für jedes teilnehmende Unternehmen nicht gegen die vom EuGH entwickelten Grundsätze zu Open-House Verfahren; auch, wenn diese Rabattvorgabe weitere gesetzlich zu zahlende Rabatte – wie das Preismoratorium - außen vorlässt. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist nach Ansicht des LSG auch in dem Fall nicht gegeben, dass eine fixe prozentuale Rabattvorgabe ohne Einberechnung der Rabatte des § 130a Abs. 3a SGV V faktisch dazu führt, dass ein Arzneimittelhersteller letztlich nur noch ca. ein Zehntel des Preises der anderen Arzneimittelhersteller für ein wirkungsgleiches Arzneimittel in der gleichen Dosierung und Darreichungsform erhält. Dies begründet das LSG damit, dass dennoch alle Unternehmen zu gleichen Bedingungen – des vorgegebenen prozentualen Rabattes – dem Open-House Verfahren beitreten können. Ein Beitritt zu gleichen Bedingungen bedeute nach Ansicht des LSG gerade nicht, dass jedes Arzneimittelunternehmen den gleichen Gesamt-Rabatt vorgegeben bekomme. Die Ungleichbehandlung resultiert nach Ansicht des LSG vielmehr aus einer unternehmerischen Entscheidung, nämlich der Anhebung der Preise durch den Arzneimittelhersteller.

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