Präsenzpflicht für Lehrer während der Corona-Pandemie auch für Risikogruppen

Einige Lehrer sind gegen ihre Heranziehung zum Präsenzunterricht während der Corona-Pandemie vorgegangen. Sie sahen sich in unzumutbarer Weise gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Sowohl das Arbeitsgericht Mainz (ArbG Mainz, Beschl. v. 8.6.2020 – 4 Ga 10/20, COVuR 2020, 393) als auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH Kassel, Beschl. v. 14.5.2020 — 1 B 1308/2, COVuR 2020, 262), wiesen jedoch ihre entsprechenden Anträge zurück. Diese Entscheidungen haben insbesondere vor dem Ende der Sommerferien und der geplanten vollständigen Rückkehr zum Präsenzunterricht Relevanz.

Arbeitgeberpflicht zu Schutzmaßnahmen

Aus § 618 BGB ergibt sich die Verpflichtung des Arbeitgebers, Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften so herzurichten, dass der Arbeitnehmer vor Gefahren für Leben oder Gesundheit geschützt ist. Allerdings obliege es dabei alleine dem Arbeitgeber, wie er dieser Verpflichtung nachkomme. Somit müsse der Arbeitgeber zwar notwendige Schutzmaßnahmen ergreifen, um der Corona-Pandemie zu begegnen. Es bestehe aber zum Beispiel kein grundsätzlicher Anspruch auf Arbeit im Homeoffice oder in einem Einzelbüro.

Kein Recht auf Verweigerung von Präsenzunterricht

Lehrer dürfen nicht ohne weiteres den Dienst vor Ort in der Schule verweigern. Ein solches Verweigerungsrecht sei lediglich dann gegeben, wenn die Erbringung der Arbeitsleitung wegen Nichteinhaltung der Schutzpflichten durch den Arbeitgeber unzumutbar wäre. Dies setze immer eine umfassende Interessenabwägung voraus. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Erteilung von Präsenzunterricht zur Kernaufgabe des Lehrers in Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrages gehöre. Auch sei die Einhaltung von Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen innerhalb der Schule möglich. Somit bestehe keine unzumutbare Ansteckungsgefahr und die Anwesenheit am Arbeitsort dürfe nicht verweigert werden.
Wie das Arbeitsgericht Mainz feststellte, haben auch Lehrer, die sich aufgrund ihres Alters zu einer Risikogruppe zählen, keinen Anspruch auf Verweigerung von Präsenzunterricht. Zwar müsse auf gesundheitliche Einschränkungen eingegangen werden, aber auch hier darf der Arbeitgeber selber entscheiden, wie und welche Gesundheitsmaßnahmen er umsetze.

Übertragung auf andere Berufsgruppen

Die Entscheidungen lassen sich auch auf andere Berufsgruppen übertragen. Wenn keine unzumutbare Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz besteht, dürfen Arbeitgeber die Präsenz ihrer Arbeitnehmer im Betrieb verlangen – auch bei Mitarbeitern aus einer Risikogruppe. Einen Anspruch auf Homeoffice haben Arbeitnehmer auch während der Corona-Pandemie nicht. Dies bestätigte das Arbeitsgericht Augsburg (ArbG Augsburg, Urt. v. 7.5.2020 – 3 Ga 9/20, COVuR 2020, 332). Nichtsdestotrotz bietet sich Home-Office vielfach als Maßnahme an, um der Corona-Pandemie zu begegnen und seinen Mitarbeitern keinen Risiken auszusetzen, zumal die Möglichkeit im Home-Office zu arbeiten, von sehr vielen Mitarbeitern als „Benefit“ wahrgenommen wird.

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