Besonderer Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte

Ist der Sonderkündigungsschutz für interne Datenschutzbeauftragte in seiner jetzigen Form überhaupt mit dem Unionsrecht vereinbar?

BAG – Vorlagebeschluss vom 30. Juli 2020 – 2 AZR 225/20

Kündigung und Abberufung der internen Datenschutzbeauftragten

Die Klägerin ist zum einen als „Teamleiter Recht“ bei der Beklagten beschäftigt und zum anderen auch zur internen Datenschutzbeauftragten berufen worden. Als sie im Jahr 2018 sowohl die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses als auch den Widerruf ihrer Position als Datenschutzbeauftragten erhielt, legte sie Kündigungsschutzklage beim ArbG Nürnberg ein und begehrte neben Feststellung der Unwirksamkeit der gegen sie ausgesprochenen Kündigung auch die Feststellung, dass ihre Stellung als interner Datenschutzbeauftragten fortbestehe.

Vor Gericht berief sich die beklagte Arbeitgeberin auf die ordnungsgemäße Abberufung, sowie auf einen Verstoß des besonderen Kündigungsschutzes für Datenschutzbeauftragte gegen Unionsrecht. 

Die Kammer stellte daraufhin fest, dass die ordentliche Kündigung von vorneherein wegen eines Verstoßes gegen das BDSG unwirksam sei und der Widerruf der Stellung als Datenschutzbeauftragter ebenso. Auch verstießen die Regelungen des BDSG nicht gegen § 38 Abs. 3 DSGVO, so dass das Gericht von einer Vorlage zum Europäischen Gerichtshof absah und Kündigung als auf die Abberufung für unwirksam erklärte. Diese Auffassung des Arbeitsgerichts Nürnberg hatte auch in zweiter Instanz Bestand.

Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte könnte unionswidrig sein

Das BAG hingegen äußerte Zweifel, ob die Regelungen des BDSG mit dem Unionsrecht zu vereinbaren seien. Das Gericht stellte fest, dass die Vorinstanzen mit Blick auf das nationale Recht zwar in der Sache richtig entschieden hätten, aber die Frage der Vereinbarkeit mit Unionsrecht nicht so klar gegeben sei und legte die Angelegenheit dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Dieser soll insbesondere klären, ob die mitgliedsstaatlichen Normen neben § 38 DSGVO anwendbar seien. Dazu werden im deutschen Schrifttum verschiedene Auffassungen zu vertreten.

Zum einen könnten die Reglungen des BDSG dahingehend verstanden werden, dass der Kündigungsschutz dem Arbeitsrecht zuzuordnen ist, womit diese nicht unter die Gesetzgebungskompetenz der EU fallen würden und demnach das nationale Recht uneingeschränkt anwendbar bliebe. Zum anderen wird auch vertreten, dass die Regelungen unionsrechtswidrig seien, jedenfalls solange es sich um einen verpflichtend zu benennenden Datenschutzbeauftragten handelt, da man auf diese Weise einen wirtschaftlichen Zwang aufbaue, an einem einmal benannten Datenschutzbeauftragten festzuhalten.

Entscheidung steht noch aus

Die Entscheidung des EuGH in dieser Sache steht noch aus. Die Entscheidung könnte jedoch weitreichende Folgen auf die Beschäftigung von internen Datenschutzbeauftragten haben, sollte der EuGH die Reglungen der DSGVO für unionsrechtswidrig halten. Somit würden sich Unternehmen die Möglichkeit bieten sich einfacher von intern berufenen Beauftragten zu trennen, was beispielsweise in Phasen betrieblicher Umstrukturierungen den Wechsel auf einen externen Beauftragten erleichtern kann.

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