Konkludente Beendigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages durch Verhalten des Geschäftsführers

Wird ein Geschäftsführer einer GmbH aus seinem Amt abberufen, führt das nicht automatisch dazu, dass auch sein Anstellungsvertrag endet. Der Anstellungsvertrag kann aber konkludent durch das Verhalten der Parteien beendet werden. 

LG Osnabrück, Urteil vom 18. März 2020 – 18 O 428/18 (nicht rechtskräftig) 

Sachverhalt

Die Gesellschafterversammlung der Beklagten beschloss unter Anwesenheit des Klägers über dessen Abberufung aus Altersgründen. Der Kläger selbst hatte zu dieser Gesellschafterversammlung eingeladen und war anwesend bei der Beschlussfassung. Eine Kündigung des Anstellungsvertrages wurde von der Beklagten gegenüber dem Kläger nicht ausgesprochen. Sein Anstellungsvertrag enthielt ferner keine Regelung zum automatischen Ende des Vertragsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze. Kurz vor dem geplanten Ende seiner Tätigkeit teilte er dann der Beklagten mit, er gehe ungeachtet der Abberufung als Geschäftsführer davon aus, sein Anstellungsvertrag bestehe fort.

Der Kläger vertrat die Ansicht, die Abberufung aus dem Amt des Geschäftsführers sei für den Fortbestand des Anstellungsvertrages unerheblich. Dass mit der Abberufung der Anstellungsvertrag enden sollte, sei zu keiner Zeit besprochen worden. Dies sah die Beklagte anders. Es habe nie ein Zweifel bestanden, dass mit Erreichen der Regelaltersgrenze auch der Anstellungsvertrag enden sollte. Der Kläger betonte zuvor mehrmals, z.B. in Beiratssitzungen, bei Erreichen des Renteneintrittsalters in Ruhestand gehen zu wollen und aus dem Betrieb der Beklagten auszuscheiden. Bei seiner offiziellen Verabschiedung sprach er davon, dass er sich freue, seine Zeit nun frei zu bestimmen, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen und dass er auch in Zukunft die Entwicklung der Beklagten weiterverfolgen werde.

Entscheidung

Das LG wies die Klage ab und entschied, dass das Anstellungsverhältnis konkludent beendet wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Berufung ist beim OLG Oldenburg unter dem Aktenzeichen 6 U 140/20 anhängig. 

Zwar sei dem Kläger darin zuzustimmen, dass die Abberufung als Geschäftsführer generell keinen Einfluss auf den Bestand des Anstellungsvertrages habe. Denn die Abberufung beinhalte keine (konkludente) Kündigung des Anstellungsvertrages. Ebenso wenig habe im konkreten Fall der Anstellungsvertrag eine Beendigung mit Erreichen des Renteneintrittsalters vorgesehen. 

Nach Ansicht des LG wurde der Anstellungsvertrag konkludent beendet. Als entscheidend sah das Gericht an, dass der Kläger selbst mehrfach zum Ausdruck gebracht habe, dass er mit Ausscheiden aus dem Amt als Geschäftsführer in den Ruhestand treten wollte. Nie habe der Kläger dabei etwas Anderes erkennen lassen, als dass er seine Tätigkeit für die Beklagte mit Erreichen der Regelaltersgrenze beenden wollte.

Die Beklagte durfte das Verhalten des Klägers so verstehen, dass er auch von der Beendigung des Anstellungsvertrages ausging. Der Kläger habe mit seinem Verhalten eine Willenserklärung gegenüber der Beklagten abgegeben, welche die Beklagte angenommen habe. Dadurch sei im Ergebnis ein Aufhebungsvertrag zustande gekommen. Ein Schriftformerfordernis bestehe bei der Beendigung von Geschäftsführeranstellungsverträgen nicht.

Es bleibt abzuwarten wie das OLG entscheiden wird.
 

Praxishinweis

Gesellschaften ist dringend anzuraten bei einer Abberufung eines Geschäftsführers zusätzlich eine Kündigung des Anstellungsvertrages auszusprechen oder einen Aufhebungsvertrag zu vereinbaren. Die Abberufung des Geschäftsführers hat wegen der rechtlichen Trennung von Organstellung und Anstellungsverhältnis nicht zugleich auch die Kündigung des Anstellungsvertrags zur Folge. Unter Umständen behält der Geschäftsführer also seinen Vergütungsanspruch gegenüber der Gesellschaft, obwohl er nicht mehr für sie tätig ist. 

Ferner sollten Gesellschaften überlegen, in Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern Altersgrenzen zur automatischen Beendigung des Vertrages zu vereinbaren. Solche Klauseln sind jedenfalls dann zulässig, wenn sie der für Arbeitnehmer geltenden Regelaltersgrenze entsprechen. 

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