Umsetzung der zweiten EU-Aktionärsrechterichtlinie - Stärkung der Aktionärsrechte in Bezug auf die Vergütungspolitik der Vorstände

Bis zum 10. Juli 2019 soll die zweite EU-Aktionärsrichtlinie, die unter anderem die Stärkung der Mitwirkungsrechte der Aktionäre bei der Vergütungspolitik von Vorständen börsennotierter Aktiengesellschaften vorsieht, in deutsches Recht umgesetzt werden. Der Referentenentwurf zum Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (ARUG II) des BMJV sieht hierbei auch die Einführung eines neuen § 87a AktG und eines neuen § 120a AktG vor.

Änderungen des AktG 

Künftig sind Aufsichtsräte börsennotierter Aktiengesellschaften dazu verpflichtet, umfassende Angaben über alle Vergütungsbestandteile der Vergütungen von ihren Vorständen gegenüber den Aktionären zu tätigen, sodass diese gemäß § 120a AktG n.F. zwingend über die Billigung des Vergütungssystems im Rahmen der Hauptversammlung durch Beschluss (dem sogenannten „Votum zum Vergütungssystem“) entscheiden müssen. Der diesbezügliche Hauptversammlungsbeschluss der Aktionäre, also das Votum zum Vergütungssystem, ist für den Aufsichtsrat nicht verbindlich, auch scheidet eine Anfechtung des diesbezüglichen Beschlusses aus, weil durch einen ablehnenden Beschluss lediglich die Missbilligung der Vergütungspolitik zum Ausdruck gebracht werden kann. Nichtsdestotrotz werden künftig damit die Vergütungspolitik sowie die einzelnen Vergütungsbestandteile von Vorstandsvergütungen in den Fokus der Aktionäre rücken und sozusagen „hauptversammlungspublik“. Dies könnte zur Folge haben, dass börsennotierte Aktiengesellschaften künftig stärker auf die Ausgestaltung und die Rechtfertigung der Vergütungssysteme für ihre Vorstände achten, um Unmut bei ihren Aktionären zu verhindern. 

 

Angaben zu Vergütungsbestandteilen, insb. „Clawback“-Klauseln“

In § 87a Abs. 1 AktG n.F. sind die erforderlichen Angaben über das Vergütungssystem für Vorstände numerisch aufgelistet. Unter anderem haben Aufsichtsräte künftig auch über die Möglichkeiten der Gesellschaft, bereits ausgezahlte variable Vergütungsbestandteile im Nachhinein wieder zurückzufordern (sog. „Clawback“-Klauseln), zu berichten.
 
Eine „Clawback“-Klausel regelt die Verpflichtung einer Gesellschaft bereits ausgezahlte variable Vergütung auf Grund vertraglicher Vereinbarung nachträglich unter gewissen Voraussetzungen zurückzufordern. Es handelt sich damit um einen aufschiebend bedingten, vertraglichen Zahlungsanspruch der Gesellschaft gegenüber dem Vorstandsmitglied, unabhängig von einem etwaigen gesetzlichen Schadensersatzanspruch nach § 93 Abs. 2 AktG.

Mögliche Praxisfolgen

„Clawback“-Klauseln sind in Deutschland noch nicht allzu sehr verbreitet, aufgrund der Änderungen des AktG ist künftig jedoch mit einer stärkeren Tendenz zur Einführung solcher Klauseln zu rechnen.

Es gibt verschiedene Anknüpfungspunkte, die für die Rückforderung der variablen Vergütung in Betracht gezogen werden können. Es kann beispielsweise an das Fehlverhalten des Vorstandsmitglieds oder aber auch an außerhalb des Einflussbereiches des Vorstandsmitglieds liegende Gründe, wie die nachträgliche Verschlechterung der Lage der Gesellschaft, angeknüpft werden. Beispielsweise in Fällen, wie denen des „Diesel-Skandals“, könnten künftig auch Vorstände stärker in die Verantwortung genommen werden, indem in vergleichbaren Fällen, Gesellschaften Teile der variablen Vergütung wieder zurückfordern könnten, unabhängig von einem Verschulden des jeweiligen Vorstandsmitglieds. Damit besteht ein weiter Gestaltungsspielraum für derartige Klauseln.
  
Vor diesem Hintergrund stellt sich ebenfalls die Frage, wie derartige Klauseln bei der stets zunehmenden Einführung variabler aktienbasierter Vergütungssysteme, wie beispielsweise Stock Options, ausgestaltet werden können.

Es bleibt abzuwarten, wie sich letztlich die Änderungen des AktG auf die Einführung von “Clawback“-Klauseln auswirken werden.

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