Überblick über die neben dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossenen Gesetze

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist das „Herzstück“ der Fachkräftestrategie der Bundesregierung. Es ändert das Aufenthaltsgesetz maßgeblich hinsichtlich der Möglichkeiten für Ausländer, insbesondere solcher aus Drittstaaten, zur Erlangung eines Aufenthaltstitels und einer Arbeitserlaubnis. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz führt darüber hinaus zahlreiche Änderungen und Vereinfachungen hinsichtlich der Verfahren zur Erlangung einer Aufenthalts- und einer Arbeitserlaubnis ein.

Es ändert ferner zahlreiche weitere Gesetze und Verordnungen, sodass die Anerkennung ausländischer Schul-, Hochschul- und Berufsabschlüsse zukünftig erleichtert wird, die Bescheidung über Anträge für Aufenthaltstitel, die Anerkennung von Abschlüssen u.v.m. schneller erfolgen kann und die Integration von Fachkräften in Deutschland einfacher und effizienter erfolgen kann.

Daneben wird das Fachkräfteeinwanderungsgesetz von zahlreichen weiteren Gesetzen mit teilweise sehr ähnlicher Zielrichtung flankiert:

Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung

Neben dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz als zentralem Werkzeug zur Umsetzung der Fachkräftestrategie hat die Bundesregierung einige weitere Gesetze auf den Weg gebracht, die die Maßnahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in verschiedener Hinsicht flankieren.

Das wohl maßgeblichste Gesetz neben dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist das Gesetz über die Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung (BGBl. 2019 S. 1021 ff.), das im Wesentlichen das Aufenthaltsgesetz anpasst. Durch dieses Gesetz wird die Ausbildungsduldung in § 60c AufenthG angepasst und die Beschäftigungsduldung in § 60d AufenthG eingeführt.

Die nunmehr gesondert in § 60c AufenthG geregelte Ausbildungsduldung sorgt dafür, dass die Abschiebung eines Ausländers grundsätzlich nach § 60a Abs. 2 S. 3 auszusetzen (= Duldung) ist, wenn der betreffende Ausländer als Asylbewerber eine qualifizierte Berufsausbildung oder eine Assistenz- oder  Helferausbildung oder vergleichbare Ausbildung, an die eine qualifizierte Berufsausbildung anschlussfähig ist und für die ein durch die Bundesagentur für Arbeit festgestellter Engpass besteht, aufgenommen hat. Dasselbe gilt für den Fall, dass der Ausländer schon in Besitz einer Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz ist und der Ausländer eine der o.g. Ausbildungen aufgenommen hat. Eine einmalige sechsmonatige Duldung können Ausländer, deren Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet wurde, zum Zwecke der Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz und Ausländer, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben, zur Suche nach einer entsprechenden Beschäftigung beanspruchen.

Die in § 60d AufenthG neu eingeführte Beschäftigungsduldung sorgt dafür, dass ausreisepflichtige Ausländern, die seit mindestens 12 Monaten geduldet sind, seit mindestens 18 Monaten einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 35 Stunden nachgehen, die ihren Lebensunterhalt sichert, und hinreichende mündliche Kenntnisse der deutschen Sprache besitzen und einen Integrationskurs besucht haben, in der Regel nach § 60a Abs. 2 S. 3 eine Duldung für 30 Monate zu gewähren ist. Diese Duldung ist den in familiärer Lebensgemeinschaft mit dem ausreisepflichtigen Ausländer lebenden minderjährigen Kindern des Ausländers ebenfalls zu gewähren. Somit können gut integrierte Ausländer, die ihr Auskommen in Deutschland durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung selbst sichern können, nunmehr auf einen verlässlichen Aufenthaltsstatus vertrauen, der im Idealfall nach zweieinhalb Jahren zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis führen kann.

Das Gesetz tritt zum 1. Januar 2020 in Kraft. Die Beschäftigungsduldung wird erst zum 31. Dezember 2023 in Kraft treten. Entsprechende Übergangsregelungen wurden ebenfalls geschaffen.

Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz

Ebenfalls flankiert wird das Fachkräfteeinwanderungsgesetz vom Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern („Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz“). Durch das am 1. August 2019 in Kraft getretene Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz können nun schon Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 Absatz 1 Satz AsylG und bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, gemäß §§ 35 ff. Sozialgesetzbuches III („SGB III“) Arbeits- und Ausbildungsvermittlung durch die Agentur für Arbeit bekommen. Diese Personengruppe kann nun ebenfalls nach § 44 SGB III aus dem Vermittlungsbudget der Arbeitsagentur für Arbeit gefördert werden und nach § 45 SGB III deren Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung in Anspruch nehmen. Junge Menschen aus dieser Personengruppe können zudem nach §§ 51 ff. SGB III durch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung gefördert werden.

Gesetz zur Entfristung des Integrationsgesetzes

Das Gesetz zur Entfristung des Integrationsgesetzes sieht im Wesentlichen vor, dass die Wohnsitzregelung des § 12a AufenthG, die laut Art. 8 Abs. 5 Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 zum 6. August 2019 auslaufen sollte, nun unbefristet gilt. Dasselbe gilt für die Haftungsregelung nach § 68 AufenthG. Diese Änderungen  eröffnen in Deutschland lebenden Ausländern grundsätzlich keine Vorteile, stellen insbesondere für die Länder- und Kommunalpolitik jedoch ein wirksames integrationspolitisches Instrument zur Planung der Integrationsangebote. Diese Regelungen dürften den Agenturen für Arbeit ebenfalls eine gewisse Planungssicherheit hinsichtlich der bereitzustellenden Förderung von in Deutschland lebenden Ausländern gewähren.

Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch

Das mit dem 11. Juli 2019 in Kraft getretene Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch räumt der Finanzkontrolle Schwarzarbeit („FKS“) erheblich mehr Befugnisse und Personal zur Verfolgung von Schwarzarbeit und anderer Formen illegaler Beschäftigung, Bezahlung unter dem Mindestlohn, Nichtabführung von Sozialabgaben, Ausbeutung etc. ein. Insbesondere werden in § 1 Abs. 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes das unerlaubte Beschäftigen von Ausländern als Arbeitgeber oder Entleiher sowie die unerlaubte Ausübung einer Erwerbstätigkeit als Ausländer nun als illegale Beschäftigung definiert, deren Ermöglichen bußgeldbewährt sein kann. Ferner werden den Ermittlungsbehörden und damit unter anderem auch der FSK erheblich weitere, teils grundrechtseinschränkende Ermittlungsbefugnisse wie die Telekommunikationsüberwachung nach § 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1q) StPO zugebilligt, um illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch zu verfolgen. Die Erweiterung der Befugnisse der FKS wurde teilweise deutlich kritisiert (etwa in der Stellungnahme des DAV zum Referentenentwurf). Ob die Ausweitung der Befugnisse der FKS tatsächlich einen Rückgang von illegaler Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch und vor allem eine gerechte Behandlung und Bezahlung von ausländischen Arbeitnehmern zur Folge hat und dazu notwendig gewesen ist, bleibt jedoch abzuwarten.

Qualifizierungschancengesetz

Den wesentlichen Inhalt des Gesetzes zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung („Qualifizierungschancengesetz“), das weitestgehend bereits in Kraft getreten ist, bilden einige Änderungen des SGB III. Primär bezweckt das Gesetz, Arbeitnehmern zu helfen, den digitalen Wandel und den Strukturwandel durch Weiterbildung zu meistern anstatt ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Dazu haben nach § 82 SGB III nun grundsätzlich alle Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine staatliche Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen zu erhalten. Ferner werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch die Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um dauerhaft 0,4% und durch RVO bis 2022 befristet um weitere 0,1% von 3% auf 2,5% des Bruttoeinkommens (vgl. § 341 Absatz 2 SGB III) entlastet. Neu eingereiste ausländische Fachkräfte oder Auszubildende werden zwar von der Förderung für Weiterbildungsmaßnahmen im Gegensatz zu bereits seit vier Jahren fertig ausgebildeten Fachkräften (vgl. § 82 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III) nicht profitieren. Sie werden aber sofern sie sich in Deutschland integrieren und erfolgreich einen Arbeitsplatz finden oder eine Ausbildung abschließen in Zukunft ebenfalls vom Qualifizierungschancengesetz profitieren können.

Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Integrationsgesetz und der Beschäftigungsverordnung

Die Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Integrationsgesetz und der Beschäftigungsverordnung ändert ausschließlich § 32 BeschV. So bleibt Absatz 5 der Norm, der vom 11. November 2014 bis zum 5. August 2019 eine Ausnahmeregelung zu § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG darstellte, aufgehoben. Nach § 32 Abs. 5 Nr. 2 BeschV durfte Ausländern mit einer Duldung oder Aufenthaltsgestattung, die sich seit mindestens 15 Monaten ununterbrochen im Bundesgebiet legal aufhalten, eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung nach § 39 AufenthG erteilt werden, was nun nicht mehr der Fall ist. In § 32 Abs. 1 S. 2 BeschV wurde das Erfordernis der Vorrangprüfung bei der Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung für Ausländer, die sich seit drei Monaten geduldet im Bundesgebiet aufhalten wieder eingeführt. Ferner wurde § 32 Abs. 2 Nr. 3 BeschV dahingehend erweitert, dass die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung einer Beschäftigung in Fällen des § 18b Abs. 2 S. 1 AufenthG (Fachkräfte mit akademischer Ausbildung) und des § 18c Abs. 3 AufenthG (Niederlassungserlaubnis für qualifizierte Fachkräfte mit akademischer Ausbildung) entsprechend dem Wortlaut des neugefassten AufenthG nicht notwendig ist.

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