Neue WpPG-Regeln zur Prospektpflicht von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen beenden die wirtschaftliche Ausgrenzung der deutschen Mitarbeiter von Emittenten aus einem Drittland (insbesondere USA).

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sind seit jeher ein beliebtes Mittel zur Incentivierung und längerfristigen Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. Sollen Mitarbeitern im Rahmen eines solchen Programms Wertpapiere angeboten werden, hat der Emittent verschiedene kapitalmarktrechtliche Bestimmungen zu beachten. Dazu gehört unter anderem auch § 3 (1) WpPG (Pflicht zur Erstellung eines Prospekts).

Aktuelles WpPG verpflichtet Drittstaatemittenten zur Prospekterstellung 

Nach dem WpPG in seiner bislang gültigen Fassung qualifiziert ein aktienbasiertes Mitarbeiterbeteiligungsprogramm als öffentliches Angebot von Wertpapieren, das die Erstellung, Prüfung und Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts erfordert. Ausnahmen von der Prospektpflicht (§§ 3 (2), 4 (1) Nr. 5 WpPG) bestehen bei einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm unter anderem dann, wenn

  • sich das Programm eines außerhalb des EWR ansässigen Emittenten in jedem EWR-Staat an weniger als 150 Mitarbeiter richtet oder
  • der Emittent seine Hauptverwaltung oder seinen Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR hat oder
  • die Aktien des Emittenten zum Handel an einem organisierten Markt (§ 2 Nr. 16 WpPG) zugelassen sind oder
  • die Wertpapiere eines außerhalb des EWR ansässigen Emittenten zum Handel an einem Markt zugelassen sind, den die EU-Kommission als gleichwertig eingestuft hat. Bisher hat die EU-Kommission allerdings zu keinem Drittmarkt einen solchen Gleichwertigkeitsbeschluss gefasst. Deshalb haben es viele Drittstaatemittenten (insbesondere solche mit Sitz in den USA) in den vergangenen Jahren unterlassen, ihre deutschen Mitarbeiter bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen zu berücksichtigen.

Die neue EU-Prospektverordnung und das neue WpPG


Die neue EU-Prospektverordnung, welche die bisherige EU-Richtlinie1 ersetzt, schafft hier eine deutliche Erleichterung für potenzielle Emittenten. Der überwiegende Teil der Regelungen der neuen EU-Prospektverordnung tritt zum 21. Juli 2019 in Kraft. Der deutsche Gesetzgeber hat nun am 9. Mai diesen Jahres einen Gesetzesentwurf (BT Drucksache 19/8005) zur entsprechenden Anpassung des WpPG angenommen2. Mit dieser Gesetzesänderung entfallen unter anderem verschiedene nationale Vorschriften zur Prospektpflicht. Die Ausnahmen von der Prospektpflicht ergeben sich nun größtenteils unmittelbar aus der EU-Prospektverordnung selbst.
 

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme von Drittstaatemittenten lösen nach neuem Recht keine Prospektpflicht mehr aus 


Der europäische Gesetzgeber hat erkannt, dass das alte Regime zur Prospektpflicht in vielen Fällen nicht dem Anlegerschutz diente, sondern lediglich dazu führte, dass EU-Arbeitnehmer von der Teilnahme an Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen von Drittstaatemittenten ausgeschlossen wurden. Es wurde daher in Artikel 1 Abs. 4 lit. i) der neuen EU-Prospektverordnung festgelegt, dass für Emittenten inner- und außerhalb der EU die Ausgabe von Wertpapieren am eigenen Unternehmen an die eigenen Beschäftigten nicht der Prospektpflicht unterliegen soll. Gefordert wird stattdessen lediglich ein an die Mitarbeiter gerichtetes Informationsdokument, dass Angaben über "Anzahl und Art der Wertpapiere enthält und in dem die Gründe und Einzelheiten des Angebots oder der Zuteilung dargelegt werden". Drittstaatemittenten müssen damit in Zukunft bei der Einbeziehung ihrer deutschen Mitarbeiter in ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm nicht länger aufwändige und kostspielige Prospekte erstellen und veröffentlichen, sondern können ihre Mitarbeiter lediglich in deutlich vereinfachter Form angemessen informieren. Aufgrund der unmittelbaren verbindlichen Wirkung der neuen EU-Prospektverordnung in allen EU-Mitgliedsstaaten gilt dasselbe für die Mitarbeiter in allen anderen EU-Mitgliedstaaten. Emittenten müssen also bei der Abgabe solcher Angebote nicht länger verschiedene nationale Anforderungen beachten. 

Ausblick


Durch die neue EU-Prospektverordnung wird es für sämtliche Unternehmen, einschließlich solcher mit Sitz in einem Drittland wie den USA, deutlich einfacher, ihre Mitarbeiter durch Beteiligungsprogramme zu incentivieren. Es ist daher zu erwarten, dass auch international operierende Unternehmen wieder vermehrt auf diese Möglichkeit zurückgreifen werden und entsprechende Programme entwickeln oder wieder aufnehmen.


1: RL 2003/71/EG
2: PDF-Link

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