Geplanter Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu einem Fachkräfteeinwanderungsgesetz zur Förderung der Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten

Zurzeit ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland so niedrig wie nie. Die Quote an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist hoch und in einigen Regionen kann Vollzeitbeschäftigung verzeichnet werden. Diese positive Entwicklung bedeutet gleichzeitig die Herausforderung, geeignete Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt zu akquirieren. Es gilt nicht nur, die Qualität der Berufsausübung zu sichern, sondern auch Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen, um dem demographischen Wandel und der fortschreitenden Digitalisierung zu begegnen. Diese Herausforderung gilt insb. für mittelständische Unternehmen, die sog. „hidden champions“. Dabei wird nicht nur das Ziel verfolgt, Personen mit Fluchthintergrund zu fördern, sondern auch inländische Potentiale zu heben und nationale Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen.

Grundlage Koalitionsvertrag 

Wesentliche Inhalte des Gesetzesvorhabens
Zunächst bedarf es einer genaueren Betrachtung des rechtlichen Rahmens. Ziel ist es, die Fachkräfteeinwanderung bedarfsgerecht zu steuern und zu stärken. Dabei sollen die Regelungen klar, verständlich und transparent formuliert werden. Die Fachkräfte sollen die Chance erhalten, langfristig in den Arbeitsmarkt integriert zu werden und im Hinblick auf ihre erworbenen Qualifikationen eine Arbeitsstelle in Deutschland finden zu können. Auf den Grundsatz der Vorrangprüfung wird verzichtet. Für die Zeit der Arbeitssuche in Deutschland wird befristet Aufenthalt gewährt, wobei ein Bezug von Sozialleistungen während dieses Zeitraumes nicht möglich sein wird. Neben der Vereinfachung der Vorschriften zur Fachkräfteeinwanderung, soll auch der Zugang zu einer Berufsausbildung in Deutschland verbessert werden. Damit noch mehr Personen die Möglichkeit nach § 17 a AufenthaltG nutzen, auf der Basis ausländischer Qualifikationen in Deutschland Qualifizierungsmaßnahmen zum Erlangen eines in Deutschland anerkannten Abschlusses durchzuführen, soll diese Möglichkeit attraktiver gestaltet werden.

Des Weiteren gilt es, die Qualität der Berufsausübung zu sichern. Dafür werden schnelle und einfache Anerkennungsverfahren benötigt, damit die Gleichwertigkeitsprüfung effizienter gestaltet werden kann. Außerdem ist eine Clearingstelle Anerkennung geplant, die Fachkräfte aus dem Ausland durch das Anerkennungsverfahren begleitet. Informationsangebote und  Beratungsangebote sollen weiter verbessert werden. Gerade im Hinblick auf Fachkräfte aus dem IT- Bereich und ausgewählten Engpassberufen, soll diesen auch ohne qualifizierten Abschluss ein Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt gewährleistet werden. Schließlich wird noch der Anerkennungszuschuss ausgeweitet.

Um gezielt Fachkräfte gewinnen zu können, bedarf es einer gezielten Strategie und eines verbesserten Marketings. Dabei ist die Bundesregierung gehalten, eng mit der Wirtschaft zusammen zu arbeiten. Dabei ist es unumgänglich, das offizielle Informationsportal www.make-it-in-germany.com zu einem Dachportal der Bundesregierung für Fachkräfte aus dem Ausland auszubauen.

Weiterhin ist es wichtig, die Sprachförderung im In- und Ausland verstärkt zu fördern. Gute Deutschkenntnisse sind der Schlüssel zu einer gelungen Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Dafür sollen Sprachkurse, unter anderem am Goethe- Institut, verstärkt gefördert und Studienkollegs im Ausland weiter ausgebaut werden. Zusätzlich dazu sollten berufsbildende Kooperationen mit Schulen im Ausland gebildet werden und vor allem im Bereich der Pflege selbstfinanzierte Sprachausbildungen entwickelt werden.

Um diese Prozesse noch zu vereinfachen, wird das Verwaltungsverfahren im In- und Ausland effizienter und transparenter gestaltet werden. Dahingehend gilt es, die Entwicklung einer e-Government Lösung zu nutzen und weiter auszubauen und ein wettbewerbsfähiges online - Angebot einzurichten. Des Weiteren wird die Möglichkeit in Betracht gezogen, Kompetenzen zu bündeln, um die anvisierten Ziele zu erreichen.

Bewertung und Auswirkungen auf die Praxis
Die möglichen Verbesserungen durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sind sehr begrüßenswert. Gerade im Hinblick auf Engpassberufe können vermehrt Fachkräfte gewonnen und ein aufkommender Mangel in der deutschen Wirtschaft gedeckt werden. Problematisch erscheint jedoch, Vorurteilen der Gesellschaft im Hinblick auf eine Zuwanderung aus Drittstaaten zu begegnen. Dabei könnten Bedenken entstehen, dass es diesen Personen vorrangig nur um eine Ausnutzung der deutschen Sozialsysteme geht. Dies erscheint brisant im Hinblick auf die aktuell noch immer fragliche Flüchtlingspolitik.

Keine Erwähnung findet der aktuell hochumstrittene Spurwechsel für arbeitende, aber bereits abgelehnte Asylbewerber. Fraglich ist, ob auch dieser Personengruppe Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt gewährt werden soll. Diskutiert wird dabei über eine Stichtagsregelung oder darüber, lediglich gut integrierten Flüchtlingen, die bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung haben, Zugang zu gewähren. Dies könnte auch zu einer langfristigen Planungssicherheit für Unternehmen führen, die bei Einstellung von Asylbewerbern nicht wissen, ob diese eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhalten werden. Es bleibt abzuwarten, ob und wie weit durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz diese Problematik aufgenommen werden wird.

Ausblick
Momentan liegt lediglich der Koalitionsvertrag vor. Dabei wurden schon Eckpunkte für einen kohärenten Ansatz zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten entwickelt.

Der entsprechende Gesetzesentwurf bleibt abzuwarten, allerdings ist für Herbst dieses Jahres ein solcher angekündigt worden. Spannend ist auch, inwieweit sich ein kommender Gesetzesentwurf mit der schon seit dem 01.08.2012 bestehenden europarechtlichen Regelung der „Blauen Karte EU“ vergleichen lässt und welche weiteren Auswirkung wechselseitig zu erwarten sind. Mit Einführung der „Blauen Karte“ wurde die Hochqualifizierten-Richtlinie umgesetzt, die einen neu geschaffenen Aufenthaltstitel für EU- Ausländer schafft, um Akademikern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Im Unterschied zur Blue Card werden durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht nur Hochschulabsolventen gefördert, sondern auch Ausländer aus Drittstaaten mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung.

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