Dienstkleidung - Vergütungspflicht für Umkleidezeiten

Umkleidezeiten der Arbeitnehmer können vergütungspflichtig sein, wenn diese zum Tragen einer Dienstkleidung verpflichtet sind.

BAG, Urteil vom 25.04.2018 – 5 AZR 245/17 (LAG Düsseldorf, Urteil vom 28.03.2017 – 14 Sa 877/16)

Sachverhalt

Die beklagte Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen im Bereich der Geld- und Werttransporte. Deren Arbeitnehmer müssen während des Dienstes Dienstkleidung tragen. Diese besteht aus Sicherheitsschuhen und einem schwarzen Poloshirt mit auffälligem Firmenlogo. Der Arbeitsplatz der Klägerin befindet sich in der obersten Etage des Dienstgebäudes. Wenn sie sich umzieht, sucht sie die Umkleideräume im Untergeschoss auf. Die Klägerin verklagte die Arbeitgeberin darauf, auch die Umkleidezeit sowie die Zeit für den Weg aus dem Untergeschoss zu vergüten. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das LAG hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.

Entscheidung

Das BAG wiederum erachtete die Revision der Klägerin für begründet. Die Klägerin habe Anspruch auf Vergütung ihrer Umkleide- und Wegezeiten. Der Anspruch folge aus der gesetzlichen Vergütungspflicht gem. § 611 Abs. 1 BGB: Zu den versprochenen Diensten zähle eben nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern auch jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Aufgrund des Schriftzuges auf dem Poloshirt sei die Klägerin in der Öffentlichkeit eindeutig als Mitarbeiterin der Beklagten zu erkennen. Es handle sich daher um besonders auffällige Dienstkleidung. Deren An- und Ablegen stelle vergütungspflichtige Arbeit dar (vgl. bereits BAG 5 AZR 382/16). Ebenso liege beim Tragen der Sicherheitsschuhe eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit vor. Das Ankleiden mit vorgeschriebener Dienstkleidung sei nur dann nicht lediglich fremdnützig und damit keine Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und – ohne besonders auffällig zu sein – auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden könne. Gleiches gelte, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen und er sich entscheidet, diese im Betrieb an- und abzulegen. Letzteres war der Klägerin nicht gestattet. Zudem sei die Vergütung der Umkleidezeiten auch nicht etwa durch arbeitsvertragliche Vereinbarung oder Tarifvertrag ausgeschlossen worden.

Fazit und Folgen für die Praxis

Das BAG hatte in letzter Zeit mehrfach Gelegenheit, sich zur Vergütungspflicht von Umkleidezeiten zu äußern (BAG 5 AZR 382/16; 5 AZR 168/16; 9 AZR 574/15). Danach ist das An- oder Ablegen besonders auffälliger Dienstkleidung grundsätzlich vergütungspflichtig. Das gilt zumindest dann, wenn diese Dienstkleidung nur im Einsatz getragen werden darf. Um besonders auffällige Dienstkleidung handele es sich, wenn der Arbeitnehmer dadurch ohne weiteres einem bestimmten Arbeitgeber zugeordnet werden kann oder wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Ausgestaltung seiner Kleidungsstücke in der Öffentlichkeit mit einem bestimmten Berufszweig oder einer bestimmten Branche in Verbindung gebracht wird. Zu den Umkleidezeiten zählt nicht nur der Zeitaufwand, der mit dem An- und Ablegen der Dienstkleidung verbunden ist, sondern auch die Wegezeiten vom Umkleideraum zur Arbeitsstelle und zurück. Dazu solle allerdings nur die Zeitspanne gehören, die dazu für den einzelnen Arbeitnehmer unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlich ist. Die Vergütungspflicht soll allerdings durch arbeitsvertragliche Vereinbarung oder Tarifvertrag ausgeschlossen werden können. Arbeitgebern ist daher zu raten, die Vergütungspflicht für Umkleide- und Wegezeiten arbeitsvertraglich explizit zu regeln, sollte nicht bereits eine tarifvertragliche Regelung einschlägig sein.

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