Der interne Datenschutzbeauftragte – Sonderkündigungsschutz ohne Ausnahme

Auch lediglich stellvertretende interne Datenschutzbeauftragte genießen nachwirkenden Sonderkündigungsschutz. Das BAG zieht damit Parallelen zum Kündigungsschutz für Betriebsräte nach § 15 KSchG.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Juli 2017 – 2 AZR 812/16

Sachverhalt

Der „eigentliche“ interne Datenschutzbeauftragte der Beklagten war für längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte bestellte deshalb den Kläger für sechs Monate zum stellvertretenden internen Datenschutzbeauftragten. Der Kläger übernahm während dieser Zeit auch tatsächlich Aufgaben als Datenschutzbeauftragter. Acht Monate nach Ablauf der Bestellung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers.

Entscheidung

Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hatte Erfolg; das BAG sah die ordentliche Kündigung als nichtig an. Alle internen Datenschutzbeauftragten genießen Sonderkündigungsschutz nach § 4f BDSG – auch nachwirkend. Datenschutzbeauftragte „zweiter Klasse“ gibt es nicht. Der nachwirkende Sonderkündigungsschutz dauert 1 Jahr. Das BAG stellte in seinem Urteil fest, dass (1.) ein Unternehmen mehrere Datenschutzbeauftragte bestellen kann und (2.) sämtliche Datenschutzbeauftragte dieselben Rechte genießen. Ein – stellvertretender – Datenschutzbeauftragter ist keine Hilfsperson eines anderen Datenschutzbeauftragten. Ein Kompetenzkonflikt war hier ausgeschlossen: Tatsächlich war nur ein Datenschutzbeauftragter aktiv. Entscheidend sei, so das BAG, dass der Datenschutzbeauftragte als solcher während seiner Bestellung eigenverantwortlich Tätigkeiten ausübe.

Schließlich entschied das Gericht, dass auch die Befristung der Bestellung zum Datenschutzbeauftragten den Sonderkündigungsschutz nicht beeinträchtigt. Eine unwirksame Befristung führt allenfalls zu einer unbefristeten Bestellung des Datenschutzbeauftragten; keinesfalls aber zur Unwirksamkeit der Bestellung als solcher.

Fazit

Das BAG-Urteil dürfte daher weiterhin Maßstab für den Kündigungsschutz bleiben. Die DSGVO enthält nämlich keine Regelung zum Sonderkündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte. Für Arbeitgeber sind vor diesem Hintergrund folgende Fragen wichtig:

  • Interner Datenschutzbeauftragter (mit Sonderkündigungsschutz) oder externer Datenschutzbeauftragter (kein Kündigungsschutz)?
  • Wer ist stellvertretender Datenschutzbeauftragter? Überlegung idealerweise bereits bei Bestellung des „eigentlichen“ Datenschutzbeauftragten.
  • Bei mehreren Datenschutzbeauftragten: Kommt es zu Kompetenzüberschreitungen? Das BAG hat nicht entschieden, ob die Bestellung bei einer Kompetenzüberschreitung unwirksam ist.

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