Verlängerte Kündigungsfristen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) - Urteil des Bundesarbeitsgerichtes

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 26.10.2017 (Az.: 6 AZR 158/16)

Vorsicht bei zu langen Kündigungsfristen! Diese können im Einzelfall eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB darstellen und zur Unwirksamkeit der getroffenen Abrede führen.

Die Verlängerung gesetzlicher Kündigungsfristen findet in der Praxis häufig Anwendung und liegt dabei nicht nur im Interesse des Arbeitnehmers sondern auch des Arbeitgebers. Während aus Sicht des Arbeitnehmers dadurch ein gewisses Bestandsinteresse befriedigt wird, werden aus Sicht des Arbeitgebers die Betriebsabläufe vor zu hoher Mitarbeiterfluktuation geschützt und die Möglichkeit der langfristigen Bindung von Leistungsträgern eröffnet. Gesetzliche Kündigungsfristen können dabei sowohl unmittelbar durch den Arbeitsvertrag als auch durch Zusatzvereinbarungen verlängert werden.

Allerdings ist hier im Einzelfall Vorsicht geboten, denn die Vereinbarung von Kündigungsfristen, die den Rahmen des § 622 BGB deutlich überschreiten, kann zu einer unangemessenen Benachteiligung führen und die Unwirksamkeit der getroffenen Abrede nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Folge haben.

Worüber hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden?

In dem kürzlich vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall klagte die Arbeitgeberin auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die arbeitnehmerseitige Kündigung beendet worden ist.

Der betreffende Arbeitnehmer war bei der Klägerin als Speditionskaufmann beschäftigt. Nach rund 2 ½ Jahren Beschäftigungszeit unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung, ausweislich derer sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende verlängern sollte.

Der Arbeitnehmer kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis am 27.12.2014 zum 31.01.2015.

Hiergegen wendet sich die Klage der Arbeitgeberin, mit der diese die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer bis zum 31.12.2017 fortbesteht.

Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab. Dagegen legte die Klägerin erfolglos Revision ein.

Nach den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichtes kommt es für die Bestimmung des Beendigungszeitpunktes maßgeblich darauf an, ob bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, welche die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 15 Abs. 4 TzBfG einhalte aber wesentlich länger sei als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, nicht eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit vorliegt. Unter Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall kam das Bundesarbeitsgericht zu dem Schluss, dass die Verlängerung der Kündigungsfrist auf drei Jahre den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Auch eine neben der Verlängerung der Kündigungsfrist vorgesehene Gehaltserhöhung wiege den mit der Verlängerung der Kündigungsfrist einhergehenden Nachteil für den Arbeitnehmer nicht auf.

Aufgrund der Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung sei vorliegend die gesetzliche Kündigungsfrist maßgeblich und das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wirksam zum 31.01.2015 beendet worden.

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