Mitbestimmung des Betriebs bei Facebook-Auftritt des Arbeitgebers

Bereits im März 2015 haben wir zu dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (LAG, Az. 9 TaBV 51/14) hinsichtlich des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates bei Facebook-Auftritten des Arbeitgebers berichtet. Nun liegt die Pressemitteilung des dazugehörigen Urteils des Bundesarbeitsgericht (BAG, Az. 1 ABR 7/15) vor. Auch wenn das BAG in weiten Teilen der Entscheidung des LAG folgt, sind einige Neuerungen für die Praxis zu berücksichtigen.

Sachverhalt

Bei der Arbeitgeberin handelt es sich um einen Konzern, der Blutspendedienste betreibt. Bei Spendeterminen sind sowohl Ärzte als auch mehrere Beschäftigte tätig, die Namensschilder tragen. Im Jahr 2013 richtete die Arbeitgeberin ohne Beteiligung des Betriebsrates eine konzernweite Facebook-Seite ein, wodurch unter anderem registrierte Nutzer die Möglichkeit erhielten, auf der virtuellen Pinnwand der Seite „Besucher-Beiträge“ abzugeben. Dies hatte die Veröffentlichung mehrerer negativer Kommentare über die Arbeitsqualität der bei Blutspendeterminen tätigen Mitarbeiter zur Folge. Der Betriebsrat machte daraufhin geltend, dass die Einrichtung sowie der Betrieb dieser Seite mitbestimmungspflichtig seien, schließlich könne die Arbeitgeberin durch die bereitgestellten Auswertungsmöglichkeiten die Beschäftigten überwachen, wodurch ein erheblicher Druck erzeugt werde.

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrates gegen die Abweisung der Anträge durch das LAG Düsseldorf wurde überwiegend vom BAG zurückgewiesen. Entgegen der Entscheidung des LAG Düsseldorf verpflichtete das BAG den Arbeitgeber, es zu unterlassen, den Besuchern ihrer Seite auf der Internetplattform Facebook die Erstellung von „Besucher-Beiträgen“ zu ermöglichen.

Rechtliche Würdigung

Sobald es möglich ist, dass Beiträge von Dritten das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern bewerten könnten, unterliegt die Ausgestaltung der Unternehmensseite der Mitbestimmung des Betriebsrates. Dies dient dem Ausschluss unzulässiger Bewachung durch technische Einrichtungen. Folglich muss der Betriebsrat der sog. Posting-Funktion zustimmen. Diese Funktion darf nun so lange nicht mehr genutzt werden, bis sich die Arbeitgeberin und der Betriebsrat darüber geeinigt haben.

Allerdings wurden die weiteren Anträge des Betriebsrates, zum einen die benannte Unternehmensseite abzumelden und zum anderen die Verletzung durch die erfolgte Anmeldung der Seite festzustellen, vom BAG zurückgewiesen. Grund dafür könnte u.a. sein, dass das soziale Netzwerk hervorragend für Marketingzwecke genutzt werden kann, die sich im Einzelnen gar nicht auf Mitarbeiter beziehen. Vielmehr können durch die Plattform freiwillige Spender auf Blutspendetermine, sowie Aktionen der Arbeitgeberin aufmerksam gemacht werden, von deren Bereitwilligkeit die Arbeitgeberin naturgemäß abhängig ist. Auf diese Weise dient eine solche Seite ausschließlich dem Zweck, potentielle neue Blutspender zu werben sowie aktive Blutspender weiter zu binden.

Aussicht für die Praxis:

Für die Arbeitgeberin bedeutet dies für die Zukunft, dass sie weiterhin problemlos Facebook-Seiten o.ä. einrichten und Beiträge z.B. zu Marketingzwecken veröffentlichen kann. Demnach ist die generelle Entscheidung für oder gegen die Einrichtung eines Facebook-Auftritts Sache des Arbeitgebers und eine Zustimmung des Betriebsrats ist nicht erforderlich, da die Facebook-Seite selbst den Arbeitnehmer nicht  individuell betrifft.
Jedoch muss sie vorsichtig sein, wenn die Unternehmensseite die Kritik vereinzelter Mitarbeiter ermöglicht, da dies als Kontrollzweck zugunsten der Arbeitgeberin erachtet wird. Sollte dies der Fall sein, so kann die Arbeitgeberin entweder die Zustimmung des Betriebsrates einholen oder die Möglichkeit der Funktion „Besucher-Beiträge“ für Dritte ausschalten.

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