Finger weg von den Drogen – Fristlose Kündigung eines LKW-Fahrers nach Drogenkonsum in Freizeit

Urteil des BAG vom 20. Oktober 2016 – 6 AZR 471/15

Wenn ein Berufskraftfahrer in seiner Freizeit Drogen konsumiert, anschließend unter Drogeneinfluss seine Fahrten durchführt und damit eine abstrakte Gefährdungslage schafft, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Sachverhalt

Ein Kläger konsumierte Amphetamin und Methamphetamin („Chrystal Meth“) außerhalb seiner Arbeitszeit. Nichtsdestotrotz erbrachte er bereits zwei Tage später und in den Folgetagen seine Arbeitsleistung bei dem Beklagten, einem Transportunternehmer. Drei Tage nach Konsum geriet der Kläger in eine Polizeikontrolle, wobei ein sog.  Drogenwischtest ein positives Ergebnis ergab. Eine spätere Blutuntersuchung bestätigte den Konsum von Amphetamin und Methamphetamin.  Der Kläger verrichtete seine Arbeit demnach zumindest einige Tage unter (Rest-)Drogeneinfluss. 

Am Abend der Polizeikontrolle rief der Kläger den Beklagten an und erklärte ihm, er könne seine Frühschicht am nachfolgenden Tag nicht verrichten, da er seinen Führerschein nicht finde. Er sei am Nachmittag von der Polizei kontrolliert worden  und ihm wurde untersagt, ohne seinen Führerschein weitere Fahrten anzutreten. Nachdem der Beklagte die Wichtigkeit der anstehenden Fahrt und den Mangel an Ersatzfahrern hervorhob, trat der Kläger am Tage nach der Polizeikontrolle  schließlich doch seinen Dienst an. Erst als der Beklagte den Kläger gut zehn Tage danach nochmals ansprach, berichtete der Kläger von dem positiven Drogenwischtest. Daraufhin kündigt der Beklagte dem Kläger unverzüglich fristlos.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht bejaht – anders als die Vorinstanz – das Vorliegen eines für die außerordentliche Kündigung erforderlichen wichtigen Grundes. Zum einen sei es irrelevant, ob der Drogenkonsum privat oder während der Arbeitszeit erfolgte. Zum anderen spiele es keine Rolle, ob die Fahrtüchtigkeit des Klägers bei Verrichtung der Fahrten konkret  beeinträchtigt war. Indem der Kläger harte Drogen wie Amphetamin und Methamphetamin konsumiert hat, verletze er seine dem Beklagten gegenüber obliegenden arbeitsvertraglichen Nebenpflichten. Unter eine solche Nebenpflicht fällt schließlich auch das Gebot, sich so zu verhalten, dass die Verrichtung der Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer möglich ist und eine Gefährdung Dritter ausschließt. Auf eine konkrete Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Klägers kommt es wegen der hier vorliegenden und mit dem Drogenkonsum typischerweise einhergehenden hohen abstrakten Gefährdung des Straßenverkehrs nicht an. Vielmehr sei der Kläger gegenüber der Beklagten dazu verpflichtet gewesen, Bedenken bezüglich seiner Fahrtüchtigkeit zu offenbaren. Der Kläger habe zudem noch versucht, den Drogenwischtest zu vertuschen. Nach umfassender Abwägung der Interessen hat das Gericht daher die außerordentliche Kündigung bestätigt.

Fazit

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht, dass nicht nur betriebsinterne, sondern auch -externe Verhaltensweisen einen wichtigen Grund  für eine außerordentliche Kündigung darstellen können.  Vorliegend sind die Entscheidungsgründe lediglich knapp skizziert. In einschlägigen Fällen lohnt es sich aber, die gesamte Urteilsbegründung zu lesen. Sie stellt sehr klar und umfangreich den Pflichtenkreis von Berufskraftfahrern im Zusammenhang mit Drogenkonsum dar und bietet viele Argumentationshilfen für vergleichbare Fälle.

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