Das Betriebsrentenstärkungsgesetz – Chance zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesfinanzministerium haben am 04.11.2016 ihren Referentenentwurf zum Ausbau der Betriebsrente veröffentlicht. Daraufhin folgte am 21.12.2016 der Kabinettsbeschluss zum Regierungsentwurf.

Am 01.01.2018 soll das Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft treten. Die Bundesregierung setzt sich mit dem Gesetzesentwurf den Ausbau der Betriebsrenten, insbesondere in kleinen Unternehmen und bei Beschäftigten mit niedrigem Einkommen, zum Ziel. Dies soll durch neue Wege der betrieblichen Altersversorgung erreicht werden.

Was wird sich voraussichtlich ändern?
Die Gesetzesreform beinhaltet im Wesentlichen folgende Neuerungen:

Mit einem neuen Sozialpartnermodell soll die Möglichkeit einer reinen Beitragszusage geschaffen und damit einhergehend die Arbeitgeberhaftung beseitigt werden, sodass das Anlagerisiko beim Arbeitnehmer liegen wird. Eine reine Beitragszusage soll nur möglich sein, wenn die Zusage tariflich vereinbart ist und sich die Tarifparteien an der Durchführung und Steuerung einer solchen Form der Altersversorgung beteiligen (gem. § 4 Abs. 2 TVG). Diese Voraussetzungen wirken der Zielsetzung der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung eher entgegen als dass sie die Verbreitung unterstützen.

Zudem sollen Optionsmodelle („Opting-Out“) eingeführt werden, sodass alle Beschäftigten automatisch an der Entgeltumwandlung teilnehmen, es sei denn, sie widersprechen dieser Vereinbarung ausdrücklich. Dies könnte ein erfolgsversprechender Weg sein, die betriebliche Altersversorgung in kleinen- und mittelständischen Unternehmen zu verbreiten.

Auch steuerrechtlich sollen Geringverdiener durch einen höheren Förderbetrag unterstützt werden. Eine Förderung wird jedoch nur im Falle einer arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung gewährt.

Ferner ist eine Verbesserung des steuerfreien Volumens der betrieblichen Altersversorgung (bAV) geplant. Der steuerfreie Höchstbetrag für Beiträge an Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen soll von 4 % auf 8 % der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung West angehoben und zugleich der steuerfreie Höchstbetrag von EUR 1.800,00 gem. § 3 Nr. 63 ESTG abgeschafft werden. Diese Sozialversicherungsfreiheit der Beiträge soll weiterhin nur bis 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung West gelten und laufende, pauschale Beiträge zu kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung an Pensionskassen und Direktversicherung werden auch durch steuerfreie Volumen von bis zu 8 % der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung West angerechnet.

Weitere steuerliche Vorteile sollen bei Auflösung von Arbeitsverhältnissen und ruhenden Arbeitsverhältnissen eintreten.

Außerdem soll durch die Erhöhung der Grundzulage für die Riester-Förderung von EUR 154,00 auf EUR 165,00 ein Anreiz für Geringverdiener geschaffen werden.

Eine längst fällige Neuerung besteht darin, dass die deutsche Rentenversicherung Bund als neutrale Stelle und objektive Informationsquelle für die betriebliche Altersversorgung fungieren soll.

Bewertung
Der Ansatz, betriebliche Altersversorgung zu verbreiten, ist willkommen, jedoch steht dem die Einschränkung der Gestaltung der reinen Beitragszusage durch die Arbeitgeber entgegen, da reine Beitragszusagen im Wesentlichen durch Tarifvertrag geregelt werden müssen und die Tarifvertragsparteien dazu verpflichtet werden, sich an der Durchführung und Ausgestaltung der Betriebsrentensysteme zu beteiligen. Trotz dessen soll es einzelvertraglich oder mittels Betriebsvereinbarung möglich sein, die einschlägigen tariflichen Regelungen zur Anwendung bringen zu können (jedoch ohne Gestaltungsspielraum der betreffenden Arbeitgeber).

Wie geht es weiter?
Ob sich der Gesetzgebungsentwurf in dem weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch großen Änderungen unterziehen muss, bleibt abzuwarten. Wie es sich aus der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag hervorgetan hat, ist dies jedoch unwahrscheinlich, sodass sich die Praxis auf die vorgenannten Aspekte und besonders auf die Einführung der reinen Beitragszusage einstellen kann.

Dr. Martin Nebeling in Zusammenarbeit mit Tina Lukić, Bird & Bird LLP

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