Was dürfen Kryptoverwahrer nach dem eWpG-E?

Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG) wird auch den Tatbestand des Kryptoverwahrers verändern.


Seit dem 1. Januar 2020 gibt es im Kreditwesengesetz (KWG) den Tatbestand des Kryptoverwahrers. Es wurde in Umsetzung der fünften Geldwäscherichtlinie (AMLD5) eingeführt. Nunmehr hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren vorgelegt. Dem voran ging ein Referentenentwurf. Der Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts soll nun angepasst werden.

 

  1. Bisheriger Erlaubnisumfang
  2. Der Erlaubnisumfang der Kryptoverwahrer besteht derzeit aus der Verwahrung, der Verwaltung und der Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, für andere Kryptowerte zu halten, zu speichern oder zu übertragen. 

    Kryptowerte sind, soweit es sich nicht um E-Geld oder einen E-Geld-ähnlichen monetären Wert handelt, digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann. Beispiele für Kryptowerte sind Bitcoin, Ether, XRP, Bitcoin Cash, Tether and Litecoin.

  3. Vorschlag des zukünftigen Erlaubnisumfang
  4. Das eWpG soll elektronische Wertpapiere einführen. Diese sollen in elektronischen Wertpapierregistern, die als zentrale Register oder als Kryptowertpapierregister geführt werden können, eingetragen werden. Ein elektronisches Wertpapier, das in ein Kryptowertpapierregister eingetragen ist, ist ein Kryptowertpapier. Die Führung eines Kryptowertpapierregisters soll eine neue Finanzdienstleistung unter dem Kreditwesengesetz werden. 

    Bei den elektonischen Wertpapieren (einschließlich der Kryptowertpapiere) handelt es sich um Wertpapiere im Sinne des Depotgesetzes.

    Der Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts soll neu gefasst werden und „die Verwahrung, die Verwaltung und die Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowerte für andere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen sowie die Sicherung von privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen Kryptowertpapiere für andere nach § 4 Absatz 3 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen (Kryptoverwahrgeschäft)“ umfassen. Neben der bisherigen Tätigkeit in Bezug auf Kryptowerte wird also die Sicherung privater kryptografischen Schlüssel (private Key) für Kryptowertpapiere ergänzt.

    Der Tatbestand der Kryptoverwahrung wird also zukünftig erweitert. Wie bisher darf der Kryptoverwahrer unter dem eWpG-E zwar Kryptowerte verwahren, verwalten und die dazugehörigen privaten Schlüssel speichern, in Bezug auf Kryptwertpapiere darf er aber nur die privaten Schlüssel speichern (also weder Kryptowertpapiere verwahren noch verwalten). Dies ist vor dem Hintergrund, dass Kryptowertpapiere von ihrer rechtlichen Ausgestaltung wie (echte) Wertpapiere behandelt werden und auch Wertpapiere im Sinne des Depotgesetzes sind, konsequent. Nur die Erlaubnis des Depotgeschäfts erfasst die Verwahrung von Wertpapieren.

    Hieraus stellen sich jedoch zwei Folgefrage: a) Was ist der Unterschied zwischen Kryptowertpapieren und Kryptowerten sowie b) Was bedeutet ein Kryptowertpapier zu „verwahren“?

  5. Unterschied Kryptowertpapiere und Kryptowerte
  6. Aus den verschiedenen vom Gesetzgeber verwandten Begriffen wird deutlich, dass es einen Unterschied zwischen Kryptowertpapieren und Kryptowerten geben muss. 

    Bisher war die Trennung zwischen Kryptowerten und Wertpapieren (im depotrechtlichen Sinne – nicht zu verwechseln mit dem Wertpapierbegriff im prospektrechtlichen Sinne) einfach: Der depotrechtliche Wertpapierbegriff erforderte bisher die Verbriefung. Jedes Finanzinstrument, dass nicht verbrieft war, konnte (depotrechtlich) kein Wertpapier sein. Die am Markt befindlichen Security Token (tokenisierte Schuldverschreibungen, die die BaFin prospektrechtlich als Wertpapier sui generis einstuft) konnten daher nur unter den Begriff des Kryptowerts fallen.

    Daher ist es nun wichtig zu betrachten, wie die Gesetzesbegründung mit diesen Security Token umgeht. Bereits vor Inkrafttreten des eWpG ausgegebene Security Token werden nicht automatisch als Kryptowertpapiere erfasst. Vielmehr müssen diese erst in ein Kryptowertpapierregister eingetragen werden, um zu elektronischen Wertpapieren zu werden. Eine Pflicht hierfür gibt es aber nicht. Daher sieht das eWpG-E für die Security Token auch keine eigene Übergangsregelung vor. Aus dieser Begründung ergibt sich aber auch, dass zukünftig Security Token herausgegeben werden können, die dem prospektrechtlichen, aber nicht dem depotrechtlichen Wertpapierbegriff entsprechen, weil sie nicht in eine Kryptowertpapierregister eingetragen sind. Diese können dann von Kryptoverwahrern verwahrt werden.

    Da die Regelungen des eWpG-E (insbesondere die Regeln zum gutgläubigen Erwerb) nicht auf diese Security Token anzuwenden sein wird, sollte der Emittent und die Anlagevermittler sich besonders um die Aufklärung der Anleger sorgen und sich Gedanken um Prospekthaftung machen. Sollten sie den Eindruck erwecken, dass es sich um ein Kryptowertpapier (im Sinne des eWpG-E) handelt, obwohl es ein Security Token ist, der in keinem Kryptowertpapierregister eingetragen ist, so liegt ein Prospektfehler nahe. Es ist davon auszugehen, dass die (zivil-)rechtlichen Unterschiede zwischen einfachen Security Token und Kryptowertpapieren so gravierend sind, dass der Anleger im Falle eines solchen Prospektfehlers die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises und der mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten verlangen kann.

  7. Verwahrung von Kryptowertpapiere
  8. Zur Verwahrung eines Kryptowertpapiers gibt es nur sehr wenige bis keine genauen Aussagen. Hier hilft es, sich die klassische Wertpapierverwahrung unter dem Depotgesetz anzusehen. Diese hat ihren Ursprung darin, dass für jedes Wertpapier eine (papierhafte) Urkunde ausgestellt wird. Diese Urkunde belegt die Inhaberschaft des verbrieften Rechts. Ursprünglich wurde die Urkunde bei Erfüllung der Ansprüche daraus vorgelegt. Dies hat sich gewandelt. Die Infrastruktur des Kapitalmarkts wurde ausgebaut und bietet nun als Regelfall die Sammelverwahrung der Wertpapiere. Das Wertpapier wird heute nicht mehr physisch vorgelegt, sondern es kommt zur buchmäßigen Übertragung. Der jeweilige Verwahrer verwahrt nach einer Übertragung das Wertpapier für den Käufer, nicht mehr für den Verkäufer. Wertpapiere liegen in Deutschland in der Regel bei Clearstream als Zentralverwahrer.

    Die Verwahrung eines elektronischen Wertpapieres kann nicht physisch erfolgen. Es fehlt an der Urkunde. Die Führung des Wertpapierregisters stellt nach dem eWpG-E ebenfalls nicht die Verwahrung im Sinne des Depotgesetzes dar. Die Verwahrung muss also bedeuten, dass jemand für einen anderen den „Besitz“ bzw. die Inhaberschaft des (elektronischen) Wertpapieres mittelt. Daraus folgt, dass derjenige das Kryptowertpapier verwahrt, der sich im Kryptowertpapierregister eintragen lässt, diese Stellung als Inhaber aber nur für jemand anderen einnimmt, also für ihn „verwahrt“.

    Wenn also der Anleger sich selbst in das Kryptowertpapierregister als Inhaber eintragen lässt (Einzeleintragung), darf der Kryptoverwahrer den privaten Schlüssel hierzu speichern. Die Speicherung des Schlüssels unterliegt den gleichen technischen Risiken wie die bisher regulierte Kryptoverwahrung, weshalb der Gesetzgeber diese punktuelle Erweiterung des Tatbestandes für geboten hält. Der Kryptoverwahrer darf sich jedoch selbst nicht für den Anleger im Kryptowertpapierregister eintragen lassen (es sei denn, er verfügt auch über eine Erlaubnis für das Depotgeschäft).

  9. Ausblick
  10. Das Gesetzgebungsverfahren läuft derzeit. Es wird erwartet, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird.

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