BGH-Urteil bestätigt Surcharging bei PayPal und Sofort

Am 25. März 2021 bestätigte der BGH in einem Urteil, dass Händler in Deutschland bei Zahlungen mit PayPal und Sofort eine Gebühr erheben dürfen.

Wir stellen für Sie die wichtigsten Hintergründe zusammen und geben eine erste Analyse des Urteils und zu möglichen Auswirkungen ab.

Der Streit

§ 270a BGB verbietet in Umsetzung von Art. 62(4) der Zweiten europäischen Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) das sogenannte Surcharging für Zahlungen, die unter die EU SEPA-Verordnung fallen (Verordnung (EU) 206/2012). Dazu zählen SEPA Überweisungen (SEPA Credit Transfers - SCT) und SEPA Lastschriften (SEPA Direct Debits - SDD). Außerdem ist Surcharging für Zahlungen mit Zahlungskarten verboten, die nach der Interchange Fee-Verordnung (IFR) einer Interchange fee cap unterliegen. Dies sind sogenannte Verbraucherkreditkarten. Explizit sind PayPal und Sofort somit nicht vom Verbot betroffen.

Ob PayPal- und Sofort-Transaktionen in Deutschland nun dem Surcharging-Verbot unterliegen oder nicht ist seit einigen Jahren umstritten. Bereits 2018 klagte die Wettbewerbszentrale gegen FlixMobility (Betreiber der Fernbuslinien FlixBus), die ein solche Extragebühr für die Zahlung mit PayPal oder Sofort von ihren Kunden verlangte.

LG München I (2018)

Im Dezember 2018 (lesen Sie hier unseren Beitrag) urteilte das Landgericht München I unter Anwendung von § 270a BGB gegen ein Surcharging von PayPal und Sofort. Bezüglich Sofort führte das Gericht an, dass es sich dabei um einen Zahlungsauslösedienst (Payment Initiation Service – PIS) handele, der eine Überweisung durchführe, die klar unter die Regelung des § 270a falle.

Bezüglich PayPal begründete das Gericht die Entscheidung mit der Transaktion zwischen PayPal und der Kundin zum Aufladen des PayPal-Kontos (von welchem dann die Zahlung an den Händler durchgeführt wird). Dies sei in der Regel eine Lastschrift oder Verbraucherkartenzahlung und somit vom Surcharging ausgenommen.

OLG München (2019)

In der Berufung (lesen Sie hier unseren Beitrag) entschied das Oberlandesgericht München (OLG München) entgegen dem Urteil des LG München I. Dem OLG zufolge erlaube das deutsche Recht Surcharging für PayPal- und Sofort-Zahlungen. Die Gründe, die zu dieser Entscheidung führten, waren:

  • Ein allgemeines Verbot von Surcharging gebe es nicht. Durch die PSD2 werde nur minimal harmonisiert und den EU-Mitgliedstaaten der Freiraum gelassen, das Surchargingverbot auf weitere Zahlungsmethoden neben Überweisungen, Lastschriften und Verbraucherkarten zu erweitern. Der deutsche Gesetzgeber habe sich gegen eine solche Erweiterung entschieden, wie sich sowohl aus dem Wortlaut des Gesetzes als auch der Gesetzesbegründung durch den Bundestag ergebe (letztere hatte das LG München I in seiner Entscheidung nicht erwähnt).

  • Bezüglich PayPal würdigte das OLG München die Besonderheiten des Geschäftsmodells, bei dem E-Geld zwischen den Konten des Käufers und des Verkäufers ausgetauscht wird. Typischerweise lädt der Käufer das Konto mit einer Überweisung, Lastschrift oder Verbraucherkartenzahlung zuerst auf. Diese Aufladezahlung, mit der das Konto des Käufers mit E-Geld aufgeladen wird, dürfe dann keiner Surcharging-Gebühr unterliegen. Die Zahlung an den Verkäufer (z.B. einen Onlinehändler) ist jedoch keine Überweisung, Lastschrift oder Verbraucherkartenzahlung, sondern eine E-Geldzahlung vom E-Geldkonto des Käufers an das E-Geldkonto des Verkäufers. Deshalb finde das Surchargingverbot auch keine Anwendung, da die ggf. verlangte Gebühr sich nicht auf die Überweisung, Lastschrift oder Verbraucherkartenzahlung bezieht, sondern die Involvierung eines Dritten im Zahlungsprozess berücksichtigt (nämlich PayPal).

  • Bezüglich Sofort bestätigt das OLG München, dass der Zahlung eine Überweisung zugrunde liegt, die prinzipiell ein Surcharging ausschließt. Jedoch ist die Überweisung nicht durch den Käufer selbst ausgelöst, sondern durch Sofort, die als Zahlungsauslösedienstleister (Payment Initiation Service Provider – PISP) nach der PSD2 auftritt. Es existiert jeweils eine Vertragsbeziehung zwischen Käufer und Sofort, sowie zwischen Verkäufer (z.B. einem Onlinehändler) und Sofort. Diese Konstellation gäbe es nicht, würde der Käufer die SCT selbst auslösen. Sofort führt in der Auslösung eine Bonitätsprüfung des Käufers durch, wodurch der Zahlungsprozess beschleunigt wird. Die Surcharginggebühr basiert also auf der Involvierung eines Dritten im Zahlungsprozess und ist somit keine Gebühr für die Überweisung.

Die BGH-Entscheidung

Die Wettbewerbszentrale beantragte die Revision des Urteils des OLG München durch den BGH. Dabei handelt es sich nicht um eine Neuverhandlung, sondern die Prüfung der korrekten Anwendung des Rechts durch den BGH. Nach der mündlichen Anhörung im Dezember 2020 wurde in der Presse bereits berichtet, dass der BGH in einer ersten Einschätzung das Urteil des OLG München bestätige und die Gebühren für PayPal- und Sofort-Zahlungen für zulässig halte.

Am 25. März 2021 entschied der BGH tatsächlich entsprechend dieser Berichte und bestätigte das Urteil des OLG München, das es Händlern gestattet Gebühren für Zahlungen mit PayPal und Sofort zu erheben, jedoch nicht für andere Bezahlmethoden auf Basis von Überweisungen, Lastschriften oder Verbraucherkarten.

Der Pressemeldung des BGH zufolge orientierte sich der BGH an dem durch das OLG München festgestellten Sachverhalts. Bei der Einbindung von Sofort verlange der Händler keine Gebühr für die Zahlung, sondern für die (zusätzlichen) Dienste eines PISP. Bei PayPal sei die Gebühr nicht auf die Aufladung (durch Überweisung, Lastschrift oder Verbraucherkarte) des E-Geld-Kontos gerichtet, sondern auf die Tätigkeit PayPals eine E-Geld-Transaktion zwischen e-Geld-Konten auszuführen.

Dies bringt nun die seit Jahren nötige Klarheit in den Rechtsstreit um Surcharging. Das Verbot besteht demnach für Zahlungen durch Überweisung, Lastschrift oder Verbraucherkarten, jedoch nicht für Zahlungen, die die zusätzlichen Dienste von PayPal oder Sofort nutzen. Bei der Anwendung von Surcharging muss jedoch § 312a Abs. 4 BGB (die Umsetzung von Art 19 der EU-Verbraucherschutzrichtlinie) beachtet werden. Die Gebühr aus dem Surcharging dürfe die “tatsächlichen Kosten” der konkreten Zahlungsmethode für den Verkäufer nicht übersteigen.

Bereits am 18. Juni 2019 urteilte der BGH solche „direkten Kosten“ seien (ohne Ausnahmen) alle Transaktionsgebühren, also die Gebühren, die der Zahlungsdienst (Payment Service Provider - PSP) für die konkrete Transaktion verlangt. Zusätzlich fallen Kosten darunter, die in enger Verbindung zu den direkten Kosten stehen (bspw. höhere Arbeitskosten, wenn der Händler einen Transaktionsbezug nachweisen kann).

Gebühren, die der PSP unabhängig von der Transaktion verlangt (z.B. für die Miete von Terminals, Fortbildungskosten oder allgemeine Lohnkosten) sind „indirekte Kosten“ und können nicht per Surcharging umgelegt werden. Die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus und sollte in den nächsten Wochen verfügbar sein.

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