Digitalisierung im Vergaberecht – das voll digitale Wettbewerbsregister startet

Das Vergaberecht ermöglicht es, Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge bzw. Konzessionen auszuschließen, wenn es bei ihnen zu Wirtschaftsdelikten oder anderen erheblichen Straftaten gekommen ist. Das nach dreijährigem Anlauf nunmehr gestartete bundesweite Wettbewerbsregister macht es Auftraggebern künftig leichter, das Vorliegen von Ausschlussgründen objektiv nachzuprüfen. Zur Mitteilung berechtigte Behörden und öffentliche Auftraggeber können sich ab sofort beim Bundeskartellamt registrieren.

Was ist das Wettbewerbsregister?

Das bundesweite Wettbewerbsregister beim Bundeskartellamt ist das erste voll digitalisierte staatliche Register in Deutschland. Es stellt öffentlichen Auftraggebern, Sektorenauftraggebern und Konzessionsgebern für Vergabeverfahren diverse Informationen über Bieter zur Verfügung. Ziel ist es, zukünftig eine Entscheidung über die Eignung eines Bieters im Vergabeverfahren, vermehrt auch auf Basis dieser standardisierten Informationen, zu treffen und so objektiv das Vorliegen von Ausschlussgründen prüfen zu können. Öffentliche Auftraggeber können so z. B. im Register einsehen, ob ein Unternehmen wegen begangener Wirtschaftsdelikte von einem öffentlichen Vergabeverfahren auszuschließen ist. Hierbei sind die Eintragungsvoraussetzungen in § 2 Wettbewerbsregistergesetz klar definiert. So zählen zu den einzutragenden Tatsachen insbesondere diejenigen Straftaten, die gemäß § 123 GWB zu einem zwingenden Ausschluss vom Vergabeverfahren führen. Dazu kommen noch einige andere Straftaten, wie etwa der Betrug (§ 263 StGB) oder der Subventionsbetrug (§ 264 StGB), sofern er sich gegen die öffentliche Hand richtete. Die Liste der einzutragenden Straftaten und Strafbefehle bzw. Ordnungswidrigkeit wird durch eine Reihe von spezialgesetzlichen Verstößen, beispielsweise gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, abgerundet. Durch den abschließenden Charakter der Aufzählung in § 2 Wettbewerbsregister ist noch herauszustellen, dass ein fakultativer Ausschluss gemäß § 124 GWB nicht in das Register eingetragen werden kann. Somit sollen Ermessensentscheidungen, welche immer subjektiv und mit einer möglicherweise strittigen Verhältnismäßigkeit einhergehen, gerade nicht für alle öffentlichen Auftraggeber einsehbar sein.

Ist ein Eintrag einmal erfolgt, bleibt dieser für längstens drei Jahre bestehen. Sodann wird er automatisch gelöscht (§ 7). Darüber hinaus besteht mit der Löschung auf Antrag (§ 8) eine Art Selbstreinigungsmöglichkeit des Unternehmens. Damit ist sichergestellt, dass ein Unternehmen stets aus eigener Anstrengung seine Eintragungen eliminieren kann.

Abfrage von Ausschlussgründen beim Wettbewerbsregister

Auftraggeber, die bislang weitgehend auf die Angaben der Unternehmen selbst angewiesen waren, können künftig durch eine Abfrage beim Wettbewerbsregister objektiv das Vorliegen von Ausschlussgründen prüfen. Dabei dient das Wettbewerbsregister als zentrale Sammelstelle. Mussten früher die öffentlichen Auftraggeber einzeln die zu prüfenden Daten zusammentragen, soll zukünftig ein Blick ins digitale Register ausreichen. Hierdurch werden nicht nur Arbeitsprozesse verschlankt und die Verwaltung ein Stück weiter digitalisiert. Die zentrale und standardisierte Informationsquelle dient auch der Vermeidung von Wirtschaftskriminalität bei öffentlichen Aufträgen und trägt somit zur Korruptionsprävention bei.

Somit erklärt es sich auch, dass gem. § 6 Abs. 1 Wettbewerbsregistergesetz eine Abfragepflicht für öffentliche Auftraggeber und Konzessionsgeber ab einem geschätzten Auftragswert von mehr als 30.000 Euro (netto) besteht. Unterhalb dieser Schwelle besteht diese Verpflichtung nicht, wenngleich der öffentliche Auftraggeber selbstredend zur Abfrage berechtigt ist. Über einen Ausschluss nach den §§ 123, 124 GWB entscheidet der öffentliche Auftraggeber dann in eigener Verantwortung.

Weitere Informationen zur nun gestarteten Registrierung

Registrieren können sich diejenigen Behörden, die nach § 4 Wettbewerbsregistergesetz mitteilungspflichtig sind. Zu diesen Stellen zählen insbesondere die Strafverfolgungsbehörden, ebenso wie auch andere zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten berufene Stellen.
Ebenfalls registrieren können sich von nun an öffentliche Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber, die nach den einschlägigen Regelungen abfrageverpflichtet bzw. -berechtigt sind.

Das Bundeskartellamt rechnet mit rund 30.000 Registrierungen, weshalb die abfrageverpflichteten bzw. -berechtigten Stellen nach und nach in verschiedenen Gruppen zur Registrierung aufgefordert werden. So können die Anträge möglich zeitnah gebündelt bearbeitet werden. Einzelheiten zu den jeweiligen Zeiten je Gruppe finden Sie auf der Internetseite des Bundeskartellamts.

Praxistipp

Mit dem Wettbewerbsregister startet nun eine Datenbank, die künftige Ausschlussentscheidungen öffentlicher Auftraggeber erheblich erleichtern wird. Ob die hochgesteckten Zielsetzungen erreicht werden können und ob ein rein digitales Register wirklich zu einer Optimierung von verpflichtenden Prozessen führt, bleibt abzuwarten. Potenziell von negativen Eintragungen betroffenen Bietern kann schließlich mit dem Hinweis auf die Informationspflicht durch das Register (§ 5) und der stets vor Eintragung einzuhaltenden Gelegenheit zur Stellungnahme die Befürchtung genommen werden, möglicherweise unverschuldet durch unrichtige negative Eintragungen von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen zu werden. Sofern jedoch einmal das Bundekartellamt über eine anstehende Eintragung informiert, ist Eile geboten. Die Stellungnahmefrist beträgt lediglich 14 Tage und eine Eintragung wird nur dann nicht vorgenommen, wenn nachgewiesen werden kann, dass die einzutragenden Daten falsch sind. Ein zügiges und zielgerichtetes Handeln, auch mit juristischer Unterstützung, kann hier ungewollte Folgen verhindern.

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