Ist der Ersatz von Aus- und Einbaukosten bald verschuldensunabhängig?!

Regierungsentwurf zur Änderung der Mängelhaftung im Kaufrecht und potentielle Auswirkungen auf den Regress in der Lieferkette

Das Bundeskabinett hat am 2. März 2016 eine Reform des Bauvertragsrechts beschlossen, die – hier allein interessierend – auch eine Reform der kaufrechtlichen Mängelhaftung beinhaltet. Die Bundesregierung hat den Gesetzesentwurf am 11. März 2016 dem Bundesrat zugeleitet[1], der am
22. April 2016 zu dem Gesetzesentwurf Stellung genommen hat.[2] Der Bundesrat schlägt vor, die beiden Regelungskomplexe der Reform des Bauvertragsrechts und der kaufrechtlichen Mängelhaftung zu entkoppeln, um die sog. "Haftungsfalle" bezüglich der Ein- und Ausbaukosten noch in dieser Legislaturperiode zu beseitigen.[3]

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hatte Ende September 2015 einen Referentenentwurf vorgelegt, der teilweise auf heftigen Widerstand auf Seiten der Industrie gestoßen ist. Mit dem nun beschlossenen Regierungsentwurf wurden einige Regelungen des ursprünglichen Entwurfs geändert.


Was ändert sich nach dem Gesetzesentwurf für Zulieferer?


Die bedeutendste Änderung betrifft die in § 439 BGB geregelte Nacherfüllung: Nach dem Regierungsentwurf sollen Aus- und Einbaukosten im Rahmen der Nacherfüllung nunmehr verschuldensunabhängig zu erstatten sein – unabhängig davon, ob der Käufer ein Verbraucher ist oder nicht. Aus- und Einbaukosten sind in Gewährleistungsfällen in der Automobilindustrie regelmäßig der höchste Schadensposten. Die Gesetzesänderung würde sich – insbesondere im Hinblick auf den Regress bei Rückruf- und Serviceaktionen – deutlich zulasten der Zulieferer auswirken, da Gesetz und Rechtsprechung den Zulieferern in diesen Fällen bislang den Rücken stärken.


Hintergrund und bestehende Rechtslage


Hat ein Käufer eine mangelhafte Sache erhalten, stehen ihm gemäß § 437 BGB verschiedene Mängelrechte zur Verfügung, darunter die in der Automobilindustrie praktisch bedeutendsten: Nacherfüllung und Schadensersatz. Diese beiden Mängelrechte unterscheiden sich in einem Punkt grundlegend: die Pflicht zur Nacherfüllung trifft den Verkäufer verschuldensunabhängig, während der Schadensersatzanspruch ein Verschulden des Verkäufers voraussetzt.

Nach § 439 Abs. 2 BGB hat der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen – verschuldensunabhängig – zu tragen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) umfasst diese Regelung, die auf der EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (RL 1999/44/EG) beruht, den Ersatz von Aus- und Einbaukosten.[4]

Da nach dem deutschen Gewährleistungssystem Aus- und Einbaukosten aber als Schadensersatz einzuordnen sind, hat der BGH die Auslegung des EuGH auf den Anwendungsbereich der Richtlinie beschränkt: nur im Verhältnis B2C sind Aus- und Einbaukosten seither im Rahmen der Nacherfüllung verschuldensunabhängig zu erstatten[5]; im unternehmerischen Rechtsverkehr hingegen sind Aus- und Einbaukosten nach der ständigen Rechtsprechung des BGH als Schadensersatz abhängig vom Verschulden des Verkäufers.[6]

Zudem kann eine verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung in AGB nach der ständigen Rechtsprechung des BGH grds. nicht wirksam vereinbart werden.[7] Da aber die Vertragswerke der OEM AGB sind, sind Klauseln, die eine verschuldensunabhängige Haftung für Aus- und Einbaukosten vorsehen, unwirksam, mit der Folge, dass die gesetzlichen Schadensersatzregeln anwendbar sind.

Für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch des OEM ist demnach Voraussetzung, dass der Zulieferer-Verkäufer den Schaden zumindest fahrlässig verursacht hat. In dem Fall, dass der Mangel einer Komponente anhaftet, die der (Tier1-) Zulieferer selbst von einem (Tier2-) Zulieferer bezogen und weiterverarbeitet hat, ist die Rechtsprechung des BGH[8] wiederum zuliefererfreundlich: ein Verschulden des (Tier2)-Zulieferers ist dem (Tier1)-Zulieferer nicht zurechenbar! Damit kommt ein Schadensersatzanspruch des OEM gegen den Tier1-Zulieferer von vornherein nur in Betracht, wenn der Tier1-Zulieferer selbst fahrlässig gehandelt hat, weil er den Mangel der Tier2-Komponente in fahrlässiger Weise nicht erkannt hat. Hiernach sind die Hürden für einen Schadensersatzanspruch auf Ersatz von Aus- und Einbaukosten oder anderer Schadenspositionen insgesamt recht hoch gesetzt. Diese Vorteile macht der Gesetzesentwurf zunichte.


Rechtspolitischer Hintergrund des Gesetzesentwurfs

Die Regierung bezweckt mit den geplanten Änderungen ausweislich der Gesetzesbegründung den Schutz von Handwerkern und Bauunternehmern, die durch die derzeitige restriktive Handhabung des Nacherfüllungsanspruches in der Regressfalle sitzen. Sie schulden ihrem Auftraggeber im Rahmen der werkvertraglichen Nacherfüllung regelmäßig den – oft kostenintensiven – Ausbau des mangelhaften Baumaterials und den Einbau des mangelfreien Ersatzmaterials. Von dem Verkäufer des Baumaterials können sie dagegen häufig nur die Lieferung einer neuen Kaufsache verlangen.[9]

Die Auswirkungen der geplanten Änderungen bleiben aber nicht auf diese – in den Fokus des Gesetzgebers – gerückte Konstellation beschränkt, sondern gehen weit darüber hinaus: wo auch immer eine Sache nach ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut wird, haftet der Verkäufer verschuldensunabhängig für Aus- und Einbaukosten. Betroffen ist hiervon neben der Bauindustrie eben gerade auch die Automobilindustrie.


[1] BR-Drucksache 123/16.
[2] BR-Drucksache 123/16(B). Diese Stellungnahme wird nun der Bundesregierung zur Gegenäußerung zugeleitet. Regierungsentwurf, Stellungnahme und Gegenäußerung werden dann dem Bundestag zur Beschlussfassung vorgelegt.
[3] BR-Drucksache 123/16(B), Ziffer 29., S. 21.
[4] EuGH, Urteil vom 16. 6. 2011 – C 65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269.
[5] BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – VIII ZR 70/08 –, BGHZ 192, 148-172.
[6] BGH, Urteil vom 17. Oktober 2012 – VIII ZR 226/11 –, BGHZ 195, 135-144; BGH, Beschluss vom 16. April 2013 – VIII ZR 67/12 –, juris.
[7] Vgl. nur: BGH, Urteil vom 05. Oktober 2005 – VIII ZR 16/05 –, BGHZ 164, 196-220.
[8] Dies folgt u.E. aus BGH, Urteil vom 2. April 2014 – VIII ZR 46/13 –, BGHZ 200, 337-350.
[9] BR-Drs. 123/16, S. 36.


Die wesentlichen Änderungen im Einzelnen

1. Nacherfüllung umfasst Aus- und Einbaukosten, § 439 Abs. 3 BGB-E

Der bisherige § 439 BGB soll einen neuen Absatz 3 erhalten, wonach der Verkäufer nach seiner Wahl entweder den Aus- und Einbau selbst vornehmen oder dem Käufer die hierfür erforderlichen Aufwendungen ersetzen muss, wenn die verkaufte mangelhafte Sache ihrer Art und ihrem Verwendungszweck nach in eine andere Sache eingebaut wurde;[10] ein solcher Verwendungszweck besteht bei Zuliefererteilen regelmäßig.[11]
Es dürfte allerdings kaum realistisch sein, dass Zulieferer in der Automobilindustrie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen – mit Ausnahme ggf. von 0km-Ausfällen. Praktisch relevant dürfte daher vor allem der Ersatz der Aufwendungen (insbesondere Lohnkosten) werden.

Zudem beinhaltet § 439 Abs. 3 S. 2 BGB-E eine Beschränkung des Wahlrechts des Verkäufers: wenn der Käufer ein berechtigtes Interesse daran hat, dass der Verkäufer der mangelhaften Sache den Aus- und Einbau nicht selbst vornimmt, ist der Verkäufer auf den Aufwendungsersatz beschränkt. Nach der Begründung des Entwurfs kann ein berechtigtes Interesse vorliegen, wenn die Kaufsache in einer technisch hoch komplexen Anlage verbaut worden und daher eine besondere Fachkunde für die Ausführung der Aus- und Einbauleistung erforderlich ist.[12] Hiermit wird den OEM möglicherweise ein Argument zur Beschränkung des Wahlrechts des Verkäufers in die Hand gegeben.

Nach § 439 Abs. 3 BGB-E haben Zulieferer daher grds. verschuldensunabhängig für Aus- und Einbaukosten einzustehen, sodass auch entsprechend ausgestaltete Einkaufs-AGB-Regelungen der OEM wirksam wären. Im Gegensatz dazu sollen zukünftig (Verkaufs-)Regelungen unwirksam sein, die den Anspruch auf Aus- und Einbauleistungen in AGB abbedingen, § 309 Nr. 8 b) cc) BGB-E. Zwar findet § 309 BGB auf AGB, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, keine unmittelbare Anwendung (§ 310 Abs. 1 S. 1 BGB). Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs sollen entsprechende AGB aber nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB grds. auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr unwirksam sein.[13] Diese Regelung dürfte aber in der Automobilindustrie ohnehin keine praktischen Auswirkungen haben, da Verkaufs-AGB von Zulieferern in der Praxis ohnehin nicht zur Anwendung gelangen (mit der möglichen Ausnahme des Aftermarket-Geschäfts).

Da Zulieferer nach dem Regierungsentwurf verschuldensunabhängig für Aus- und Einbaukosten haften, kommt es auf die Frage der Zurechenbarkeit fremden Verschuldens nicht mehr an: es ist also unerheblich, von wem der Mangel in der Zulieferer-Kette verursacht worden ist.

Eine Grenze für die Erstattung von Aus- und Einbaukosten bildet aber die Unverhältnismäßigkeit der Kosten (§ 439 Abs. 4 BGB-E, insoweit unverändert der bisherige § 439 Abs. 3 BGB), wobei offen und der Auslegung durch die Rechtsprechung überlassen bleibt, wann von unverhältnismäßigen Kosten auszugehen ist. Wenn das Gesetz entsprechend verabschiedet wird, dürfte dieser Frage in Gewährleistungsfällen zukünftig entscheidende Bedeutung zukommen.


2. Späterer Zeitpunkt für Kenntnis der Mangelhaftigkeit in § 442 BGB

Zudem kommt gemäß § 442 BGB nach wie vor ein Ausschluss der Gewährleistungsrechte in Betracht, wenn der Käufer den Mangel bei Vertragsschluss kannte (oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht kannte und der Verkäufer den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat). Diese Regelung ist hinsichtlich der Aus- und Einbaukosten nunmehr mit der Maßgabe anzuwenden, dass es für die Kenntnis des Käufers auf den Zeitpunkt des Einbaus der mangelhaften Sache ankommt, § 439 Abs. 3 S. 3 BGB-E. Dies ist nur konsequent: Erlangt der Käufer nach Vertragsschluss aber vor Einbau der Kaufsache Kenntnis von einem Mangel, ist er hinsichtlich der dadurch erforderlich werdenden Aus- und Einbauleistungen nicht schutzwürdig.

Dass der Zeitpunkt der Kenntnis hierdurch nach hinten verlagert wird, dürfte sich bei so manchem Serienschaden zugunsten des Zulieferers auswirken, da es in der Praxis nicht selten vorkommt, dass die OEMs bekanntermaßen mangelhafte Teile aus unterschiedlichsten Gründen noch eine Weile weiterverbauen. Andererseits wird dies die Prüfung von Schadensersatzansprüchen und Berechnung der ersatzfähigen Kosten wesentlich verkomplizieren. Denn für die unterschiedlichen Positionen (Nachlieferung, Transportkosten und Schadensersatzpositionen einerseits und Aus- und Einbaukosten andererseits) werden unterschiedliche Zeitpunkte relevant sein (Vertragsschluss/Einbau). Zudem müssten die Einbaudaten der OEM überprüft und ausgewertet werden.

Hinsichtlich anderer Schadensersatzpositionen (bspw. Mietwagenkosten) ändert sich allerdings nichts: diesbezüglich kann die Regresskette weiterhin unterbrochen sein, wenn der Mangel von dem Tier2-Zulieferer verursacht wurde.


3. Erleichterte Rückgriffsmöglichkeit in der Vertriebskette, § 445a BGB-E f.

Nach dem Regierungsentwurf soll der Verkäufer, der beim Verkauf einer neu hergestellten Sache Aufwendungen nach § 439 Abs. 2 und Abs. 3 BGB-E zu tragen hat, gegenüber seinen Vorlieferanten Regress nehmen können, § 445a Abs. 1 BGB-E f. Letztverkäufer und Zwischenhändler sollen die Aufwendungen, die ihnen bei der Erfüllung ihrer Nacherfüllungspflichten entstehen, über Regressvorschriften in der Vertriebskette möglichst bis zum Verursacher des Mangels im verkauften Endprodukt (d.h. dem Fahrzeug) weiterreichen können. Diese Regelung ist für den sogenannten Verbrauchsgüterkauf bereits bekannt: Der Anwendungsbereich der derzeit nach § 478 Abs. 2 BGB nur für Verbrauchsgüterkäufe bestehenden erleichterten Rückgriffsmöglichkeit in der Vertriebskette wird durch den Regierungsentwurf erweitert: Dieser Rückgriff des Verkäufers soll auch möglich sein, wenn der letzte Käufer in der Vertriebskette ein Unternehmer ist, § 445a BGB-E ff.. Der Käufer bekommt mit § 445a Abs. 1 BGB-E wie auch bislang mit § 478 Abs.2 BGB einen unmittelbaren Regressanspruch auf Aufwendungsersatz – unabhängig von dem sonst zu beachtenden Vorrang der Nacherfüllung.

Bsp.: Wenn ein Auto in der Vertragswerkstatt eines OEM repariert wird, so kann der Vertragshändler hierfür die Kosten der Nacherfüllung (also bislang insbesondere kostenlose Nachlieferung des Ersatzteils) nach § 478 Abs. 2 BGB an den OEM, von dem er das Auto gekauft hat, durchreichen. Dies gilt bislang aber nur, wenn der Kunde des Vertragshändlers (d.h. der Endkunde) ein Verbraucher ist. Nach § 445a BGB-E kann er künftig die Kosten der Nacherfüllung (die dann auch Aus- und Einbaukosten umfassen) auch dann weiterreichen, wenn sein eigner Abnehmer ein Unternehmer ist, bspw. eine Autovermietungsgesellschaft.

Diese Änderung dürfte sich aber auf den Regress der OEM gegen die Zulieferer (und der Zulieferer entlang der Zuliefererkette) nicht auswirken. Nach der überwiegenden Ansicht in der Literatur (Rechtsprechung gibt es zu dieser Frage bislang nicht) ist schon § 478 BGB nur anwendbar, solange dieselbe Sache unverändert weiterverkauft wird: gegen einen Zulieferer bzw. Teilelieferant besteht der (selbstständige) Regressanspruch nach § 478 Abs. 2 BGB daher nicht. Der Regierungsentwurf setzt sich mit dieser Frage in keinster Weise auseinander. Da aber wiederholt betont wird, dass die bestehenden Regelungen nur übertragen werden sollen, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, diese Frage künftig anders zu bewerten. Falls das Gesetz tatsächlich verabschiedet wird, wäre eine Klarstellung des Gesetzgebers insoweit wünschenswert.


4. Keine Rückwirkung der geplanten Gesetzesänderungen

Die neuen Vorschriften sollen nach dem Gesetzesentwurf bestehende Rechtsverhältnisse unberührt lassen und nur auf nach ihrem Inkrafttreten abgeschlossene Verträge angewandt werden.[14] Insofern gilt für alle bestehenden und alle zukünftigen Haftungsfälle, die auf Verträgen beruhen, die vor dem (potentiellen) Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen wurden, die aktuell geltende Rechtslage weiter.


[10] Der Bundesrat bittet den Wortlaut von § 439 Abs. 3 im Hinblick darauf zu überprüfen, dass davon begrifflich sämtliche Sachen im kaufrechtlichen Sinn erfasst werden, auf die der Käufer Verwendungen macht, welche im Falle einer Nachbesserung oder Nachlieferung erneut vorgenommen werden müssten (Bsp.: Abpumpen und erneutes Einfüllen von Flüssigkeiten, Abschleifen und erneutes Auftragen von Lack; De- und Re-installation von Software); BR-Drucksache 123/16(B), Ziffer 5., S. 4.
[11] Der Bundesrat regt an, zu prüfen, ob das Wahlrecht durch eine alternative Regelung ersetzt werden kann, zur Begründung s. BR-Drucksache 123/16(B), Ziffer 4., S. 3 – 4.
[12] BR-Drs. 123/16, S. 40.
[13] BR-Drs. 123/16, S. 33 f..Der Bundesrat fordert, gesetzlich zu regeln, dass das Klauselverbot auch auf Allgemeine Geschäftsbedingungen im Verhältnis B2B Anwendung findet; BR-Drucksache 123/16(B), Ziffer 2., S. 2.
[14] BR-Drs. 123/16, S. 17, 81.


Ausblick

Die ohnehin bestehende käuferfreundliche Tendenz des BGB wird neuerlich verstärkt – mit Vor- und Nachteilen für Unternehmen, je nachdem, wo sie sich in der Lieferkette befinden.

Für Automobilzulieferer bedeutet die geplante Änderung des § 439 BGB, dass die Abwehr von Gewährleistungsansprüchen deutlich erschwert wird, was letztlich höhere Gewährleistungskosten bedeutet. Umgekehrt wird der eigene Rückgriff erleichtert. Dies wird sich auf die jeweilige Kostenkalkulation auswirken.

In Gewährleistungsfällen wird sich die rechtliche Verteidigung zukünftig auf „neue“ Fragen konzentrieren, wie bspw. die Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung. Da kann es von Vorteil sein, wenn die Grenze der Verhältnismäßigkeit bereits vertraglich definiert ist.


Was ist zu tun?

Wenn es zur Verabschiedung des Gesetzes in der jetzt vorgesehenen Fassung kommen sollte, empfiehlt sich folgendes:
  • Kostentragung mit OEM und Zulieferern in der Kette gesondert vertraglich regeln
  • Bspw.: Haftungshöchstgrenzen mit OEM vereinbaren (bzw. dies noch vehementer versuchen, als es bisher in der Praxis vieler Zulieferer erfolgt), insbesondere wenn die zu erwartenden Aus- und Einbaukosten den Wert des Zuliefererteils um ein Vielfaches übersteigen
  • Neue Bewertung der Einkaufsbedingungen der Kunden (insbesondere OEMs) von Zulieferern
  • Überprüfung der eigenen Einkaufsbedingungen der Zulieferer, und
  • Anpassung der eigenen Einkaufsbedingungen der Zulieferer soweit sie derzeit rechtsprechungskonform ausgestaltet sind (also nur einen verschuldensabhängigen Anspruch auf Ersatz der Ein- und Ausbaukosten vorsehen).



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