Abfindungsprogramm nach dem „Windhundprinzip“

Häufig ist, gerade im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen, ein Personalabbau nicht zu vermeiden. Dieser geht typischerweise einher mit dem Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen. Ein weiterer häufig nicht genutzter aber durchaus berücksichtigenswerter Weg Personal abzubauen sind Freiwilligenprogramme. Diesen liegt Regelmäßig ein Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitnehmer zugrunde, welcher im Gegenzug für sein freiwilliges Ausscheiden eine für ihn attraktive Abfindung enthält. Die Gründe, die für Freiwilligenprogramme sprechen sind vielfältig und reichen von Imagegründen über Konzern- oder Unternehmenskultur und dem Wunsch Mitarbeiter der sozialen Auswahl zu entziehen, bis hin zu den Unwägbarkeiten des Kündigungsschutzrechts.

Zu Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Freiwilligenprogrammen kommt es häufig, wenn im Rahmen des Programmes nicht berücksichtigte, aber interessierte Arbeitnehmer auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages, zuzüglich der vorgesehenen attraktiven Konditionen, klagen. So auch im Fall des LAG Düsseldorf vom 12.04.2016.

Der Kläger war im Bereich IT bei der Beklagten tätig. Zum Zwecke des Personalabbaus gab es ein „offenes Abfindungsprogramm“, in dem für den Bereich des Klägers ein Kontingent von sieben Stellen vorgesehen war. Die Anmeldung zum Programm erfolgte über eine extern eingerichtete Webseite, welche die Meldungen zeitlich Millisekunden genau aufnahm. Für den Fall, dass es mehr Interessenten als Plätze im Kontingent gibt, war es vorgesehen die zeitlich früheren Eingänge zu berücksichtigen. Aufgrund von Problemen mit der verwendeten Webseite kam es zu Zugriffsproblemen einzelner Mitarbeiter. Die Webseite zur Anmeldung wurde planmäßig um 13:00 Uhr freigeschaltet. Der Kläger erhielt eine Anmeldebestätigung mit Eingang 13:07:53:560 Uhr. Die Beklagte teilte ihm im Folgenden mit, dass er nicht berücksichtigt werden könne, da seine Meldung zu einer Zeit eingetroffen sei, als keine freien Plätze mehr im IT Kontingent zur Verfügung standen. Der Kläger forderte erfolglos vor dem Arbeitsgericht den Abschluss eines Aufhebungsvertrages und die Zahlung einer Abfindung.

Das Landesarbeitsgericht hat auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages unterbreite. Es sieht keine rechtlichen Bedenken darin, dass der Arbeitgeber in Abstimmung mit dem Konzernbetriebsrat Mitarbeitern das Ausscheiden gegen Abfindung anbiete, die Zahl der ausscheidenden Mitarbeiter begrenze und die Auswahl nach dem zeitlichen Eingang der Meldung treffe. Bestehe kein Anspruch auf ein Ausscheiden gegen eine Abfindung, so sei der Arbeitgeber – abgesehen von unzulässigen Diskriminierungen – frei, die Auswahl zu gestalten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Schadensersatz. Die Beklagte habe zum einen gegenüber dem Kläger den früheren Eingang seiner Meldung nicht treuwidrig vereitelt (das Softwareprogramm wurde vorher getestet), zum anderen habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er bei fehlerfreier Funktion der Webseite zu den Abfindungsberechtigten gehört hätte. Die Beklagte treffe zudem kein Verschulden.

Betreffend der Ausgestaltung eines Abfindungsprogrammes in der Praxis gibt es keinen „Königsweg“. Vielmehr müssen die jeweiligen Bedürfnisse des Unternehmens analysiert werden und bei der Umsetzung umfassend Berücksichtigung finden. Eine zunehmende Zahl an Rechtsprechung  verhilft dabei zu steigender Rechtssicherheit.

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