Neues Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte

Noch kurz vor Jahresende hat der Bundestag das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte verabschiedet, welches zum 01.01.2016 in Kraft getreten ist. Nach dieser Neuregelung besteht nunmehr die Möglichkeit der eigenständigen Zulassung zur Anwaltschaft als Syndikusrechtsanwältin bzw. Syndikusrechtsanwalt.

Lesen Sie hier auch unser Fact-Sheet zu dem Thema!

Ausgangspunkt für die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung war eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 03.04.2014 zur Frage der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Bundessozialgericht hatte entschieden, dass sich Syndikusanwälte trotz Zulassung als Rechtsanwalt nicht mehr von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen können, um sich in einem berufsständischen Versorgungswerk zu versichern. Hierbei folgte das Bundessozialgericht der Argumentation der Deutschen Rentenversicherung, dass die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis mit einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber grundsätzlich keine befreiungsfähige Rechtsanwaltstätigkeit sei. Das Bundessozialgericht hat hierzu ausgeführt, „nach gefestigter verfassungsrechtlicher und berufsrechtlicher Rechtsprechung werde derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stehe (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig.“ Die Richter entschieden, dass der Syndikusanwalt nur in seiner freiberuflichen, versicherungsfreien Tätigkeit außerhalb eines Dienstverhältnisses unabhängiges Organ der Rechtspflege und damit Rechtsanwalt sei (sogenannte Doppel- oder Freiberufetheorie). Diese Entscheidung hatte zudem Signalwirkungen für andere Freiberufler, wie beispielsweise Ärzte und Zahnärzte, Architekten und Steuerberater, welche ebenfalls in berufsständischen Versorgungswerken rentenversichert sind. 

Ziel des neuen Gesetzentwurfes ist daher sowohl die Neuregelung der Stellung der Syndikusanwälte als auch die Wiederherstellung der Befreiungsmöglichkeit von der gesetzlichen Rentenversicherung nach §6 SGB VI. 

So wird durch das Gesetz zunächst die Bundesrechtsanwaltsordnung (§46 ff BRAO) geändert, in dem nunmehr die Berufsbezeichnung als Sydikusrechtsanwalt für Rechtsawälte und Patentanwälte erstmals definiert wird. Eine solche Tätigkeit liegt nach der neuen Regelung in §46 Abs. 3 BRAO vor, wenn das Arbeitsverhältnis durch eine fachlich unabhängige und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeit sowie durch die folgenden vier Merkmale geprägt ist:

Die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhaltes, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten, die Erteilung von Rechtsrat, die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbstständige Führen von Verhandlungen, oder auch die Verwirklichung von Rechten und die Befugnis, nach Außen verantwortlich aufzutreten.

Ferner wird weiter spezifiziert, dass eine fachlich unabhängige Tätigkeit im vorstehenden Sinne nicht ausübt, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Insoweit ist die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwaltes vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.

Wesentlicher Bestandteil der neuen Gesetzesregelung ist ferner die sozialrechtliche Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung. Hiernach ist die Rentenversicherung an die bestandskräftige Zulassungsentscheidung der Rechtsanwaltskammer gebunden und hat dem zugelassenen Syndikusanwalt auf dessen Antrag die Befreiung zu erteilen. Die bislang vorgesehene eigene Prüfungsmöglichkeit der Deutschen Rentenversicherung entfällt. Durch diese gesetzliche Regelung sind nun die aufgrund der genannten Entscheidung des Bundessozialgerichtes entstandenen Unklarheiten einer eindeutigen Regelung zugeführt, welche klarstellt, dass Syndikusanwälte eine Befreiung in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der Beitragszahlung in das Versorgungswerk der Rechtsanwälte erhalten. 

Sofern bereits tätige Syndikusanwälte jetzt schon von der Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit, bleibt der Bestandsschutz für diese Entscheidungen bestehen und wird durch die Neuregelung nicht berührt. Gleichwohl ist dringend zur kritischen Prüfung des Befreiungsbescheides dahingehend zu raten, ob die derzeit ausgeübte Tätigkeit von diesem Bescheid erfasst ist. 

Wer eine anwaltliche Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber aufnimmt (dies gilt gleichermaßen auch für neue Tätigkeiten bei demselben Arbeitgeber, welche nicht von der Bestandskraft des bereits erteilten Bescheides erfasst sind) muss nunmehr nach der Neuregelung eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragen, um weiterhin von der Möglichkeit der Beitragszahlung in das Versorgungswerk Gebrauch machen zu können. Solange keine Befreiung vorliegt, ist der Mitarbeiter zunächst bei der Deutschen Rentenversicherung zu melden. Gemäß § 6 Abs.4 SGB VI gilt die Befreiung rückwirkend vom Zeitpunkt des Vorliegens der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn der Antrag auf die Befreiung innerhalb von drei Monaten gestellt wird. Bei späterer Antragstellung wirkt die Befreiung erst zum Zeitpunkt des Antrageinganges. Diesbezüglich ist nochmals klarzustellen, dass allein der Antrag einer Zulassung als Syndikusanwalt keinen Einfluss auf die Rentenversicherungspflicht hat. Diese ist vielmehr separat bei der Deutschen Rentenversicherung zu beantragen.

Darüber hinaus wurden für schon tätige Syndikusanwälte großzügige Übergangsvorschriften in § 231 Abs. 4 b SGB VI geschaffen. Zugelassen Rechtsanwälte, die sich in einer Auseinandersetzung mit der Deutschen Rentenversicherung über die Befreiung befinden, sind nach der Neuregelung in §231 IV b SGB VI verpflichtet, bis spätestens zum 01.04.2016 einen Antrag auf Zulassung zu stellen. Bei einer bereits bestehenden Tätigkeit als Syndikusanwalt wirkt ein solcher Antrag rückwirkend bis frühestens ab dem 01.04.2014, wenn während dieser Beschäftigung eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand. Sie gilt darüber hinaus auch für vorangehende Zeiten vor dem 01.04.2014, wenn für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge (allein die Zahlung des Mindestbeitrages genügt nicht) an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden. Sofern allerdings eine Befreiung bereits aufgrund einer vor dem 01.04.2014 ergangenen Entscheidung der Rentenversicherung für eine bestimmte Tätigkeit bestandskräftig abgelehnt wurde, bleibt es bei der Bestandskraft dieser Entscheidung. 

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